Von Grillstellen und paarungsunwilligen Pinguinen

Stadtgeflüster: Touristiker jubeln, Elektriker buddeln, Pinguine streiken – der Frühling ist hektisch in Konstanz. Wie weggeblasen die Ernüchterung darüber, dass Konstanz noch vor wenigen Tagen fast in steinzeitliche Verhältnisse zurückgefallen ist. Der Strom fiel für einige Stunden aus. Ob dieses schröckliche Desaster die Geburtenrate nach oben treibt? Nein, meint Samuel Graubroth, ehrenamtlicher Sexualberater beim Südkurier. Auch die Pinguine im Sealife denken nicht im Traum daran, sich zu vermehren. Recht haben sie.

Aber der Reihe nach. Zuallererst wäre eine Erfolgsmeldung zu verkünden. Die obersten Grillmeister der Stadt haben beschlossen, auf Klein Venedig einen Grillplatz einzurichten. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die Umsetzung des Jahrhundertprojekts noch vor dem ersten Schneefall in die Gänge kommt. Bedenkenträger meldeten bereits in der Planungsphase ihre Vorbehalte an. Wie immer zu sommerlicher Zeit wird Jugendalarm ausgerufen. Vorne mit dabei einige honorige Familien aus dem angrenzenden Stadtteil Stadelhofen, die – obwohl rund einen halben Kilometer weg vom Grillplatz – lärmende Horden befürchten, die brandschatzend und Würstchen werfend Angst und Schrecken verbreiten. Unterstützt wurden die braven Bürger beim Entwurf ihres Horrorszenarios von Rechtsanwalt Klaus Peter Kleiner. Jener nämlich brachte während der Grillplatzdiskussion im Auftrag von vier Konstanzer Familien (die nicht genannt werden wollen) den Vorschlag ein, anstelle des Grillplatzes eine Strandbar zu eröffnen.

Rote auf Klein Venedig

Die Projektbeschreibung der klandestinen Gruppe war deutlich formuliert und auch dementsprechend bebildert. Eine Strandbar würde alle ansprechen, ein Grillplatz aber werde lediglich von besoffenen und gewalttätigen Jugendlichen frequentiert. Schön, wenn man ein simpel gestricktes Weltbild hat. Trotz dieser muffigen Attacke Richtung Jugend wird der Grillplatz kommen.

Den Baumeistern desselben sei allerdings vorab ein Blick in die Schweiz empfohlen. Dort passt auf jeden Grill eine halbe Sau. Auf Klein Venedig will man sich an der Grillstelle am Schänzle orientieren. Und die bietet gerade mal Platz für fünf einsame Würstchen, zwei Steaks und eine Kartoffel. So wie wir Konstanz kennen, lauern da noch diverse Unwägbarkeiten im Gebüsch, bis endlich die erste Rote verspeist werden kann.

Der ehrliche Kaufmann

Wer wenig nachweisbare Erfolge vermelden kann, der schnitzt sich welche. So geschehen bei unserer angeblich städteverbindenden Katamaranflotte, die seit Jahren zwischen Konstanz und Friedrichshafen verkehrt und bislang Millionen verschlungen hat. Seit Monaten schon steht die Schiffsverbindung in der Kritik und man hirnte auf Verbesserung der desolaten Finanzlage. Dann wurde für kurze Zeit der Fahrpreis halbiert, was übrigens schon vor Jahren vorgeschlagen wurde, und seitdem kennen die Jubelgesänge kein Ende mehr. Die Anzahl der Passagiere habe sich verdoppelt – Hurra und Tusch!

Verstummen sollten fürderhin die verkniffenen und ewig nörgelnden Kritikaster, die unlängst sogar frech dazu aufgerufen hatten, die vor sich hindümpelnden Kähne zu versenken oder über ebay zu versteigern. Denn jetzt surfen die Katamarane auf der Erfolgswelle und eitel Sonnenschein legt sein mildes Licht über die Szenerie. Denn es gilt ab sofort folgende Rechnung: Wer monatlich 2000 Brötchen für je einen Euro verkauft, hat 2000 Euro in der Kasse. Wer allerdings doppelt soviele Brötchen für nur 50 Cent verhökert, hat den Verkauf verdoppelt und ist so gesehen ein weitaus erfolgreicherer Geschäftsmann, dem eine güldene Zukunft ins Haus steht. Glückwunsch und weiter so.

