Braune Gurke 2011 für das Singener Wochenblatt

Foto: H.Zell / wikimedia.org

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Die Wochenpostille plant, im Vorfeld der Landtagswahlen am 27.3. auch den Neofaschisten Benjamin Hennes in der kommenden Ausgabe zu Wort kommen zu lassen (Siehe auch seemoz vom 16.3.). Erneut bietet das Wochenblatt einem überzeugten Nationalsozialisten an, seine rassistischen Thesen unter´s Volk zu streuen und Werbung für die Nazipartei NPD zu veröffentlichen. Auch die rechtsradikalen Republikaner sollen sich darstellen dürfen.

Wer auf die Seite der NPD Baden-Württemberg klickt, dem springt zuerst die Schlagzeile ins Gesicht: „Tülay Schmid: Hat Baden-Württemberg bald eine türkische `First Lady`?“ Damit spielen die Rechtsradikalen auf den Migrationshintergrund der Ehefrau des SPD-Spitzenkandidaten Nils Schmid an. Tülay Schmid sei lediglich eine „Paßdeutsche“ und wer ihren Mann wähle, würde dazu beitragen, aus dem „Traum aller Multi-Kulti-Fanatiker Realität“ werden zu lassen. Auf der Naziseite prangt auch deutlich ein Schild: „Stüttgürt 21“.

Das alles ficht das Wochenblatt nicht an. Man wolle dem Kandidaten Benjamin Hennes weiterhin die Möglichkeit bieten, sich zu äußern, erklärte Redakteur Oliver Fiedler gegenüber seemoz. Allerdings falle eine endgültige Entscheidung erst am Montag. Der Hintergrund: Mehrere LandtagskandidatInnen, vor allem aus dem Wahlkreis Konstanz, möchten ihren Text nicht neben dem des Neonazis sehen. Siegfried Lehmann (Grüne), Zahide Sarikas (SPD), Bernhard Hanke (Linke) und Ute Hauth (Piraten) haben das klar signalisiert. Wie sich Andreas Hoffmann (CDU) und Tatjana Wolf (FDP) verhalten werden, ist bisher unklar. Erst wenn sich das Wochenblatt entschließen sollte, Hennes keine Plattform zu bieten, werden wohl die meisten Kandidaten ihr Statement abgeben. Bernhard Hanke (Linke) allerdings bleibt konsequent bei seiner Entscheidung: „In diesem Blatt gibt es nichts von mir zu lesen. Nachdem das Wochenblatt den Nazi Hennes auf ihre Podiumsdiskussion geladen hat, ist das für mich erledigt. Mit solchen Leuten rede ich nicht“.Die Konsequenz der Konstanzer KandidatInnen ist folgerichtig, denn bei dem Angriff auf die SPD-Kandidatin Zahide Sarikas ist ein rechtsextremer Hintergrund nicht ausgeschlossen.

Im Wahlkreis Singen dagegen nimmt die Debatte weniger Fahrt auf – Konstanz ist weit weg und hier mahlen die Mühlen erfahrungsgemäß anders. Zwar hat Udo Engelhardt (Grüne) dagegen protestiert, dass Neonazi Hennes sich über die Wahlziele der NPD auslassen darf, wird aber dennoch eine Stellungnahme abgeben, wenn Hennes das ebenfalls zugestanden wird. Die anderen Kandidaten aus dem Wahlkreis Singen werden sich dieser Entscheidung wohl weitgehend anschließen. Vor Ort will man es sich mit dem Wochenblatt nicht verscherzen, denn die auflagenstärkste Zeitung in der Region gilt im Hegau als Meinungsmacher Nummer eins. Was bleibt? Zuallererst die nüchterne Erkenntnis, dass ein Verlag ohne Not Rechtsradikalen und Volksverhetzern die Türe öffnet. Auch dieser Versuch könnte unter dem Strich kläglich scheitern und dem Ansehen des Blattes schaden. Aus der peinlichen Schlappe mit der Podiumsdiskussion hätte man lernen können. Doch die Verlagsleitung lässt keine Chance aus, sich zum wiederholten Male bis auf die Knochen zu blamieren.

Autor: H.Reile