Die WOBAK und der notleidende Wohnungsmarkt
Wenn die WOBAK dem Gemeinderat ihre Jahresbilanz vorlegt, herrscht regelmäßig eitel Freude, und auch 2015 hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft wieder – aus betriebswirtschaftlicher Sicht – eines ihrer erfolgreichsten Geschäftsjahre hinter sich gebracht. Bei aller Begeisterung wurden im Rat aber auch Stimmen laut, die auf den weiterhin massiven Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Konstanz verwiesen und ein Umlenken in der Wohnungsbaupolitik forderten.
Die Zahlen, die WOBAK-Geschäftsführer Bruno Ruess dem Rat präsentierte, sind beeindruckend: Mit einer Bilanzsumme von 225 Millionen € und einem Gewinn von 2,5 Millionen € konnte das Unternehmen wieder ein rekordverdächtiges Ergebnis liefern. Zum 31.12.2015 „verfügte Konstanz‘ größte Vermieterin über 3811 Wohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 284 000 m². Die Durchschnittsmiete lag bei 6,40 Euro pro Quadratmeter und damit wie in den Vorjahren deutlich unter dem Marktniveau,“ erklärte das Unternehmen. 2015 wurden demnach 72 Mietwohnungen für die Bezieher mittlerer und kleinerer Einkommen fertig gestellt, „der Bauüberhang 2015/2016 lag bei 171 Wohnungen, die im laufenden Jahr fertiggestellt werden.“ Außerdem gehören der WOBAK übrigens 61 gewerbliche Einheiten und 2536 Stellplätze. „Damit konnten wir sicherlich schon einiges auf dem Wohnungsmarkt bewegen“, freute sich Ruess.
Die Wohnungsnot wächst
Neben anderen RednerInnen hob vor allem Anke Schwede (LLK) auf den spürbaren Mangel an bezahlbarem Wohnraum ab. „Die abermals gestiegene Zahl registrierter Wohnungssuchender auf nunmehr rund 3000 bedeutet, dass die bisherigen Anstrengungen bei weitem nicht ausreichen. Das zeigt auch die Entwicklung des Mietwohnungsbestands. Ganze 72 Mietwohnungen kamen 2015 hinzu, in Fertigstellung sind nach den vorliegenden Unterlagen 171. Das ist angesichts der prekären Situation einfach zu wenig. Ich verweise in diesem Zusammenhang wieder auf unsere Kritik an der Gewichtung des Handlungsprogramms Wohnen: Hier muss dringend im sogenannten unteren Segment nachjustiert werden. Unserer Meinung nach muss der Anteil an dauerhaft preisgebundenen Wohnungen mindestens 50 Prozent betragen, zumal Konstanz 2015 erneut um über 1100 EinwohnerInnen gewachsen ist. Wohlgemerkt hat diese Entwicklung nichts mit der Aufnahme von Geflüchteten zu tun, die ja meist noch gar keine Wohnberechtigung haben.“
Bruno Ruess bestritt diese Einschätzung und will bei dem geplanten 1/6 im unteren Segment bleiben. So sei es beispielsweise extrem schwierig, in Dettingen 75-Quadratmeter-Wohnungen an Familien zu vermieten, weil die lieber in der Stadt wohnen wollten; er barmte regelrecht ob des Aufwandes, die Besichtigungen dort zu organisieren. Das scheint allerdings ein neues Phänomen zu sein, denn der Lagebericht konstatiert: „Zu keiner Zeit im Berichtszeitraum [2015] war ein durch Unvermietbarkeit entstandener Wohnungsleerstand zu verzeichnen. Dies gilt auch für das erste Quartal des laufenden Jahres 2016.“ Letztlich will Ruess das Handlungsprogramm Wohnen unverändert abarbeiten und wünscht sich für seine WOBAK vor allem freie Hand – was die Stadt braucht, wissen die Fachleute von der Wohnungsbaugesellschaft seiner Meinung nach am besten.
Jürgen Puchta (SPD) bezeichnete es als eine wichtige Aufgabe der Politik, der WOBAK die für den Wohnungsbau nötigen Grundstücke zur Verfügung zu stellen, wie dies Bruno Ruess besonders für den Geschosswohnungsbau im unteren und preisgedämpften Segment gefordert hatte. Man darf gespannt sein, was sich in dieser Hinsicht tut, denn zu den bisher schon 3000 wohnungssuchenden Haushalten werden recht bald noch zahlreiche Flüchtlingshaushalte hinzukommen, und damit ist ein weiterer Anstieg des Wohnungsmangels unausweichlich. Außerdem mahnte Anne Mühlhäußer (FGL) an, die WOBAK müsse neue Wohnformen für unbetreute Senioren und Mehrgenerationenmodelle bereitstellen und sich stärker im ökologischen Bauen engagieren.
