Rettet das Programmkino Scala-Filmpalast
Prominente Unterstützung erhält die Initiative „Rettet – das – Scala“: In einem Gastbeitrag erklärt Volker Fouquet, Konstanzer Baubürgermeister a. D. und heute als Stadtplaner unterwegs, warum das Scala als Ort kultureller Begegnung erhalten bleiben sollte, wie eine Begrenzung der Verkaufsflächen in der Innenstadt durchgesetzt werden könnte und was jetzt auf Stadtverwaltung und Gemeinderat zukommt.
In zahlreichen Zukunftswerkstätten in den vergangenen Jahren zur Konstanzer Stadtplanung haben die BürgerInnen und Kommunalpolitiker eine „nachhaltige Stadtentwicklung“ gewünscht und in Wahlkämpfen propagiert.
Die drohende Schließung des einmaligen Scala-Programmkinos am städtebaulich idealen Standort „Marktstätte“ mit dem beliebten Café, Arztpraxen, Büros und Wohnen – ein vorbildliches Modell der anzustrebenden „gemischten Stadt“ – wäre genau das Gegenteil einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung.
Die Zerstörung einer einmaligen kulturellen Einrichtung mit einer achtzigjährigen Tradition und überregionalen Ausstrahlung im Herzen der Stadt würde den Bemühungen einer nachhaltigen Stadt-, Kultur-und Baupolitik der Stadt Konstanz eklatant zuwiderlaufen.
Es gäbe stadtplanerische und kulturpolitische Instrumente, um die jetzige gesunde Mischung rund um die Marktstätte zu erhalten und Alternativen zur langweiligen Monostruktur eines Drogeriekaufhauses zu entwickeln. Hierzu bedarf es einer mutigen Strategie und Verhandlungsgeschick von Stadtspitze, Gemeinderat und kreativer Planer.
Mit Bebauungsplanung und anderen Instrumenten könnte man Verkaufsflächen begrenzen, gewünschte Nutzungen geschossweise festsetzen und denkmalpflegerische und kulturhistorisch wertvolle Elemente erhalten, wie z.B. das wunderschöne Erscheinungsbild des Scala-Filmpalastes (Architekt war der bekannte Bauhausschüler Hermann Blomeier aus Konstanz) von außen mit Natursteinfassade, Schriftzug und symmetrischer Erschließungszone und altem Treppenhaus.
Es wäre stadtentwicklungspolitisch sehr tragisch, wenn nach der geplanten – sicher sehr schönen und aufwendigen Neugestaltung der „Neuen Marktstätte“ – überwiegend der Einzelhandelskonsum unseren öffentlichen Raum dominierte und die so wichtige kulturelle Begegnung im Umfeld des Scalas völlig verloren ginge.
Volker Fouquet
Konstanz, 27.01.2016
zu Karlheinz Gerbers Kommentar, bzw. Kritik an der Programmgestaltung des Scala-Kinos:
Als Stammgast im Scala-Kino sehe ich mich genötigt, Ihnen aufs Entschiedenste zu widersprechen. Das Programm des Scala-Kinos in den „E“-Bereich zu verweisen, wäre sträflicher Unsinn, zumal ein grosser Teil der gezeigten Filme in film-affineren Weltgegenden absolute Kassenschlager sind. Eine einzige Reihe der gezeigten Filme dürfte in die Nähe der von Ihnen so genannten „Kunstfilme“ kommen. Alle anderen, und das sind die meisten, sind für ein breites Publikum gedacht, was andernorts auch so wahrgenommen wird. Sie nehmen offensichtlich ein abseitiges Programm für ein paar abgedrehte Spinner wahr – in Tat und Wahrheit sind die meisten Filme dem guten Mainstream für ein leidlich erwachsenes Publikum zuzurechnen. Wer das nicht erkennen kann oder will, gehört tatsächlich zur Strafe in irgendwelche amerikanischen Blockbuster, gesperrt, die er sich dann in Endlosschleife ansehen muss. Ihre Kritik an der Programmgestaltung des Scala-Kinos ist, so gesehen, zuviel und unverdientes Lob an die Programmgestalter, die ihre Sache absolut gut machen – in dem Sinne nämlich, den Sie einfordern. Noch populärer kann man kaum gehen, ohne Schaden zu nehmen an Leib und Seele!
