Krankenhaus-Bosse: „Wir brauchen keine Schlammschlacht“

Rainer Ott

Niko Zantl

„Es muss um Inhalte gehen“, forderte Personalrätin Keller auf Seemoz. Das haben sich, reichlich spät zwar, Rainer Ott und Niko Zantl, Klinikum-Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor, nun auch vorgenommen und antworten mit zwei Briefen vom 4. Mai – wir dokumentieren auch diese Stellungnahmen wie immer wortgetreu. Damit der Dialog, damit die Diskussion am Klinikum Konstanz voran kommt. Doch urteilen Sie selbst, ob mit diesen Stellungnahmen wieder ruhigere Zeiten im Krankenhaus anbrechen können…

Erklärung der Geschäftsführung: „Der Stil ist für uns nicht akzeptabel“

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

wie Sie sicher schon der Presse entnommen haben, hat der Gemeinderat der Stadt Konstanz, hier tagend in seiner Eigenschaft als Stiftungsrat der Spitalstiftung, als oberstes Entscheidungsgremium des Klinikums Konstanz beschlossen, sich von Herrn Prof. Dr. Gert Müller-Esch, dem Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin, zu trennen.

Die Gründe hierfür liegen in dem Ihnen bekannten ,,Offenen Brief“ vom 18.04.2011, dessen lnhalt und Stil für uns nicht akzeptabel sind. Da es sich um eine laufende Pers0nalangelegenheit handelt, können wir zu diesem Vorgang aus rechtlichen Gründen in der Öffentlichkeit nicht näher Stellung nehmen.

Uns ist bewusst, dass das Klinikum Konstanz sich – nicht zuletzt durch den ,,Offenen Brief“ – gerade in schwierigem Fahrwasser befindet. Uns ist auch bewusst, dass die umzusetzenden Einsparungen, die im übrigen vom Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde zwingend gefordert werden, nicht immer auf die ungeteilte Zustimmung der betroffenen Abteilungen stoßen werden. Eine Alternative hierzu gibt es allerdings nicht – jedenfalls dann nicht, wenn das Klinikum Konstanz weiterhin in öffentlicher Trägerschaft verbleiben soll. Dies ist nur möglich, wenn die Wirtschaftlichkeit des Betriebs sichergestellt ist und das bestehende Defizit abgebaut wird. Diesem Ziel sind Träger, Geschäftsführung und Krankenhausleitung gemeinschaftlich verpflichtet, und an diesem Ziel richten wir unser Handeln aus.

Wir bitten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um konstruktive Begleitung und Unterstützung auf diesem Weg, um die Zukunft des Klinikums Konstanz in kommunaler Trägerschaft dauerhaft zu sichern.

Die Entscheidung des Personalrats zum Rücktritt haben wir zur Kenntnis genommen. Wir danken dem Personalrat für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und bedauern, dass er sich in einer für das Klinikum schwierigen Zeit zu diesem Schritt entschlossen hat.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Ott, Geschäftsführer;   Niko Zantl, Ärztlicher Direktor

Stellungnahme zum ‚Offenen Brief‘: „Die Zukunft des Klinikums ist gefährdet“

Verehrte Leserin, verehrter Leser,

dieser Brief gibt die Meinung des Ärztlichen Direktoriums wider. Er ist darauf ausgerichtet, zu den inhaltlichen Punkten des „Offenen Briefes“ des Zentrums fur Innere Medizin Stellung zu nehmen und Sie über wichtige Punkte zu informieren.

Zur Form des offenen Briefes: Wir halten die Form des „Offenen Briefes“ des Zentrums für Innere Medizin fur die falsche Vorgehensweise. Hier kommt es zu persönlichen Anschuldigungen statt zu sachlicher Argumentation. Mit diesem Schreiben wollen wir Klärungen auf der Ebene der sachlichen Argumentation vornehmen.

Die Fakten zum Thema Transparenz: Der Offene Brief wirft den Führungspersonen der Klinik fehlende Transparenz, fehlende Verbindlichkeit, fehlende Integrationskraft und fehlende Glaubwürdigkeit vor.

Dazu seien folgende Punkte aus der aktuellen Arbeit der Krankenhausleitung genannt; in jeder Chefarztsitzung erfolgen Berichte über die Themen der Krankenhausleitungssitzungen durch die Ärztlichen Direktoren an die Chefärzte. Die Chefarztsitzungen sind gekennzeichnet durch eine offene und faire Diskussion. Das neue Ärztliche Direktorium hat regelmäßige Besprechungen der Oberärzte und Fachärzte mit dem Ärztlichen Direktorium ins Leben gerufen. Die erste Sitzung erfolgte am 18.4.2011. Es ist ein vierteljährlicher Turnus geplant. Das Ärztliche Direktorium hat weiterhin eine rege|mäßig geplante Informationsveranstaltung zwischen den niedergelassenen und den in der Klinik tätigen Ärzte ins Leben gerufen. Die erste Sitzung erfolgte am 06.4.2011. Es ist ein halbjährlicher Turnus geplant.

