Sommertheater: Widerspruch aus Überlingen

Eine womöglich unbedachte Äußerung von Kulturbürgermeister Osner während der letzten Sitzung des Kulturausschusses ruft Kritiker aus Überlingen auf den Plan: Oswald Burger (Foto), SPD-Stadtrat in Überlingen sowie Autor und Heimathistoriker, warnt in einem Brandbrief, den wir an dieser Stelle veröffentlichen, vor ungewollten Konsequenzen. Da scheint es allerhöchste Zeit für ein Spitzengespräch quer über den See.


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Osner,
sehr geehrte Mitglieder des Konstanzer Kulturausschusses,
mit Bestürzung habe ich im SÜDKURIER den Bericht von Michael Lünstroth über Ihre Pläne gelesen, das Sommertheater in Überlingen einzustellen.

Da ist von einer „kulturellen Wohltat auf der anderen Seeseite“ die Rede, und dass die Stadt Überlingen sich stärker beteiligen solle. „Es nur zu wollen, ohne dafür zu zahlen“, gehe nicht. Darf ich daran erinnern, dass die Einnahmen aus den meist ausverkauften Vorstellungen in Überlingen in voller Höhe nach Konstanz gehen, dazu kommt ein jährlicher Zuschuss in Höhe von 60 000 € der Stadt Überlingen und eine jährliche Spende des Sommertheaterfördervereins in Höhe von bis zu 12 000 €.

Schon in Meersburg seit 1985 und dann in Überlingen seit 2002 steht hinter dem Sommertheater ein Sommertheaterförderverein mit 300 Mitgliedern, die das Sommertheater durch einen allabendlichen Bardienst fördern, und die alle begeisterte Besucher und Propagandisten des Sommertheaters sind. Übrigens sind die Mitglieder des Sommertheaterfördervereins auch regelmäßige Besucher des Stadttheaters in Konstanz, allein 68 von ihnen haben ein festes Abonnement und fahren monatlich mit zwei Bussen nach Konstanz ins Theater, dazu kommt ein Bus der Volksbühne aus Überlingen. Umgekehrt begrüßen wir viele Besucher aus Konstanz in Überlingen, die mit der „Seegold“ der Firma Gieß gerne nach Überlingen ins Sommertheater kommen.

In früheren Jahren wurde von den beiden Stadtverwaltungen und den politisch Verantwortlichen die Notwendigkeit des Hin und Her zwischen Diesseits und Jenseits des See gesehen. Gerne kommen wir in Ihre kulturellen Institutionen, ins Stadttheater, zur Philharmonie und in Ihre Museen. Ich selbst bin dem Stadttheater Konstanz seit den frühen achtziger Jahren verbunden und organisiere seit 35 Jahren Theaterfahrten zu Ihnen hinüber.

Wir haben uns stets gefreut, einmal im Jahr unsere Konstanzer Schauspieler in Meersburg und dann in Überlingen für einen Monat im Sommertheater zu sehen. Die Sommertheater-Inszenierungen waren nicht notwendigerweise teure und technisch aufwändige Produktionen, sondern oft sogar interessante Experimente und Uraufführungen. Beide Räume, die alte Hämmerlefabrik und die ehemalige Kapuzinerkirche, hatten und haben einen eigenen Charme und verlangen keine perfekte Bühne, sondern konnten und können eine eigene Atmosphäre erzeugen. Im Gegenzug kamen und kommen wir gerne im Herbst, Winter und Frühling nach Konstanz ins Theater. Über Jahrzehnte haben wir über Inszenierungen und Schauspieler debattiert, uns mit gewagten und heiteren Produktionen beschäftigt und eine Bindung über den See geschaffen.

Jetzt wird nur über Personal, Geld, schlechte Technik und Zuschüsse gesprochen. Bei uns im Gemeinderat stehen alle Freiwilligkeitsleistungen auf dem Prüfstand. In der Gemeinderatssitzung vom 6. Juli 2016 wird auch über den Zuschuss an die Stadt Konstanz zum Sommertheater abgestimmt. Ich verrate sicher kein Geheimnis, wenn ich vorhersage, dass es da nicht darum geht, sich „stärker an den Kosten zu beteiligen“, sondern dass die gesamte Streichung des Zuschusses droht. Der Bericht über Ihre Kulturausschusssitzung wird diejenigen bestärken, die den Zuschuss einsparen wollen. Ich befürchte, dass Sie sich danach nicht mehr mit der Causa beschäftigen müssen.

Mit deprimierten Grüßen nach Übersee von
Oswald Burger

(Gemeinderat und stellv. Oberbürgermeister in Überlingen und stellv. Vorsitzender des Sommertheatervereins)