Campus-Festival: Wohl dem, der eine Lobby hat

seemoz-B+RIm HFA (Haupt- und Finanzausschuss) fand sich keine Mehrheit für den Antrag, das Festival mit 20 000 Euro zu bezuschussen, auch Ober­bürger­meister Uli Burchardt stimmte dagegen. Kaum eine Woche später die Kehrtwende: Burchardt sorgte dafür, dass der Gemeinderat sich erneut mit dem Thema beschäftigen muss. Woher der Sinneswandel? seemoz-Autor Kuno Schelmle vermutet, Uni-Rektor Ulrich Rüdiger habe kräftig interveniert. Mehrere Gespräche mit Burchardt könnten in etwa so verlaufen sein:

Rüdiger: Sag mal, Uli, ist ja gut, dass die Geschichte nun nochmal auf den Tisch kommt und Du auf mich gehört hast. Das hast Du super gemacht. Aber hundertprozentig sicher scheint mir das noch nicht zu sein mit dem höheren Zuschuss. Das könnte durchaus noch knapp werden, Du musst die Geschichte unbedingt bis Donnerstag noch in trockene Tücher bringen und eine Schippe drauf legen.

Burchardt: Ganz einfach war das wirklich nicht, das kannst Du mir glauben. Sieht ja auch irgendwie komisch aus: Erst war ich dagegen, wie soll ich denn nun erklären, dass ich plötzlich dafür bin? Am besten wäre wohl, ich enthalte mich bei der Abstimmung, oder bin erneut dagegen, wenn ich merke, dass die Mehrheit dafür ist und wir somit auf der sicheren Seite sind. Hast Du eine bessere Idee? Wie komme ich aus dieser verdammten Scheißnummer raus?

Rüdiger: Lass Dir was einfallen. Sag doch einfach, für Jugendkultur müsse man sich einsetzen, das sei enorm wichtig und zukunftsweisend für die Stadt, kulturelles Oberzentrum blabla, die jungen Leute hätten es eh schwer genug, die Erkenntnis sei Dir über Nacht gekommen undsoweiter. Das kriegst Du hin, ich vertrau auf Dich. Du bist doch genau der Typ, der auch Heizdecken in der Sahara verkaufen könnte, also streng Dich an.

Burchardt: Scherzkeks. Mir ist da verdammt unwohl. Die vorgelegte Kalkulation des Veranstalters ist ja nun wirklich nicht der Hit gewesen, außerdem gibt es Statuten, die eine Bezuschussung in diesem Rahmen und in dieser Höhe gar nicht zulassen. Die momentan geltenden Förderrichtlinien geben das nicht her. Langsam habe ich das Gefühl, Du hast mich in eine ganz blöde Situation gebracht.

Rüdiger: Quatsch, Unfug, gib jetzt nicht die Memme, das Ding muss durch und basta. Ich kann hier oben am Gießberg keine schlechte Stimmung gebrauchen. Gerade jetzt nicht, wo wir doch bald unseren fünfzigsten Geburtstag feiern, da will ich eitel Sonnenschein, dazu schöne Reden und alles, was dazu gehört. Den Studis heutzutage kannst Du ja viel unterjubeln, aber wenn Du denen eine angeblich geile Fete vermasselst, dann werden sogar die sauer, der Rest ist denen schnuppe. Bislang habe ich die gut im Griff und das soll auch so bleiben. Aber jetzt mal Butter bei die Fische: Wie stehen die Aktien für Donnerstag, auf welche Stimmen können wir zählen? Wie ist Dein neuester Stand? Lass uns mal zusammenrechnen.

Burchardt: Mit der FGL ist alles Paletti, ich hab´mit einigen von denen auch privat ein gutes Verhältnis und auf die anderen nochmal eingeredet. Kein Problem, das funktioniert. Dazu die drei Stimmen von der FDP, auch klar. Das sind schon mal 13 Stimmen. Wie sieht es mit Deinen Kontakten aus, läuft bei Dir alles nach Plan?

Rüdiger: Die vier Stimmen vom Jungen Forum sind sicher. Bei denen hatte ich ja noch was gut, war ja schließlich Geburtshelfer für die bei den Kommunalwahlen. Sorgen machen mir andere. Auf seemoz habe ich gelesen, die Freien Wähler würden alle nicht zustimmen, der Venedey hat das wohl erklärt. Das verwundert mich schon, die haben Dich doch beim OB-Wahlkampf kräftig unterstützt. Hast Du die verärgert? Und wie steht´s denn vor allem mit Deiner Partei, der CDU? Die waren ja im HFA auch dagegen. Hast Du da keinen Einfluss mehr? Ruf doch mal den Tscheulin an. Ist der nicht Ortsvorsteher von Dettingen-Wallhausen? Versprich ihm doch für sein Kaff eine neue Bushaltestelle oder sonstwas. Oder rede mal mit Müller-Fehrenbach und ködere ihn mit einer Straßenbenennung noch zu seinen Lebzeiten oder einem Ehrenplatz im Münster in der ersten Reihe. Da kriegt der nasse Augen und frisst Dir aus der Hand.

Burchardt: Ich bin mit beiden ständig im Gespräch, aber allzu zuversichtlich bin ich nicht, dass wir die noch rumdrehen können. Mit den Freien Wählern ist das nicht so einfach. Bei Venedey schlagen im Alter wohl die rebellischen Gene seiner Familie durch, kann man nichts machen. Wahrscheinlich kommt es auf die SPD an, die haben im HFA zwar einer Zuschusserhöhung zugestimmt, aber deren Fraktionschef Jürgen Ruff hat gerade auf seemoz erklärt – diese linken Kröten gehen mir übrigens gehörig auf den Sack – dass sie mein Vorgehen für problematisch halten. Ich bin mir nicht sicher, dass wir deren sechs Stimmen kriegen und auf die zwei Nasen von der Linken Liste können wir sowieso nicht bauen.

Rüdiger: Ok, sind ja noch einige Tage hin. Lass uns morgen beim gemeinsamen Abendessen nochmal drüber reden. Bringst Du wieder den Wein?

Burchardt: Ja. Was für einen ?

Rüdiger: Egal, nur bitte nicht wieder die Gülle von der Spitalstiftung.

Kuno Schelmle