Manchmal harzt es auch
Ruess berichtete auch von kleineren Problemen: So gibt es am Schmidtenbühl in Dettingen 24 Wohnungen mit Tiefgaragenplätzen, für die (auf Druck des Gemeinderates) 1,5 Tiefgaragen-Stellplätze pro Wohneinheit geschaffen wurden. Ein Teil dieser Stellplätze stehe jetzt leer, selbst ein Stellplatz pro Wohnung sei schon zu viel. Als überzeugter Vertreter der Autofahrer-Fraktion tröstete ihn aber der SPD-Gemeinde- und Dettinger Ortschaftsrat Alfred Reichle; man brauche nur ein wenig abzuwarten, dann würden die Stellplätze schon noch weggehen.
Perspektiven für die nächsten Jahre
Die WOBAK hat nach ihren Angaben ihren Wohnungsbestand in den letzten 10 Jahren um 10% erhöht. Trotz dieser Anstrengungen sieht sich das Unternehmen aber mit 3000 registrierten wohnungssuchenden Haushalten konfrontiert, unter denen sich 256 (teils von Obdachlosigkeit bedrohte) Härtefälle befinden.
Dass die Zahl der registrierten Wohnungssuchenden ebenso wie die der Härtefälle seit Jahren weiter steigt, macht den traditionell ziemlich einhelligen Jubel im Gemeinderat über die Jahresberichte der WOBAK ein wenig unverständlich. Sicher, die städtische Wohnungsbausgesellschaft scheint in allerbestem Zustand zu sein – wenn man in andere Städte schaut, erkennt man schnell, was man da alles falsch machen kann. Allerdings haben tausende KonstanzerInnen keinen Grund mitzujubeln: Sie sehen sich mit Horrormieten konfrontiert, und trotz aller Erfolgserlebnisse der WOBAK steigt die Zahl der Wohnungssuchenden seit Jahren stetig an. Dies ist allerdings nicht Schuld der WOBAK, sondern Schuld der Politik, die der städtischen Wohnungsbaugesellschaft letztlich ihre Ziele vorgibt und ihr auch (siehe die Zahl der TG-Stellplätze am Schmidtenbühl) sehr konkrete Aufgaben zuweisen kann.
Auch wenn die WOBAK die Mehrzahl der von ihr im Handlungsprogramm Wohnen bis 2030 geforderten 600 Wohnungen frühzeitig fertigstellt, ist das angesichts der Zahl der Suchenden nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Das wird kaum zu einem Rückgang der Mieten oder gar einer auch nur zu einer annähernden Sättigung des Marktes führen. (Das Handlungsprogramm Wohnen ist übrigens auf insgesamt 5.300 Wohnungen ausgelegt.)
Was dann? In den letzten Jahren hat der Gemeinderat interessiert zugeschaut, wie die Zahl der registrierten Suchenden von Jahr zu Jahr weiter gestiegen ist, ein trotziges „Weiter so!“ gerufen – und auf die Segnungen des Handlungsprogramms Wohnen bis 2030 gehofft. Die WOBAK schlüsselt zwar die Wünsche der bei ihr registrierten Wohnungssuchenden nicht auf, es ist aber naheliegend, dass es sich meist um Menschen auf der Suche nach niedrigpreisigen Mietwohnungen handelt. Also ist es geboten – auch mit dem Blick auf das Anschlusswohnen für Flüchtlinge – in diesem Bereich schnell zu Potte zu kommen, auch wenn dafür die Rahmenbedingungen des Handlungsprogramms Wohnen angepasst werden müssen. Schließlich können diese Betroffenen nicht auf ihre Villen im Tessin ausweichen, bis es in Konstanz endlich genügend Wohnraum gibt.
O. Pugliese, Foto: WOBAK
Nein, die WOBAK macht das schon richtig. Die sog. Konstanzer Bauträger bauen – auch bei uns im „Paradies“ nur hochpreisige Eigentumswohnungen, die sich keiner leisten kann. Das geht am Markt vorbei. .-(
Die WOBAK hat in 2015 für 8.180 Mio. Euro Bauplätze gekauft. Konstanzer Bauträger sind sauer weil die WOBAK den Markt leer kauft und ihnen die besten Bauplätze vor der Nase wegschnappt. Das mit dem Wegschnappen ist ja nicht weiter schlimm. Schlimm wird es nur wenn die WOBAK den engen Konstanzer Wohnungsmarkt dazu nutzen würde wieder Bauträgerprojekte aufzulegen anstatt ausschließlich Mietwohnungen zu bauen.