Meine Eltern haben mir immer wieder erzählt, wie sie sich 1942 in diesem Kino kennengelernt haben, und ich bin immer wieder, wenn ich Konstanz besuche, fasziniert, dass der Scala Filmpalast noch steht. Ich kann es nicht fassen, dass diese Geschichte jetzt zuende gehen soll.
Sibylla Schubert, Frankfurt
Ich verstehe nicht, warum es Aufgabe der Stadt oder der Bürger sein sollte, einen schlecht geführten Betrieb zu stützen. Warum wurden im Scala, dem größten Kinosaal der Region, keine Blockbuster gezeigt, zusätzlich zum Arthouse Programm? Warum keine Mischung? Warum diese Aufteilung zwischen „U“ und „E“, zwischen CinemaxX und Scala? Die Blockbuster wurden hingegen in den wohnzimmergroßen Minikinos des CinemaxX gezeigt. Zudem, wie überall in Deutschland, Fehler bei Bild und Ton. Kein Wunder, dass keiner kommt. Es ist gerade so, als wollte man von Anfang an das Scala loswerden. Dass nun der Steuerzahler dieses verfehlte Betriebskonzept mit ausschließlich Kunstfilmen weiter am Leben halten soll, sehe ich nicht ein. Und will auch nichts dafür geben. Die paar Bürger, die unbedingt Kunstfilme sehen wollen an der Marktstätte, können ja einen Trägerverein gründen und das Kino selber zahlen.
Ja, liebe Konstanzer, da heißt es kämpfen.
Wie wäre es mit Montagsdemos?
Es kostet Zeit und Nerven, eine schlagkräftige BI am Laufen zu halten.
Aber nur das bringt Erfolg. Auch die an dem Deal Beteiligten haben Nerven. Und auf dieselben muss eine BI ihnen immer wieder gehen.
Wann sind die nächsten Kommunalwahlen. Wann wird der nächste Bürgermeister gewählt. Bitte jetzt schon Infostände anmelden.
Und Flugblätter vor den Läden verteilen, auch wenn sich die Schweizer dadurch nicht vom Kauf abhalten lassen. Aber wenigstens ein kleines schlechtes Gewissen sollten sie (und natürlich auch die dort kaufenden Konstanzer) bekommen.
Ein BI-Beteiligter sollte immer als Zuhörer im Stadtparlament sitzen und schön dokumentieren, was verhandelt wird. Dazu muss das Kino
aber auch dort zum Thema werden.
Ich drücke alle Daumen dieser Welt.
G.W.
es gibt einen Bericht vom Südkurier 24.1o.2o14 über einen Workshop
darin heisst es:“ Ziel der Stadt ist es, die Marktstätte wieder zu
einem Wohnzimmer für Konstanz mit hoher Aufenthaltsqualität
für Bürger und Gäste zu machen“.
Im Workshop der Stadtverwaltung haben Architekturbüros unter
Beteiligung von Bürgern und Anliegern 5 Entwürfe erarbeitet !
Evtl. gut für einen Artikel oder Leserbrief im Namen von
Rettet das Scala…………………. HerzlGruss Gabriel Spaett
Vielleicht sollten wir als Verbraucher über einen Boykott nachdenken und damit klarmachen, dass uns Kultur mehr Herzen liegt, als die Ausweitung des dm-Imperiums: Das Scala hat zwischen dem Mainstream-Cinema und dem eher kleine Gruppen mit gezieltem Anliegen ansprechenden Zebra-Kino einen wichtigen Platz. Und was bezogen auf Ölplattformen beim Shell-Konzert funktioniert hat, könnte auch bei dem „netten Kapitalisten“ Götz Werner wirken.
