Eilmeldung: Erikli und Friedrich machen Rückzieher
(hpk) Der Druck war zu mächtig: Die grüne Landtagskandidatin Nese Erikli hat jetzt ihre Weigerung, mit AfD-Vertretern öffentlich zu diskutieren, storniert. In einer aktuellen Medien-Mitteilung schreibt sie: „Aufgrund der vielen Aufforderungen aus der Partei und Öffentlichkeit werde ich meine Absage zurücknehmen und mich der Debatte – auch mit der AfD – stellen.“ Wie soeben bekannt wurde, nimmt nun auch Peter Friedrich (SPD) trotz AfD-Präsenz an Podiumsdiskussionen teil. Grün-rosarot schaltet auf Wahlkampfmodus.
So viel Hin und Her scheint momentan irgendwie trendig…
Die „Grünen“ in Baden-Württemberg galten schon seit langem als ein besonders konservativer und wirtschaftsfreundlicher Ableger ihrer Partei. Doch nach der letzten Landtagswahl verschärfte sich dieser Kurs in ihrer Regierungsverantwortung weiter. Die Rüffel vom Bundesverband wurden immer lauter, nicht nur bei der Zustimmung im Bundesrat zu den „sicheren Herkunftsländern“:
Ein grüner Oberbürgermeister übertrumpft in der Flüchtlingsfrage manch CSU-Forderung, ein anderer wettert gegen „kriminelle“ Ausländer. Und aktuell macht Winfried Kretschmann neuerlich als neoliberaler Politiker offene Furore: Rot will die Rückkehr zur paritätischen Verteilung der Krankenkassenbeiträge, Grün hat erkennen lassen, dass die Arbeitgeber geschützt bleiben müssen.
Während sich die SPD im Land im Wahlkampf als ein soziales Gegengewicht zu etablieren versucht, ist der Eindruck nicht weit hergeholt, wonach sich die Grünen hier im „Ländle“ in möglicher Voraussicht auf eine Koalitionserweiterung nach der Wahl schon heute der FDP anbiedern – und die CDU durch Wegnahme konservativer Positionen fast rechts zu überholen versuchen, um ihr Klientel bis zum Wahltermin noch weiter in das Mitte-Rechts – Spektrum zu erweitern.
Wer sich am 13. März 2016 als „grüner“ Stammwähler nach den Wurzeln der sozialen und ökologischen Kraft sehnt, wird sein Kreuz wohl an anderer Stelle setzen müssen – denn von den Ursprüngen dieses „Bündnis 90/Die Grünen“ ist kaum noch etwas wiederzuerkennen.
Und ob die SPD da tatsächlich noch etwas abfangen kann, ist nicht nur aufgrund der ebenso wackeligen Einstellung zu TV-Duellen, sondern vor allem in der inhaltlichen Differenz zwischen dem Parteivorsitzenden und weiten Teilen der Basis, die ja in Baden-Württemberg an historisch bedeutsamen Umfragewerten zum Ausdruck kommt…
Da Friedrich und Erikli nicht darauf eingestellt waren sich mit der AfD auseinandersetzen zu müssen werden ihre Stellungsnahmen entsprechend bescheiden ausfallen. Außer dem bereits bekannten dürfte nichts zu hören sein. Ein kurzer Blick in den jeweiligen Wahlkampfleitfaden beider Parteien wird genügen. So wird letztendlich lediglich der Rummel und der Affentanz im Vorfeld in Erinnerung bleiben.
„Aufgrund der vielen Aufforderungen aus der Partei und Öffentlichkeit werde ich meine Absage zurücknehmen…“
Es ist schon peinlich, wenn Leute, die von der Öffentlichkeit gewählt werden wollen, sich erst auf Druck dieser Öffentlichkeit zur Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner bereit erklären.
Die politische Debatte ist ein wesentliches Element der demokratischen Praxis – als umworbener Wähler möchte ich mehr von den Kandidaten kennen als ein Plakat mit nichtssagendem Slogan. Kandidaten, die sich der Debatte mit ihren Kontrahenten verweigern, schleppen einen Malus mit zu den Wahlen, der auch durch die nachträgliche, unter Druck erfolgte Kehrtwende nicht verschwindet.
Was ist bloß in diese Leute gefahren? Da haben sie mal einen „richtigen“ politischen Gegner, an dem sie ihr Profil schärfen können – und dann so was.
Gilt entsprechend auch für die Landesebene.
„Es gehört oft mehr Mut dazu, seine Meinung zu ändern, als ihr treu zu bleiben.“
Friedrich Hebbel