Oscar-Sieger 2016 jetzt schon im Zebra-Kino

seemoz-Zebra-OscarEin Kinofest im Konstanzer Zebra-Kino: Erst vor wenigen Wochen zum Oscar-Gewinner gekürt, ist „Son of Saul“ schon jetzt auf der Leinwand in der Chérisy zu bewundern. Und noch ein Highlight in dieser Filmwoche: Eine Hommage an David Bowie mit zwei Filmen an einem Tag – genauso durchgeknallt, ungemein kreativ und wahrlich einzigartig wie der jüngst verstorbene Künstler.


Son of Saul

HUN 2015; 107 MIN; REGIE: LÁSZLÓ NEMES; MIT: GÉZA RÖHRIG, LEVENTE MOLNÁR, URS RECHN U.A. FSK 16. Ungarische Originalversion mit deutschen Untertiteln

Der jüdische KZ-Insasse Saul Ausländer (Géza Röhrig) ist Teil des Sonderkommandos, das im Vernichtungslager Auschwitz für die Verbrennung der Leichen aus den Gaskammern zuständig ist. Als er eines Tages auf den Leichnam eines Jungen stößt, der seinem Sohn wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein scheint, beschließt Saul, diesem die letzte Ehre zu erweisen. Da das Judentum das Einäschern von Toten grundsätzlich verbietet, setzt Saul alles daran, den unbekannten Jungen zu einem Rabbi zu bringen, der ihm ein ordentliches Begräbnis ermöglichen soll.

Der ungarische Regiedebütant László Nemes liefert ein beeindruckendes wie erschütterndes Erstlingswerk ab. Der Zuschauer wird förmlich in die Rolle der Hauptfigur gezwängt: Die Kamera lässt nicht von Saul ab, sie folgt ihm unentwegt, während um ihn herum – für den Zuschauer meist im Off – unaussprechliche Dinge passieren. Selten hat ein Film den Schrecken des Holocausts mit derart unter die Haut gehender Intensität vermitteln können.

Nicht zu Unrecht mit etlichen Preisen ausgezeichnet (u.a. als diesjähriger Oscar-Preisträger in der Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film“), ist Son of Saul ein Film, der gänzlich auf reißerische Effekthascherei verzichtet. Stattdessen gelingt es ihm, sich mit wenigen Mitteln tief ins Gedächtnis des Zuschauers zu bohren, um dort noch lange Zeit nachzuwirken.

Spieltermine: Fr., 18.3.19:30 Uhr; So., 20.3., 20 Uhr; Mo., 21.3.16, 19 Uhr


Projekt A

DEU 2015; 85 Min.; Regie: Marcel Seehuber & Moritz Springer; mit Hanna Poddig u.a. FSK 12. Deutsche Originalversion

Während Politiker hierzulande fordern: „Mehr Demokratie wagen!“, sind die Protagonisten dieser Dokumentation bereits dabei, diese Grundfesten unserer Gesellschaft zu untergraben. Im Mittelpunkt steht das lebensphilosophische Konzept der Anarchie. Und diese bald 200-jährige Idee ist gegenwärtig vielgesichtiger als es vielen bewusst ist. So bricht der Film mit der Vorstellung, bei Anarchisten handle es sich nur um willkürlich zerstörende, wütende Mobs junger Menschen oder faule, zerlumpte, schnorrende Punks vor Supermärkten. Er zeigt vielmehr den konstruktiven Umgang engagierter Leute mit den gängigen gesellschaftlichen Konventionen und ihren Bruch mit dem herrschenden, kapitalistischen Paradigma.

Anarchie verfolgt eine radikale Form von Freiheit, Individualität und Gleichheit aller und somit ein Loslösen von jeglicher Herrschaftsform und sozialer Abhängigkeit. Sie hat nicht nur eine Idee des Zusammenlebens parat. Das zeigt anschaulich das Potpourri an Aktionen und Initiativen, die das Filmteam Marcel Seehuber und Moritz Springer über vier Jahre in ganz Europa begleiten durfte. Ob die anarchosyndikalistische Gewerkschaft in Spanien, (Park-)Platzbesetzer in Griechenland, querdenkende Landwirte in Deutschland oder Aktivisten gegen Atomkraft in der Schweiz: sie alle berichten von ihrer Utopie und Motivation, wobei deutlich wird, wie viel Herzensblut, Tapferkeit und natürlich auch ein ordentliches Quäntchen Experimentierfreude und Risikobereitschaft es braucht, um derartige Visionen für das eigene Leben anzugehen und umzusetzen. Es sind Menschen, die nicht nur das Unmögliche fordern, sondern auch wagen.

Die mittels Crowdfunding finanzierte und vom Publikum des Münchner Filmfest geehrte Produktion widmet sich vielfältigen neuen Lebensentwürfen, sodass einige Ideen auch gar nicht mehr so absurd für das eigene Umfeld erscheinen und dem Zuschauer zumindest die Gewissheit gibt: Anders geht sehr wohl.

