Protest im Konstanzer Schwaketenwald: „Da soll viel Natur für wenig Wohnraum geopfert werden“

seemoz-Schwaketenwald-TeaserDie OrganisatorInnen vom BUND waren selbst überrascht: Mit über 200 Teilnehmern auf der Kundgebung zur Rettung des Schwaketen­waldes hatten auch sie nicht gerechnet und deshalb eine Lautsprecheranlage schlicht vergessen. Der Protest der Waldschützer war dennoch unüberhörbar: „Stoppt den Flächen­fraß“ und „Gemeinderat – umdenken“ waren die meist gehörten Losungen, die vor allem aber OB Uli Burchardt aufs Korn nahmen.

Martin Wichmann als einziger Vertreter der Stadtverwaltung hatte es da besonders schwer. In seiner von vielen hämischen Rufen unterbrochenen, kurzen Stellungnahme rief er zur Sachlichkeit auf, versicherte, dass ein Bauleitverfahren noch längst nicht eingeleitet sei und sowieso noch Jahre dauern würde und beteuerte am laufenden Band: „Wir brauchen bezahlbare Wohnungen und wissen nicht, wo wir die hinsetzen können.“ Ins selbe Horn stieß Herbert Weber, Mieterbund-Chef und SPD-Stadtrat, der jedoch auch mehr Druck auf private Eigentümer forderte: „Denn bislang können wir nur auf städtischem Grund und Boden bauen.“

Genau das kritisierte Karl-Ulrich Schaible, der als BUND-Vorständler zu den Initiatoren der Kundgebung zählte: „Jeden Tag geht ein Stückchen Natur verloren … vorletzte Woche wurden am Humboldt-Gymnasium vier oder fünf große Bäume gefällt – vermutlich für Lehrer-Parkplätze; am Döbele-Kreisel wurden vier Bäume gefällt für den Turbo-Kreisel. Auf dem Vincentius-Areal stehen viele alte Bäume … ich bin gespannt, wie viele davon die Bebauung überleben werden.“ Den „Flächenfraß“ überall im Land kritisierte er und forderte ein Umdenken im Gemeinderat. Vor allem OB Burchardt forderte er heraus, als er dessen Zitat „Ja, Naturschutz ist wichtig. Aber Menschenschutz ist noch wichtiger“ mit dem Aufruf konterte: „Herr Oberbürgermeister – Naturschutz ist Menschenschutz“.

Nicht ohne Stolz verwies Schaible auf die erst am letzten Donnerstag gestartete Online-Petition, die bereits jetzt, vier Tage später, von 750 KonstanzerInnen unterzeichnet worden ist. Und ebenso stolz war er, dass seinem Aufruf vor vier Tagen zu dieser Kundgebung so viele Menschen gefolgt waren.

Nabu-Geschäftsführer Eberhard Klein erhielt viel Applaus für seine kurze Rede, in der er den ökologischen Nutzen des Schwaketenwaldes beschrieb und bedauerte: „Da soll viel Natur für wenig Wohnraum geopfert werden“. Und er verwies auf die Bigotterie, wenn hierzulande die Rodung der Regenwälder angeprangert und „gleichzeitig unsere grüne Lunge geopfert wird.“ Auch er geißelte den Oberbürgermeister für dessen Aussage „im Schwaketental stünde nur wertloser Stangenwald“.

Viel Unmut machte sich Luft in der folgenden Diskussion. „Wie viele Sozialwohnungen sieht denn das Handlungsprogramm Wohnen vor?“ fragte eine Anwohnerin hämisch. Und: „Was geschieht mit den Leerflächen im Gewerbegebiet, der Ravensberger-Brache, den Siemens-Gebäuden und dem Flugplatz“, wollte ein junger Wohnungssuchender wissen. Und immer wieder: „Schafft endlich bezahlbaren Wohnraum.“ Es ist nicht zu vermuten, dass sich die Gemüter bei dem anschließenden „Waldspaziergang“ nachhaltig beruhigten.

hpk

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