Die Bundeswehr fischt am Bodensee

seemoz-Bundeswehr… nicht nach Felchen, sondern nach Schülern. Die unter Nachwuchsmangel leidende Armee schickt „Karriereplaner“ auch an Schulen im Bodenseeraum, um SoldatInnen zum Töten und zum Sterben anzuwerben. Ziele dieser Begierde sind aktuell die Geschwister-Scholl-Schule (GSS) in Konstanz und die Droste-Hülshoff-Schule in Friedrichshafen. Die verantwortlichen Rektoren haben mit solcher Propaganda offenkundig keine Probleme.

Fast 3000-mal hielten Jugendoffiziere 2014 (aktuellere Zahlen sind nicht verfügbar) Vorträge an weiterführenden Schulen im ganzen Bundesgebiet. Karriereberater referierten mehr als 8000-mal, 340-mal besuchten Schulklassen Teile der Truppen. Knapp 30 Millionen Euro lässt sich das Verteidigungsministerium die Beschäftigung von Jugendoffizieren und Karriereberatern jährlich kosten. Zwar ist der Zugang der Bundeswehr zu Schülern in einem „Kooperationsvertrag“ reglementiert (seemoz berichtete), zwar sollen demnach Friedensorganisationen oder kirchliche Vertreter gleichberechtigt Zugang zu den Schulen erhalten – doch davon ist in den Klassenzimmern von Konstanz und Friedrichshafen nicht die Rede.

Schulfrei für die Bundeswehr

Angelika Seitzinger, Rektorin an der Droste-Hülshoff-Schule in Friedrichshafen, hält die Bundeswehr für einen „Arbeitgeber wie jeden anderen“ und hat deshalb keine Probleme mit dem Auftritt der Jugendoffiziere in ihrer Berufsschule. Am 24. Februar sollen während einer „Berufsinfo-Börse“ die Auszubildenden des 1. bis 3. Ausbildungsjahres über Karriere-Chancen bei der Bundeswehr informiert werden, die Rüstungsschmiede MTU ist auch dabei. „Wir informieren objektiv“, ist sich Rektorin Seitzinger sicher.

Das sieht die Kampagne „Schulfrei für die Bundeswehr. Lernen für den Frieden“ aus Stuttgart naturgemäß anders. Sie tritt dafür ein, „die Kooperationsvereinbarung in Baden-Württemberg zwischen Landesregierung und Bundeswehr zurückzunehmen“. Zudem will sie möglichst viele Schulen dafür gewinnen, sich als bundeswehrfrei zu erklären. „Schülerinnen und Schüler sollen nicht für das Töten von Menschen angeworben werden, sondern zum Frieden erzogen werden.“

Kein Konflikt an der GSS

Diese Losung ist an der größten Konstanzer Schule womöglich noch nicht angekommen: Am 12. Februar sollte die 9. Klasse in der Realschule der Geschwister-Scholl-Schule nämlich Besuch von den „Karriereplanern“ der Bundeswehr bekommen. Während solche Angebote vom gymnasialen Zweig der GSS bislang mehrfach abgelehnt wurden, wie Rektor Gregor Holler bestätigt, sieht Realschulrektor Werner Specker wohl keinen Interessenkonflikt – er war jedoch gestern erst am frühen Abend erreichbar, um mitzuteilen: „Tatsächlich war eine Veranstaltung am 12.02. geplant. Diese kann aber zum genannten Zeitpunkt nicht stattfinden.“ Welche Gründe, ob inhaltliche oder organisatorische, zu dieser Absage führten, teilte Rektor Specker nicht mit. Und ob die Drohung von Friedens- und Jugendgruppen, in und vor der GSS, am oder vor dem 12. Februar zu protestieren, eine Rolle bei dieser Entscheidung spielten, auch nicht. Und ob das Treffen mit der Bundeswehr nachgeholt werden soll, auch nicht.

hpk

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