Nasse Jubelarien

Ähnlich verhält es sich mit der Konstanzer Bäderstatistik. 2009 kamen insgesamt 928 000 BesucherInnen in die Strand-, Frei- und Hallenbäder und die Bodensee-Therme Konstanz. 2010 waren es rund 5000 BesucherInnen mehr. Die Therme hatte 2010 mit 368 000 BesucherInnen gegenüber 2009 (345 000) einen leichten Anstieg zu verzeichnen. Das ist erfreulich, aber eine Erfolgsmeldung für die Therme ist daraus schwer zu drechseln, wenn man auf die Verluste schaut. 2009 betrugen jene für die Bädergesellschaft Konstanz insgesamt 5,5 Millionen Euro, die von der Stadtwerke Konstanz GmbH getragen wurden. Das Minus der sieben Bäder ohne Therme belief sich auf rund 2,5 Millionen Euro, also entfielen 3 Millionen alleine auf die Therme. Die Verlustrechnung für 2010 ist für Mitte 2011 zu erwarten. Niemand erwartet, dass man über die Einnahmen aus dem Bädergeschäft den Haushalt saniert, aber als Anlass für Jubelarien taugt dieses Ergebnis wirklich nicht.

Flinke Rechner

Eine fast schon drollige Schmonzette kam neulich ans Licht, als über die Bemühungen anlässlich des bevorstehenden Konziljubiläums berichtet wurde. Bei der Frage „Wie bringen wir bis 2014 Konstanz auf die europäische Landkarte?“ verwies man unter anderem frohlockend auf die Ausstellung „5 Jahre – 5 Köpfe – 5 Themen“, die die Grundkonzeption des Jubiläums ab 2014 widerspiegeln soll. Die fünfsprachige Ausstellung ist seit Mai 2010 in den Büroräumen der Konzilstadt gegenüber der Sparkasse zu bewundern. Sie werde gut angenommen, hieß es, und man habe mit fast allen Besuchern aus nah und fern „persönliche Gespräche“ führen können. Das war auch nicht sonderlich schwer, denn zwischen Mai 2010 und Dezember 2010 wurden, so die offizielle Aussage, über 400 BesucherInnen gezählt. Konkret lässt sich der Erfolg schnell berechnen: Vierhundert Besucher in acht Monaten sind knapp zwei pro Tag. Aus der Abteilung Konziljubiläum werden uns in den kommenden Jahren noch allerlei seltsame Botschaften erreichen.

Süße Frackträger

Weniger amüsant ist, was sich derzeit im Konstanzer Sealife abspielt. Seit einiger Zeit wird dort versucht, mit Eselspinguinen zusätzlich Kasse zu machen, die  auf engstem Raum zusammengepfercht ein elendes Dasein führen. Um die „Attraktivität“ ihres Pinguingeheges zu steigern, wünscht sich das Management von Sealife Nachwuchs bei den Pinguinen. Denn die „süßen Frackträger“ sind ein Publikumsmagnet, vor allem dann, wenn auch noch Neugeborene zu begaffen sind. Im Herbst 2010 waren die Konstanzer Pinguine plötzlich verschwunden. Angeblich wurden sie nach Zürich ausgelagert, um die Pinguinbehausung auf Klein Venedig „babygerecht“ umzubauen. Nun sind die erwachsenen Vögel wieder hier, denken aber nicht daran, sich zu vermehren.

Die Berichterstattung über die Verweigerungshaltung der gequälten Kreaturen ist nachgerade widerlich. Die Eselspinguine „Bonaparte“ und „Jasper“ hätten sich in einen Gummistiefel ihres Wärters verliebt, wird da bemüht-amüsiert berichtet. Die Pinguine, so weiter in der entwürdigenden Schreibe einiger Journalisten, würden das Schuhwerk mit einer Pinguindame verwechseln. Nun arbeite man daran, die verwirrten Tiere auf paarungsbereite Weibchen „umzugewöhnen“. Wenn sie klug sind, dann lassen sie das angesichts ihrer eigenen Lage lieber bleiben. Trotz der nicht tiergerechten Haltung gibt sich die Konstanzer Verwaltungsspitze regelmäßig dafür her, jede noch so durchsichtige PR-Kampagne im Sealife-Knast zu unterstützen. Man denkt wohl an die fetten Gewerbesteuereinnahmen, die der Glaskasten der Stadt Jahr für Jahr in die leere Kasse spült. Da drückt man gerne beide Augen zu.

Autor: H.Reile