„An Scheinheiligkeit kaum zu überbieten“
Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) an der Uni Konstanz kritisiert die jüngste Entscheidung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) Konstanz zur Förderung des Campus-Festivals und da besonders das Abstimmungsverhalten der Linken Liste Konstanz (LLK). Hier die Pressemitteilung der LHG und im Anhang eine Antwort von LLK-Stadtrat Holger Reile.
Die LHG schreibt:„Auf seiner Sitzung vom 28. April hat der HFA die von den Freien Demokraten beantragte Förderung des Campus-Festivals in Höhe von 20.000 abgelehnt. Damit riskiert die Stadt leichtfertig den Verlust einer kulturellen Bereicherung, welche sich insbesondere an junges Publikum richtet“.
Und weiter:„Die Entscheidung des HFA kommt einem Schlag ins Gesicht für die allesamt ehrenamtlich tätigen Organisatoren gleich. Dass die Stadt erst vor wenigen Wochen in ihrer Kulturanalyse bescheinigt bekam, deutlich zu wenig für junge Menschen zu tun und nun solch eine Gelegenheit verstreichen lässt, ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten“, so Maximilian Schrumpf, Vorsitzender der LHG.
Besonders bemerkenswert wie zugleich irritierend ist für den Liberalen hierbei das Abstimmungsverhalten der Partei Die Linke: „Wer im eigenen Programm angibt, alternative Kulturschaffende könnten sich auf ihre ‘Unterstützung und Solidarität verlassen’, um dann ein einmaliges Projekt wie das Campus-Festival mit fadenscheiniger Begründung abzulehnen, lässt jeglichen Respekt vor den Wählerinnen und Wählern vermissen.“
Die LHG hofft aber weiterhin, „dass Konstanz in diesem Jahr dennoch in den Genuss des Campus-Festivals kommen wird – auch, wenn der vergangene Donnerstagabend leider abermals gezeigt hat, dass Interessen der jüngeren Generation bei CDU, Freien Wählern und der Linken nicht von Bedeutung sind.“
Antwort:
Sehr geehrter Herr Schrumpf,
Bezüglich Ihrer Bemerkung zu den Linken: Da hätten Sie sich schon besser informieren sollen. Die Linke Liste Konstanz (LLK), die zwei Mandate im Konstanzer Gemeinderat hat, ist nicht identisch mit der Partei Die Linke, auch wenn sie mit ihr kooperiert. Die LLK ist eine eigenständige kommunalpolitische Wählergemeinschaft, in der neben Mitgliedern der Linken auch ehemalige Sympathisanten von SPD oder Grünen aktiv sind. Mit dabei auch Parteilose (wie der Unterzeichner beispielsweise). Ein wenig mehr Kenntnis über die hiesige Kommunalpolitik sollte man eigentlich von einem Hochschulverband erwarten können.
Zur Sache: Die Kalkulation des Festival-Veranstalters war unprofessionell, warf viele ungeklärte Fragen auf und genügte nicht den Ansprüchen, die wir an Veranstalter stellen, ja stellen müssen, da es sich schließlich um die Vergabe von Steuergeldern handelt. Nur ein Beispiel: Die zu erwartenden Einnahmen über den Getränke- und Essensverkauf wurden in der Vorlage mit keinem Wort erwähnt. Dabei ist gerade das ein Posten, mit dem Veranstalter in der Regel ihre Kasse ordentlich auffüllen. Die Veranstalter des Campus-Festivals, das über zwei Tage geht, rechnen mit rund 3000 zahlenden Gästen. Sie können andere Veranstalter fragen und die werden Ihnen durch die Bank sagen, dass jeder Besucher mindestens 15 Euro für Essen und Trinken liegen lässt, vor allem, wenn sich das Festival über ein ganzes Wochenende hinzieht. Wenn Sie das mal hochrechnen, dann kommen Sie locker auf 50 000 Euro.
So gesehen ist Ihr sinngemäßer Vorwurf, Linke hätten kein Verständnis für Jugendkultur, sehr schlicht und simpel gestrickt und in der Hauptsache falsch. Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, das Abstimmungsverhalten der LLK während der letzten Jahre hinsichtlich der Förderung ähnlicher Initiativen unter die Lupe zu nehmen, wären Sie der Wahrheit entscheidend näher gekommen.
Holger Reile (Stadtrat LLK)
Die liberale Hochschulgruppe ist wohl selber etwas „Scheinheilig“. Hier möchte man den Gemeinderat für die mögliche Absage eines Festivals verantwortlich machen!