Der Geschäftsführer und der Ärztliche Direktor besuchen alternierend regelmäßig die Sitzungen des Personalrates. Um auch dem OP-Personal die Teilnahme an Personalversammlungen zu ermöglichen, wird in Rücksprache mit dem Personalrat wenigstens die Hälfte der Personalversammlungen um 16:00 Uhr begonnen (statt bisher um 14:00 Uhr, also zur Kernarbeitszeit des OP). Die Krankenhausleitungssitzungen haben einen konstruktiven Charakter und erbringen Resultate und deren Umsetzung. Es wurden regelmäßig geplante Klausurtagungen für Chefärzte und Verwaltungsspitze ins Leben gerufen. Die erste Sitzung fand am 1. und 2. April 2011 statt. Geplant ist ein halbjährlicher Turnus. Der Vorwurf der angeblich fehlenden Glaubwürdigkeit stützt sich auf ein einziges Projekt, dieses wird im Folgenden diskutiert.

Wir widersprechen der Behauptung, die Führungspersonen der Klinik ließen es an Transparenz, Verbindlichkeit, Integrationskraft und Glaubwürdigkeit mangeln.

Projekt: Interdisziplinäre Pneumologisch-Thoraxchirurgische Klinik im Rahmen des „Lungenzentrums Bodensee“: Die interdisziplinäre Pneumologisch-Thoraxchirurgische Klinik ist primär eine Initiative von Herrn Prof. Müller-Esch. Sie wurde von Herrn Prof. Müller-Esch mit Herrn Dr. Kiefer als Konsens im Rahmen dessen Einstellungen im November 2008 vereinbart. Bedingung für eine Pneumologisch-Thoraxchirurgische Klinik ist, dass ein Internist mit der Zusatzbezeichnung Pneumologie an der Klinik tätig ist.

Am Klinikum Konstanz gibt es keinen Internisten mit der Zusatzbezeichnung Pneumologie. 2008, 2009 und 2010 schlugen Versuche fehl, einen pneumologischen Oberarzt einzustellen oder in Kooperation mit dem Klinikum Friedrichshafen einen Pneumologen hier zu beschäftigen. In der Krankenhausausschusssitzung vom 14.12.2010 bestätigten Herr Dr. Kiefer und der damalige Ärztliche Direktor Herr Professor Müller-Esch die Absicht, eine Pneumologisch-Thoraxchirurgische Klinik zu etablieren. Am 22.2.2011 beurteilte die Krankenhausleitung einen Projektantrag von Herrn Dr. Kiefer mit dem Ziel, eine eigenständige interdisziplinäre Pneumologisch-Thoraxchirurgische Klinik zu etablieren, als wichtiges Projekt und beauftragte das Projektteam unter der Leitung von Herrn Dr. Kiefer mit der Prüfung, ob eine solche Klinik am Klinikum Konstanz wirtschaftlich und medizinisch umsetzbar sei.

Aufgrund des angespannten Verhältnisses zwischen Ärzten des Zentrums für Innere Medizin und Krankenhausleitung wurde das Projekt am 08.03.2011 bis auf weiteres eingestellt. Und da das Projekt eingestellt war, erfolgte folgerichtig keine Information der Ärzte des Zentrums für Innere Medizin.

Im Rahmen der Publikmachung des zentralen Projektmanagements am Klinikum Konstanz wurden Mitte März 2011 alle Projekte des Klinikums Konstanz im Intranet zur Erreichung einer Transparenz offen gelegt. In diesem Rahmen wurde versehentlich das Projekt „Lungenzentrum“ mit ins Intranet gestellt, obwohl es bis auf weiteres eingestellt war. Herr Prof. Müller-Esch hätte diesen Sachverhalt bei einer Rückfrage an die Geschäftsführung oder die Krankenhausleitung sofort erfahren. Information ist nicht nur eine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld.

