Wer sorgt für Streit am Stadttheater?

Zoff am Stadttheater. Ein Regisseur beschwert sich, der Intendant wehrt sich und die Lokalzeitung kocht ihr Süppchen aus dem Zwist. Lokalredakteur Lünstroth nutzt die Attacke von Regisseur Schwarz, um Intendant Nix einmal mehr am Zeug zu flicken. Aufgeregtheiten allerorten also. Wir sprachen mit Chefdramaturg Dr. Thomas Spieckermann vom Stadtheater Konstanz und denken, ein wenig Klärung und etwas Sachlichkeit könnten nicht schaden.

Ist der Streit ein Sturm im Wasserglas? Regisseur Samuel Schwarz übt heftige Kritik an der Streichung des Schlussmonologs in seiner Inszenierung „Ulrike Maria Stuart“, vor allem der Ausruf „Konstanz soll brennen“ stieß auf Kritik. Zudem holt er zu einer Generalkritik am Intendanten aus.

In seiner Pressemitteilung vermischt Samuel Schwarz zwei Ebenen. Die Frage nach der Streichung des Textes ist eine künstlerische, in der das Theater Konstanz auf die Situation außerhalb des Theaters reagiert – nämlich sehr aktuell auf den Brand des Kernreaktors in Fukushima. Wir haben Samuel Schwarz auch so verstanden, dass er dieses Nachdenken teilt und dem Haus die Entscheidung in der Sache überlässt. Die andere Ebene ist eine anknüpfende Generalkritik am Intendanten und seiner Art, das Haus zu leiten. Seine Anwürfe gehen weit über einen Dissenz in der Sache hinaus und sind meiner Meinung nach ehrverletzend. Und von einem „willkürlichen Terrorregime“ zu sprechen, ist dieser Tage schlicht geschmacklos.

Welches Stück wie auf die Bühne kommt, ist Chefsache. Im Zweifel entscheidet der Intendant, vor allem, wenn es um politische Einschätzungen geht. Schwarz aber attestiert „Psychoterror“ und ein „Klima der Angst“ im Haus und greift damit bewusst Vorwürfe der Vergangenheit auf

Welches Stück auf die Bühne kommt, ist eine Spielplanentscheidung des Intendanten. Eingriffe in laufende Inszenierungen sind sehr selten. In diesem konkreten Fall hat Intendant Christoph Nix nach Abwägung in der Sache entschieden. Und, um es nochmal ganz konkret zu machen, es handelt sich um einen Text, der als Addendum nach dem Schlussapplaus eingelesen wurde. Schwarz hat ihn in den Endproben aus der eigentlichen Inszenierung entfernt und hinter den Applaus gesetzt. Dieser Text beschreibt einen Theaterbrand, in den Kommentare wie „Konstanz muss brennen“ eingeflochten wurden. Ein Vorgang weit jenseits einer „Irritation“ wie Schwarz in seiner Pressemitteilung schreibt.

Das Stadttheater feiert in dieser Spielzeit jede Menge Erfolge. Ist Neid darum womöglich der Auslöser für diesen Zwist?

Ich hoffe, dass auch „Ulrike Maria Stuart“ ein Erfolg wird, und wünsche der Inszenierung viele Zuschauer und auch viele Kontroversen innerhalb des Publikums, denn davon lebt ja Theater. Ich lese aus der Pressemeldung von Samuel Schwarz keinen Neid heraus, sondern eher den Versuch, in Konstanz einen anderen Diskurs zu führen, nämlich den um das Stadttheater-System als solches. Schwarz bittet ja die „Verantwortlichen der Stadt Konstanz, (…) eine zeitgemäßere Hierarchieform zu ermöglichen“ und verbindet damit den Streit um die Aufführung mit seinen Thesen zur Abschaffung des Stadttheatersystems, die kulturpolitisch sehr populistisch und gefährlich sind und für mich den eigentlichen Theaterbrand darstellen.

Die Fragen stellte Hans-Peter Koch