Neue Freundschaften in alten Gemäuern
Konstanzer und Flüchtlinge erkunden Meersburg: Am letzten sonnigen Sonntag besuchten 13 junge Konstanzer gemeinsam mit acht syrischen Flüchtlingen die Meersburg. Bei schönstem Wetter erlebten sie hautnah, dass Geschichte Spaß machen kann – und das Kennenlernen verschiedener Kulturen noch mehr. Viel Spaß und die kleine Geschichtsstunde trugen dazu bei, die Grundidee dieses Ausfluges zu realisieren: die Begegnung Einheimischer mit Geflüchteten und umgekehrt.
Unterschiedliche Nationalitäten, Religionen und Sprachbarrieren schienen den dabei entstehenden Freundschaften kein Hindernis zu sein. Organisiert von den beiden Jura-Studenten Daniel Schönfelder und Diana Sanabria-Ramirez, selbst aus Kolumbien, war die Besichtigung der Burg auf der nördlichen Seeseite mit anschließendem Picknick für jeden Beteiligten ein voller Erfolg. In die Welt des Mittelalters und der Burgen einzutauchen, war besonders für die arabischen Besucher spannend und neu.
Während sie unter der Führung von Liridon Hoxha, Biologiestudent und Language Café-Begründer für interkulturellen Austausch, Burgmauern und Verliese erkundeten, wurden vermeintliche Sprachbarrieren von zwei englischkundigen Flüchtlinge eingerissen, die Hoxhas Ausführungen kurzerhand für den Rest ins Arabische übersetzten. Die Fährenüberfahrt und der Eintritt in die Burg wurden für die christlichen, muslimischen und kurdischen Syrer von der Katholischen Hochschulgemeinde im Rahmen ihres Flüchtlingsprogramms finanziert. Die Geschäftsführung der Burg Meersburg nannte es eine „tolle Sache“ und unterstützte sie, indem sie Flüchtlingen wie Studenten besondere Preise anboten.
Auf der Fährfahrt zurück nach Konstanz meinte Hoxha: „Wenn sich die Menschen verschiedener Kulturen erst einmal näherkommen, kennenlernen und die Angst verlieren, werden sie oft Freunde. Man merkt, die anderen sind kaum anders als ich, empfinden auch Freude, Angst und Sorgen, haben genauso Wünsche und Zukunftsvorstellungen. Und Freunde neigen auch dazu, Konflikte in Zukunft eher mit Worten als mit Waffen zu lösen.“
Für das abschließende Picknick mit dem typisch schönen Ausblick über den Bodensee hatte jeder etwas zu essen mitgebracht. Es wurde musiziert, gelacht und sogar ein Geburtstagsständchen auf vier verschiedenen Sprachen gesungen. Zu dem Ausflug mit den Flüchtlingen berichtete Daniel Schönfelder: „Bei aller politischen Diskussion um Überforderung und Probleme zeigt uns das ganz deutlich: Es bieten sich bereichernde Chancen für Miteinander und mehr Zwischenmenschlichkeit. Deshalb appellieren wir an alle: Nehmt euch einen Nachmittag Zeit, lernt mal ein paar Menschen aus anderen Kulturkreisen kennen. Ihr habt nichts zu verlieren außer eurer Langeweile und euren Vorurteilen.“
Liridon Hoxha und Daniel Schönfelder
Ich, der 81-jährige Großvater von Daniel Schönfelder, bin begeistert von dem berichteten Miteinander des Lebens, Lernens und Lachens so verschiedener junger Menschen. Spannungen werden kaum bei Diskussionen über „Obergrenzen“ abgebaut, selbst wenn Deutschland nicht allen helfen kann, die in Not sind. Aber wer hier bei uns ankommt, braucht nicht nur Bett und Brot, sondern zwischenmenschliche Kontakte, gute Freundschaften eben, wie hier berichtet.
Johannes Schönfelder