Das Tagebuch der Inge H.

seemoz-Holzschnitt„Ich war heute im Theater ist einfach fabelhaft da kommt das Kino halt gar nicht ran… Sieht man solch ein Theater, da möchte man Schauspielerin werden es treibt einem geradezu dazu… Übrigens schlage ich mir das aus dem Sinn ich darf ja doch nicht. Es muss auch Zuschauer geben.“ Tagebucheintrag der damals 13-jährigen Inge H. aus Konstanz am 9.5.1943. Das Tagebuch als Buch wird kommenden Sonntag in der Konstanzer Spiegelhalle vorgestellt.

Vom 5. Februar 1943 bis zum 24. März 1944 vertraute das junge Mädchen ihrem Tagebuch an, was sie in dieser finsteren Kriegszeit bewegt. Wie es der Autorin gerade in den Sinn kommt, stehen persönliche Erlebnisse und politische Ereignisse dicht nebeneinander:

Ob sie ihre Wünsche für ein späteres Berufsleben schildert oder den Abschied von ihrem Vater, der noch mit 40 Jahren in den Krieg eingezogen wird – ob sie von ihren ausgiebigen Spielen im nahe gelegenen Wald schwärmt oder berichtet, dass ein Ehepaar in Konstanz geköpft wurde, weil es Auslandsender hörte – ob sie über die Einquartierung ihrer ausgebombten Mannheimer Großmutter in ihr Haus klagt oder sich über das durch den Krieg verschuldete „Bummelleben“ in der Schule lustig macht – den Fliegeralarm im Haidelmoos auf eher humorvolle Weise beschreibt oder berichtet, dass der Sohn eines Lehrers im Krieg gefallen ist: immer herrscht in ihren Aufzeichnungen ein nachdenklicher und kritischer Geist, seltsam unberührt von der alles beherrschenden Nazi-Propaganda um sie herum.

seemoz lüftet das Geheimnis: Offenkundig handelt es sich bei der geheimnisvollen Inge um Inge Egler, die – 1930 in Konstanz geboren – erstmals am 22. Oktober 1989 auf der Freien Grünen Liste (FGL) in den Gemeinderat gewählt und 1994, 1999 und 2004 stets mit hohem Stimmenanteil wieder gewählt wurde; 2009 verzichtete sie auf eine erneute Kandidatur. Und Inge Egler ist die Mutter von Christel Thorbecke, die nicht nur dieses Buch herausbrachte, sondern auch diesen Text verfasste.

Der Intendant des Stadttheaters Konstanz, Prof. Dr. Dr. Christoph Nix, wird anlässlich der Veröffentlichung des Tagebuches am Sonntag, 22. November, ein Gespräch mit der heute 85-jährigen in Konstanz nicht ganz unbekannten Tagebuch-Autorin führen. Begleitet wird dieses berührende Zeitzeugnis des 13–14-jährigen Mädchens von zwölf Holzschnitten des Konstanzer Künstlers Jan Peter Thorbecke (s. Foto). Ergänzt wird der Text durch einen historischen Überblick von Oliver Richter sowie einer kunsthistorischen Betrachtung zu den zwölf Grafiken von Brigitte Schoch-Joswig.

Christel Thorbecke/hpk

Buchvorstellung: Sonntag, 22. November, 18 Uhr, Konstanzer Spiegelhalle, Hafenstr. 12