Was kann der Gemeinderat/ Steuerzahler dafür, dass ein Privatveranstalter sich verzockt hat. Zu teure Bands, zu wenige Kartenverkäufe, möglicherweise falscher Termin oder falsches Programm.
Wenn man ehrlich ist, sind die letztjährigen angeblichen 2.500 Besucher zwar O.k. aber eine normale AStA Erstiparty als ich noch dabei war, hat es auf über 4.000 Besucher gebracht. Erfolgsrezept von damals: günstiger Eintritt 2-3 Floors, eine oft katastrophale Band und günstiges Bier. Gewinn pro Party für die AStA im 5-stelligen Bereich.
Da Sie wohl beste Einblicke in die interne Struktur haben, wäre es Sinnvoll dar zu legen, in welchem Verhältnis der AStA und der private Konzertveranstalter zu einander stehen? Gemeinnützigkeit und Ehrenamtlichkeit und legitimes Profitdenken der Firma von Herrn H. stehen sich hier für mein Empfinden etwas im Weg.
Das Einstehen für den AStA von Herrn Rüdiger beim OB finde ich ausdrücklich in Ordnung. Eine nicht erfolgte umgehende Absage an sein Begehren durch unseren Oberbürgermeister über einen bereits gefassten Beschluss, finde ich skandalös. Hier hätte ich mir auch mal einen kritischen Kommentar vom Südkurier erwünscht, ob wir nicht zukünftig jeden Ratsbeschluss, ob vielleicht ein Unirektor, Bankvorstand, Aufsichtsratsvoritzender…noch sein Wohlwollen oder nicht ausdrückt!
Vielleicht sollte Herr Schrumpf seine Bedürfnisbefriedigung in die Zukunft verlagern (Sparen), um sich dann eine solch für ihn sicherlich entwürdigend anmutende Entscheidung vermeintlich spaßbremsend gesteuerter städtischer Entscheider ersparen, die ersparte Kohle selbst investieren sowie hernach logischerweise selbst die Gewinne einsacken zu können. Sollte ein libertärer Freidenker doch irgendwie selbst drauf kommen können.
Angesichts seiner eher so schnippisch formulierten wie schlecht recherchierten Replik könnte man jedoch eher davon ausgehen, dass seine Argumentation in keiner Weise durch Logik gestört wird, so dass mir als Fazit und guter Rat nur bleibt, ihm mein selbstgewähltes Motto zum eigenen Lebensende mit auf den Weg zu geben: Am Ende meiner Tage werde ich für meine beerdigten Träume ein Massengrab benötigen. Bitte.
Irgendwie wirkt die Pressemitteilung der LHG ziemlich wehleidig auf mich. Würde ich mich jedes Mal so aufregen, wenn ein Antrag meinerseits auf eine Förderung meiner freiwilligen Arbeit abgelehnt wird, hätte ich als ehrenamtlich Tätiger schon viele Schläge im Gesicht. Der Text trieft doch ziemlich vor Theatralik und dem Wunsch nach möglichst viel Mitleid.
Und offenbar scheint die LHG nicht verstanden zu haben, dass mit der Ablehnung keinesfalls die Kultur leichtfertig aufgegeben, sondern lediglich die Plausibilität des Antrages geprüft wurde. Würde alles durchgewunken, was einem guten Zweck zu dienen scheint, ohne dabei darauf zu achten, ob wesentliche Voraussetzungen erfüllt sind, wären die zuständigen Mitglieder des Rates ihr Amt schneller los, als wenn sie es „wagten“, bei fehlenden Bedingungen auch einmal „Nein“ zu sagen. Es war keine inhaltliche, sondern eine formale Entscheidung.
Und die Reaktion von Maximilian Schrumpf zeigt leider auch wenig Einsicht: Das, was Holger Reile als mangelnde Informationen im Antrag formuliert hat, sind gängige Angaben, die schon aus der Routine beizufügen sind, weil jeder weiß, dass solche Kalkulationen für eine Förderung entscheidend sein dürften – und es nicht erst dann werden, wenn der Vordruck dafür ein entsprechendes Feld vorsieht.