Einbindung in die Kreislösung: Der offene Brief behauptet, die Innere Medizin sei in die Entwicklung des medizinischen Konzeptes für die Kreislösung nicht eingebunden. Auf politischer Ebene wurde durch die Lenkungsgruppe „Kreislösung“ die Projektgruppe „medizinisches Konzept“ gegründet. Die Projektgruppe „medizinisches Konzept“ besteht aus Geschäftsführer, Ärztlichem Direktor und einem stellvertretenden Ärztlichen Direktor aus Konstanz, Singen und Stockach. Um alle Disziplinen einzubinden, wurden Kleingruppen gebildet, in denen ausschließlich die Schwerpunktvertreter vertreten sind. So waren zum Beispiel in der Gruppe „Viszeralmedizin“ Herr Professor Müller-Esch, Herr Dr. Dix und Herr Dr. Hannemann vertreten. Die Ergebnisse dieser Kleingruppen werden in der Projektgruppe zusammengeführt. Diese Ergebnisse werden in den einzelnen Kliniken (Konstanz, Singen und Stockach) besprochen. Die Synthese eines Endergebnisses aus diesen Ergebnissen soll dann in der Projektgruppe erfolgen.

Zudem wurde vom 01. bis 02. April 2011 eine Klausurtagung abgehalten, in deren Rahmen das Grundgerüst für ein medizinisches Konzept unter allen Chefärzten und ausgewählten Vertretern der Verwaltungsspitze etabliert werden sollte. Diese Klausurtagung sollte insbesondere auch der Herstellung einer internen Geschlossenheit dienen, sie war daher mit einem externen Moderator geplant. Herr Prof. Müller-Esch sagte seine Teilnahme an dieser Klausurtagung ab. Das Zentrum für Innere Medizin am Klinikum Konstanz war von Anfang an schwerpunktmäßig in die Bildung des medizinischen Konzeptes eingebunden.

Gespräche und Gesprächsangebote: Zusätzlich haben die Mitglieder des Ärztlichen Direktoriums Herrn Prof. Müller-Esch und den nachgeordneten Ärzten aus dem ZIM wiederholte Gesprächsangebote gemacht. Herr Prof. Müller-Esch war zu Einzelgesprächen zur Klärung der generellen Situation der Zusammenarbeit am Klinikum nicht bereit. Es wurden aber mehrere Gespräche zu inhaltlichen Themen, insbesondere zur Besprechung des medizinischen Konzepts im Rahmen der Kreislösung geführt.

Aktuell sehen wir die Gefahr, dass auf dem Rücken des Klinikums politische Diskussionen und Debatten ausgetragen werden sollen. Dies gefährdet die Zukunft des Klinikums, aber auch das Verhältnis der Ärzte im Klinikum und im niedergelassenen Bereich, und jetzt auch noch das Verhältnis der Ärzte im niedergelassenen Bereich untereinander. Die Mitglieder des Ärztlichen Direktoriums haben stets den Grundsatz verfolgt, miteinander statt übereinander zu reden, und nach diesem Grundsatz auch entsprechend gehandelt.

Abschließend wollten wir betonen, was uns wichtig ist: Wir bekennen uns zu einer Zukunft des Klinikums Konstanz in kommunaler Trägerschaft im Rahmen einer „Kreislösung“. Dies setzt voraus, dass unser Haus wirtschaftlich auf gesunde Beine gestellt wird, um überhaupt eine Zukunftsperspektive in kommunaler Trägerschaft zu haben.

Das Letzte, was das Klinikum Konstanz in der derzeitigen Situation gebrauchen kann, ist eine Schlammschlacht und der Versuch einer Demontage von Geschäftsführung, Träger und Krankenhausleitung. Aus diesem Grund distanzieren wir uns in alter Klarheit vom „Offenen Brief“ des Zentrums für Innere Medizin.

Wir werden mit Geschäftsführung und Träger auch in Zukunft über medizinische Konzepte diskutieren und notfalls auch Meinungsverschiedenheiten austragen. Aber wir werden dies im Dialog und im Interesse des Klinikums Konstanz und nicht im Interesse des persönlichen Ehrgeizes einzelner Personen durchführen – intern statt öffentlich, sachbezogen statt mit einseitigen Schuldzuweisungen und zielorientiert statt konfliktverschärfend.

Wir bitten Sie, uns hierbei zu unterstützen, um für das Klinikum Konstanz eine Zukunft in kommunaler Trägerschaft zu ermöglichen. Wir können es uns nicht leisten, intern oder gar öffentlich zu streiten, sondern müssen und wollen die großen Aufgaben und Herausforderungen der Zukunft anpacken. Uns ist daran gelegen, auch weiterhin in enger Kooperation mit Ihnen zum Wohl unserer Patienten zusammenzuarbeiten.

Rainer Ott, Geschäftsführer;   Niko Zantl, Ärztlicher Direktor