Wie geht es für die Flüchtlinge weiter?
Schon überraschend, wie schnell lokalpolitische Themen, die gestern noch ganze Stadtviertel auf die Barrikaden trieben, aus der öffentlichen Debatte auch wieder verschwinden. Dazu zählt etwa das Thema Flüchtlinge. Auf Konstanz kommen bei der Unterbringung und Integration der geflohenen Menschen in den nächsten Jahren ganz erhebliche Aufgaben zu, auch wenn die Zahl der Neuankömmlinge seit der Blockade der Balkan-Route erheblich gesunken ist. Hier der aktuelle Stand.
Bürgermeister Andreas Osner erläuterte dem Gemeinderat am letzten Donnerstag seinen monatlichen Sachstandsbericht Flüchtlinge. Danach ist die Zahl der der Stadt zugewiesenen Flüchtlinge erheblich gesunken. Dies ist einer der Gründe dafür, dass ab dem 2. Mai die Zeppelinhalle wieder geräumt werden kann (seemoz berichtete). Ihre Bewohner werden dann am Schwaketenbad in neuen Leichtbauten untergebracht, wo bevorzugt Familien eine vorübergehende Heimat finden sollen. Auch die Wessenberghalle soll bald wieder dem Sport zur Verfügung stehen. Der Stadtverwaltung ist klar, dass Lösungen wie die Leichtbauhallen nicht perfekt sind, aber angesichts der derzeitigen Situation gibt es laut Osner nur schlechte und ganz schlechte Notlösungen.
Die Zahlen sind trügerisch
In Konstanz sind derzeit 953 Flüchtlinge untergebracht. Damit hat die Stadt nach Osner ihr Soll erfüllt. Ihr Augenmerk richtet die Stadt jetzt vor allem darauf, dass jene Flüchtlinge, die in den nächsten Monaten und Jahren aus den vom Landkreis organisierten Erstunterkünften in städtisch finanziertes Anschlusswohnen umziehen dürfen, auch tatsächlich ein menschenwürdiges Dach über dem Kopf finden und eine Chance auf Spracherwerb und Schulbildung für ihre Kinder bekommen. Osner lehnt in diesem Zusammenhang übrigens ausdrücklich den bürokratischen Begriff „Anschlussunterbringung“ ab, und das wohl zurecht.
Der Bürgermeister warnte allerdings davor, sich darauf zu verlassen, dass sich die Flüchtlingszahlen dauerhaft auf einem derart niedrigen Niveau wie derzeit einpendeln. „Wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Die Lage in Libyen, Eritrea und Somalia kann sich jederzeit verschlimmern, niemand kann sagen, was in drei Monaten sein wird. Wir müssen auf alles vorbereitet sein.“ Außerdem erwartet Osner höhere Anerkennungsquoten, weil die Anträge jetzt schneller bearbeitet werden Für Oberbürgermeister Uli Burchardt ist die weltweite Entwicklung derzeit alles andere als erfreulich, aber für die Stadt sei es gut, dass es momentan weniger Druck durch immer neue Flüchtlinge gebe und darum mehr Luft zum Planen bleibe.
Wie geht es weiter?
Seit Februar läuft das Projekt Integration, das zusammen mit den Wohlfahrtsverbänden vorrangig für Sprachkenntnisse und Bildung sowie für die Integration in den Arbeitsmarkt sorgen soll. Dazu gehören Vorbereitungsklassen an Schulen, die Flüchtlingskindern den Zugang zur Schulbildung erleichtern sollen.
Der Bürgermeister zeigte sich sehr zufrieden mit der rege besuchten Veranstaltung zu Flüchtlingen im April im Konzil. Er denkt daran, diese Veranstaltung etwa alle sechs Monate zu wiederholen. Außerdem kündigte er weitere Bürgerdialoge im Zergle und in Egg an, wo ja gegen den Widerstand eines Teils der Anwohner mit dem Bau von Anschlusswohnungen begonnen wurde.
Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn ergänzte, dass das Modellprojekt auf dem städtischen Parkplatz Schottenstraße (nahe der Kreuzung mit der Wallgutstraße) recht weit gediehen sei. Dort will die Wobak zusammen mit einem Vorarlberger Architekturbüro mehrgeschossig stapelbare Wohnmodule in Holzrahmenkonstruktion errichten und teilweise für das Anschlusswohnen nutzen. Das Besondere an dieser Bauweise ist dem Vernehmen nach die geringe Bauzeit von nur etwa drei Monaten, die dadurch erreicht wird, dass die Einzelmodule weitgehend vorgefertigt sind.
Das hört sich für den Laien zwar nach Plattenbauten an, solche Gebäude sollen aber durchaus eine hohe Wohnqualität haben. Da die Stadtverwaltung laut Osner auf vielen Gebieten, die mit der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen zu tun haben, komplettes Neuland betritt, bleibt zu hoffen, dass dabei Lösungen entstehen, die schon ziemlich bald tatsächlich zu menschenwürdigen Lebensverhältnissen für die Geflüchteten und ihre Kinder beitragen, denn die Zeit drängt in der Tat.
O. Pugliese
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