Aber eines muss man ihm lassen: Von der politischen Schelte und Pauschalkritik am politischen Gegner (Woraus leitet sich beispielsweise ab, dass LLK etc. durch diese einzelne Entscheidung den „Interessen der jüngeren Generation“ keine Bedeutung beimessen? Was ist mit jungen Menschen, die nicht zu diesem Festival gehen? Die andere Formen an Kultur vorziehen?) versteht Schrumpf schon fast so viel wie die „Großen“…
Mir begegnet in der Berichterstattung über die Entscheidung gegen die Förderung des Campusfestivals immer wieder die Bemerkung, man habe der Veranstaltung damit möglicherweise den „Todesstoß“ verpasst. Als jemandem, der nicht mit der Organisation und Kalkulation solcher Großevents vertraut ist, stellt sich mir in den letzten Tagen eine Frage recht häufig: Ist es normal, dass solch kritische Teile des Budgets durch Fördermittel gedeckt werden, die – einen Monat for der Veranstaltung – noch gar nicht eingeworben sind?
Vielleicht kann mich da jemand aufklären.
Guter Herr Schrumpf,
Jetzt machen Sie sich doch nicht ohne Not zum Schlumpf. Meine „Tätigkeit“ für den KoKo-Vorläufer Konzertbüro Konstanz bestand in grauer Vorzeit überwiegend darin, für einige Konzerte Plakate aufzuhängen und Eintrittskarten abzureißen. Und das alles für lau. Das ist ungefähr 32 Jahre her (!) Wenn Sie mich nun unter Lobbyismus-Verdacht stellen wollen, erlaube ich mir, in schallendes Gelächter auszubrechen. Sollte Ihnen tatsächlich der Sinn danach stehen, dann empfehle ich Ihnen wärmstens, sich in Ihrer Mutterpartei umzuschauen. Damit hätten Sie rund um die Uhr zu tun und kämen nicht auf die Idee, seltsame Kommentare abzusondern. Außer, Sie haben Vergnügen an verschwörungstheoretischen Spekulationen.
Gesundheit.
Sehr geehrter Herr Reile,
zunächst einmal vielen Dank für die Veröffentlichung unserer PM. Dies ist ja keineswegs selbstverständlich. Allerdings habe damit auch schon alles Positive gesagt…
Wenn Sie die Kalkulation der Veranstalter als „unprofessionell“ bezeichnen, dann lehnen Sie sich so weit aus dem Fenster, dass auch ich Sie leider vor einem tiefen Fall nicht mehr bewahren kann. Das Antragsformular auf Fördermittel der Stadt Konstanz wurde nach bestem Wissen und Gewissen sowie in jeder Hinsicht erschöpfend bearbeitet. Ihren Ruf nach einer Aufschlüsselung der „Einnahmen über den Getränke- und Essensverkauf“ sollten Sie besser an das Kulturbüro der Stadt richten, da das Antragsformular auf Seite 4 eine solche dezidiert nicht vorsieht. Den Vorwurf der Unprofessionalität kann ich somit nur an Sie zurückgeben, da es Ihnen scheinbar am Gespür mangelt, Kritik adressatengerecht zu formulieren.
Ferner bin ich mir nicht nur über das Abstimmungsverhalten der LLK bei der Förderung von Kultur bewusst, sondern habe auch Ihre eigenen Artikel anlässlich des Zeltfestivals – einem Projekt, bei dem es sich in der Tat um ein „über die Region hinaus strahlendes Alleinstellungsmerkmal“ handelt – mit regem Interesse verfolgt. Umso mehr verwundert es mich, dass es nun gerade Sie sind, der dem Campus-Festival – einem weiteren Alleinstellungsmerkmal der Region – seine Zustimmung verweigert. Noch am 7. Dezember 2015 beschwerten Sie sich an gleicher Stelle darüber, dass sich „eine überwältigende Mehrheit“ weigere, „schlappe 40.000 Euro in die Hand zu nehmen“, um dem Zeltfestival „das Überleben zu sichern“. Dem Campus-Festival, für welches gerade einmal die Hälfte an Zuschüssen beantragt wurde, nun im schlimmsten Fall den Todesstoß zu verpassen, ist und bleibt für mich ein Gipfel an Scheinheiligkeit. Oder hängt Ihr Votum vielmehr mit Ihrer früheren Tätigkeit für den Konkurrenzveranstalter KoKo & DTK (damals noch Konzertbüro Konstanz) zusammen?
Freundliche Grüße
Ihr
Maximilian Schrumpf
(Vorsitzender der LHG Konstanz)
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Antragsformular des Kulturbüros —> https://formulare.virtuelles-rathaus.de/servlet/de.formsolutions.FillServlet?param1=08335043-01-0011&query=1&knr=08335043-01&template=KF020811KN&send=1&print=1&direktstart=1&save=1&reset=1&anzahlAnlagen=20&r=m.pdf