Erfindet sich der Konstanzer Gemeinderat neu?
Die Arbeit der 40 Mitglieder im Konstanzer Gemeinderat wird neu bewertet, neu organisiert. Dabei geht es in der nächsten Sitzung des Gremiums am kommenden Donnerstag nicht zuletzt auch um Geld.
So schlägt die Verwaltung vor, dass die monatliche Aufwandsentschädigung für Gemeinderats-Mitglieder von derzeit 370 € auf 700 € erhöht werden soll, die der Fraktionsvorsitzenden soll auf 200 € steigen; außerdem ist eine Entschädigung für die Pflege und/oder Betreuung von Familienangehörigen während der Sitzungsdauer angedacht. Solche finanziellen Verbesserungen, von der LLK schon vor zwei Jahren angeregt, sind in anderen Städten Baden-Württembergs längst üblich. Zudem sollen Fraktionsassistenten besser (von 128 auf 150 €) bezahlt werden. Während die „Lohnerhöhung“ für StadträtInnen wohl eine Mehrheit finden dürfte, könnte es um die wahrlich lächerlich geringe Anhebung der Assistenten-Entschädigungen am Donnerstag noch Diskussionen geben.
Und es soll ein Ältestenrat eingeführt werden. Damit würde der „Jour fixe“ – ein bisher im Geheimen einberufenes Treffen der Fraktionsvorsitzenden – abgelöst. Allerdings dürfte auch ein neuer Ältestenrat, dem je ein Mitglied jeder Fraktion oder Gruppierung angehören soll, stets in nicht öffentlicher Sitzung tagen. Hauptaufgabe dieses Gremiums unter Vorsitz des OBs soll die Abfassung der Tagesordnung der GR-Sitzungen, bisher alleiniges Privileg des Oberbürgermeisters, werden.
Schließlich könnte die Stellvertretung des Oberbürgermeisters neu geregelt werden. Insgesamt sieben ehrenamtliche Stellvertreter sollen bestellt werden – von jeder Fraktion, jeder Gruppierung eine/r in der Reihenfolge ihrer Fraktionsstärke, so dass die FGL den/die erste/n StellvertreterIn, die LLK den/die siebte StellvertreterIn aufbieten würde.
An die Stelle der bislang von Fall zu Fall etablierten Findungskommissionen bei der Einsetzung von Führungs-Personal in der Stadtverwaltung soll zukünftig eine Personalauswahlkommission treten. Auch ihr würden nach Vorstellung der Verwaltung je ein Mitglied jeder Fraktion bzw. Gruppierung angehören.
Dieses Reformpaket zur Modernisierung der Gemeinderatsarbeit in Konstanz fußt wesentlich auf der seit 1.12.2015 in Kraft getretenen Novellierung der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg, die nun eine Anpassung auch der örtlichen Hauptsatzung der Stadt Konstanz nötig macht. Deshalb dürfte dieses Reformpaket höchstens in Einzelheiten zu Debatten in der Donnerstag-Sitzung des Gemeinderates (Tagesordnungspunkt 3.3. ab 16 Uhr im Ratssaal) führen.
hpk
Liebe Seemoz-Redaktion,
die FGL hatte im letzten HFA einen sog. „Sockelbetrag“ beantragt, um gerade Gruppierungen/Fraktionen mit wenigen Mandatsträger*innen bei ihrer Fraktionsarbeit besser finanziell zu unterstützen. Dieser Antrag wurde für die Sitzung am Donnerstag von der Verwaltung geprüft und in die Vorlage eingearbeitet.
Hier der Auszug aus der öffentlichen Vorlage:
„Im Rahmen der Debatte wurde im Übrigen die Einführung eines Mindestbetrages für die Finanzierung der Fraktionsassistenzen gefordert. Gefordert wurde die Einführung eines Mindestbetrages in Höhe von 400 € zuzüglich der erforderlichen Nebenkosten. Diese betragen derzeit 28%, womit sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 512 € ergibt. Sollte dieser Betrag unterhalb der Summe des vorgeschlagenen monatlichen Betrags zur Finanzierung der FraktionsassistentInnen in Höhe von 150 € / Fraktionsmitglied und Monat liegen, soll stattdessen der höhere Betrag gewährt werden.
In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wurde die Prüfung der Zulässigkeit einer derartigen Fraktionsfinanzierung bis zur abschließenden Beschlussfassung im Gemeinderat am 17.03.2016 zugesagt:
Der Gemeinderat ist bei seiner Entscheidung, den Fraktionen und Gruppen für ihre Geschäftsführung Zuwendungen zu gewähren, an den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gebunden, der Geltung auch für die Rechtsbeziehungen zwischen kommunalen Organen und Organteilen beansprucht. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt eine sachgerechte, am Zweck der Fraktionen ausgerichtete, bedarfsorientierte Mittelverteilung. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergibt sich, dass die gewährten Mittel unter den Fraktionen nach einem Maßstab verteilt werden muss, der sich an dem tatsächlichen oder erwartbaren Bedarf der Fraktionen für ihre Geschäftsführung orientiert.
In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Zeitaufwand für die Erfüllung der Aufgaben eines Assistenten zu einem Teil von der Fraktionsstärke unabhängig ist.
Dieser Teil soll durch die Gewährung eines Sockelbetrages in Höhe von bis zu 512 Euro an alle Fraktionen und Gruppierungen gleichermaßen, d. h. unabhängig von der Mitgliederzahl, angemessen berücksichtigt werden. Dieser Betrag soll allen Fraktionen/Gruppierungen zumindest eine personelle Unterstützung im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ermöglichen.
Dieses Argument ist gerade vor dem Hintergrund in der Ermessensfindung zu berücksichtigen, dass die LLK und die FDP mit ihren zwei bzw. drei Mitgliedern ebenso in den Ausschüssen vertreten sind, wie die Fraktionen mit einer höheren Anzahl an Mitgliedern. Auch dies führt dazu, dass ein gewisser einheitlicher Grundbedarf für die Ratsarbeit, wie z. B die Vorbereitung von Ausschusssitzungen, gegeben ist.
Mit dem Sockelbetrag wird berücksichtigt, dass eine rein proportionale Verteilung kleine Fraktionen/Gruppierungen stärker beschweren würde als größere.
Der darüber hinausgehende, an die Mitgliederzahl geknüpfte Betrag wiederum berücksichtigt, dass mit steigender Mitgliederzahl der Koordinierungsaufwand und die Vielfalt der wahrzunehmenden Aufgaben (Anfragen/Arbeitsaufträge der Fraktionsmitglieder) steigt. Nach der Rechtsprechung kann ein Kombinationsmodell ein sachgerechter Verteilungsmaßstab und unter Umständen sogar geboten sein.
Von Seiten der Verwaltung bestehen daher keine rechtlichen Bedenken gegen die Einführung eines Sockelbetrages.“
Freundliche Grüße
Normen Küttner