Wäre, würde, gäbe, könnte – von einem Ex-Baubürgermeister und derzeitigen Stadtplaner erwarte ich mehr als Konjunktive.
Hallo.
Ich stimme Hr. Fouquet zu. Eine Stadt (Frage 1: wer versteht sich denn eigentlich als „Stadt“?) sollte sich überlegen, was sie alles darstellen will? Wie sie für ihre Bürger sein will, aussehen und wirken will – unter Berücksichtigung der demografischen Pyramide und der Wohlstandspyramide gleichermaßen. Und wie sie überregional auftreten will?
Ich bezweifle, dass die zusätzlichen Gewerbe-Einnahmen durch eine andere Nutzung der Scala-Räumlichkeiten ein bedeutendes „Mehr“ in die Stadtkasse spielen. Geht es Konstanz finanzielle schlecht? Ich denke: nein. Klar, auf dem Papier sieht mehr Geld immer toll aus, aber was zieht die Menschen an (Bürger und Auswärtige)? Mit mehr Geld geschaffene Straßen, Parkplätze, Gebäude etc? Oder kulturelle Schätze, mit denen sich Anwohner und Besucher identifizieren.
Sicher: den Wirkradius von Kultur kann man nicht messen, nicht so gut, aber das heißt nicht, dass es keinen Einfluß auf die Bürger und das nicht-visuelle, aber gefühlte, gelebte Stadtbild einer Stadt hat. Es geht hier um mehr als irgendein Kino mit Filmen, das Scala ist für Konstanzer ein wichtiger Bestandteil der Kulturszene, die Auswahl an filmischen Werken und Erzählungen ist weit mehr als bloße Kurzweil.
Also, dran bleiben, wir sind optimistisch!
Was Volker Fouquet beschreibt, trifft für die meisten grösseren Orte zu: Die gewaltige Kommerzialisierung von Innenstädten. Das Ringen um kulturelle Vielfalt im Zentrum verlangt entsprechend eine differenzierte Sicht auf Möglichkeiten, dem kommerziellem Mainstream, dem viele Städte zum Opfer gefallen sind, doch noch in Teilen zu entrinnen. Da ist Mut, besonders aber auch Kreativität gefordert. Und gleichzeitig ein grosses Entgegenkommen privat Besitzender im Interesse einer kulturell lebendig zu erhaltenden Stadt. Die Markstätte wäre vom „Skala- Verschwinden“ in ihrer Wertigkeit elementar betroffen. Gleiches geschah bereits vor längerer Zeit am Bodanplatz, der durch den dortigen Kinoverlust ebenso an kulturlebendigem Stadtwert verlor. An der Markstätte darf das nicht auch noch passieren!
Bleibt zu erwähnen, dass das grosse Kinosterben in unserer Nachbarstadt Kreuzlingen damals geradezu tragische Formen annahm. Dieser Kulturverlust konnte bis heute nicht aufgeholt werden. Man schrieb die Entwicklung der „Konkurrenz“ aus Konstanz zu. War etwas zu einfach gedacht, zu unkreativ. Was Volker Fouquet als architektonisch „wunderschön“ beim „Scala“ beschreibt, lässt sich auch auf die noch vorhandene Bausubstanz in Kreuzlingen beziehen, sind doch sowohl das „Bodan“ an der Hauptstrasse, als auch das „Apollo“ an der Konstanzerstrasse als klassische Kinobauten noch immer präsent, aber heute anders genutzt. Einzig das „Zentral“ ist als Baukörper verschwunden.
Und so kommt sowohl dem noch immer vorhandenen „Scala“, als auch zumindest dem wieder zu belebenden „Bodan“ in der Sicht auf unsere hektische, überkommerzialisierte Zeit eine Bedeutung zu, damit im jeweiligen Zentrum ein eigenständiges, kulturelles Stadtgesicht abgebildet bleibt.