Man darf sich auf das Filmgespräch mit Regisseur Marcel Seehuber am 21. März um 21:15 Uhr in Kooperation mit Southvibez.de freuen.

Spieltermine: Do., 17.3. 20 Uhr; Fr., 18.3. 21:45 Uhr; Mo., 21.3. 21:15 Uhr


Moonlight Madness: David Bowie

Einmal im Monat kriecht das Shivers-Genrefilmfest-Team aus den Gräbern und präsentiert einen Double-Feature-Filmabend mit fantastischen, bizarren, speziellen, kultisch verehrten oder einfach nur durchgeknallten Werken. Dieses Mal ist die Filmnacht David Bowie gewidmet, der leider am 10. Januar verstarb.

Im 20. Jahrhundert gab es in der Popkultur nichts, was sich mit dem (Selbst-)Erfindungsreichtum eines David Bowie vergleichen lassen könnte. Major Tom, Ziggy Stardust, Aladdin Sane oder der Thin White Duke sind nur einige von ihnen. Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, wann der brillante Selbstdarsteller im Film auftauchen würde. Interessanterweise fällt nach seinem Debut in The Man Who Fell to Earth von 1975 die Hauptphase seiner Actor-Tätigkeit in die frühen 80er Jahre, also in einen Zeitraum, in dem er gerade keine Kunstfigur am Start hatte und seine kommerziell erfolgreichste Zeit als Musiker durchlebte. Vielleicht „reichten“ ihm ja die bizarren Filmfiguren, die er in The HungerFuryo oder Labyrinth verkörperte.

Das Double Feature ver- und entführt uns diesmal zum Vampirismus und in ein verzaubertes Riesenlabyrinth. Bowie gibt an der Seite von Catherine Deneuve einen alternden Vampir. Die „Alterungssequenz“ aus dem Film ist mittlerweile ebenso berühmt wie die Szene, in der die Deneuve Susan Sarandon verführt (und beide sich partout nicht sexdoubeln lassen wollten). Labyrinth, der unter Bowie-Fans mittlerweile als Lieblingsfilm gehandelt wird, geht in Sachen Düsternis weit über das von Frank Oz und Jim Henson etablierte „Muppet-Monster“-Miniversum hinaus.

Spieltermin: Sa., 19.3.16, 20 Uhr


Labyrinth

USA/GB 1986, 97 MIN; REGIE: JIM HENSON NACH DEN BÜCHERN VON MAURICE SENDAK UND LEWIS CARROLL; MUSIK: TREVOR JONES, DAVID BOWIE; MIT: DAVID BOWIE, JENNIFER CONELLY, TOBY FROUD U.A.

Wer kennt das nicht? Irgendjemand quengelt und tut nicht gut und man wünscht demjenigen ein sinngemäßes „Fahr zur Hölle“. Manchmal passiert dann, dass dem Verwunschenen tatsächlich etwas zustößt. Dann wünscht man sich wiederum, man hätte die gehässige Wunschzunge doch lieber in Zaum gehalten. Genauso ergeht es der 15-jährigen Jennifer (Jennifer Connelly), die auf ihren kleinen Halbbruder Toby aufpassen muss und ihm wünscht, dass „ihn die Kobolde holen“. Gesagt, getan. Toby ist weg, dafür erscheint der Koboldkönig Jareth (David Bowie). Ihr Bitten und Betteln, ihn zurückzugeben, bleibt ungehört. Immerhin gibt Jareth dem Mädchen 13 Stunden Zeit, um den Kleinen aus Jareths Schloss zu befreien. Das jedoch ist umgeben von einem riesigen Labyrinth voller Monster und seltsamer Wesen.


The Hunger

GB 1983, 93 MIN; REGIE: TONY SCOTT NACH DEM ROMAN „KISS OF DEATH“ VON WHITLEY STRIEBER; MUSIK: RAVEL, BACH, GREGORIO ALLEGRI, LÉO DELIBES U.A.; MIT: CATHERINE DENEUVE, DAVID BOWIE, SUSAN SARANDON U.A.

„Bela Lugosi is dead … undead undead“ schallt es durch eine New Yorker Wave Disco. Miriam (Catherine Deneuve) und John Blaylock (David Bowie) suchen sich ein Paar zum Partnertausch. Als es später im Haus der Blaylocks zu Zärtlichkeiten kommt, zücken Miriam und John kleine Messer und schneiden die Halsschlagadern des jeweiligen Partners durch und trinken deren Blut. Beide müssen Menschenblut trinken, um das ewige Leben nicht zu verlieren. Als John dennoch eines Tages massiv zu altern beginnt, wenden sich die beiden an die Gerontologin Sarah Roberts (Susan Sarandon) und – dumm gelaufen – Miriam verliebt sich in sie. Mit einem Glas Sherry beginnt die Verführung als Verführung zum Vampirismus. „Nothing human loves forever“.


MM/hpk