Ehemaliger Südkurier-Redakteur spricht Klartext
Ein langjähriger Ex-Südkurier-Redakteur in Führungsfunktion schaltet sich nun in die Debatte ein und stärkt Michael Lünstroth den Rücken. Seiner Auffassung nach ist der „Kuschel-Journalismus aus wirtschaftlichen Gründen“ im Medienhaus Südkurier seit Jahren schon festes Programm. Sein aktueller Kommentar zum Thema.
„Mir wurde selber eine korrekt ausrecherierte und fertig geschriebene Geschichte über den Konflikt zwischen zwei Möbelhäusern in Bad Säckingen abgelehnt mit dem dezenten Hinweis, beide seien gute Anzeigenkunden (Beck und Dick). Ich kenne den Kollegen Lünstroth von früher als sehr engagierten und fähigen jungen Kollegen. Die Denke des Medienhauses – und das betrifft bei Gott nicht nur den Südkurier – hat bei den Regionalzeitungen zu einem Verlust des wichtigsten Kapitals geführt: der Glaubwürdigkeit, die auf dem Altar des verzweifelten Versuchs geopfert wird, angesichts sinkender Abo-Zahlen und Anzeigenumsätze die Kohle zu retten.
Ich würde nie das Wort Lügenpresse unterstützen und lehne es ab. Aber die Menschen/Leser spüren einfach, dass die Darstellungen der Regionalzeitungen häufig geschönt sind, um des Umsatzes willen. Bitte nur nirgends anecken. Auch heute wieder schönes Wetter. Da ich eine freie und vor allem kritische Presse nach wie vor für eine der tragenden Säulen unserer Freiheitlich-demokratischen Grundordnung halte, stelle ich mir die Frage: Wie wirkt sich das Beispiel Michael Lünstroths auf die anderen Kollegen beim Südkurier aus? Ihren Mut wird es nicht stärken angesichts einer feigen Chefredaktion – die ihrerseits verlagsintern eigentlich unabhängig zu sein hat. Und einen Journalisten wie Michael Lünstroth am Schreibtisch festnageln? Das ist der Umgang mit seinem Arbeitsvertrag nach Gutsherrenart“.
Jürgen Wellisch
Anm. d. Red.: Jürgen Wellisch war ab 1989 Leiter der Bad Säckinger Südkurier-Redaktion. Ab 2004 hatte er die Gesamtverantwortung für die Südkurier-Ausgaben am Hochrhein.
Kuschel-Journalismus trifft´s – obwohl die Geschichte Lünstroth ebenso wie jene von Herrn Nix inzwischen weite Kreise zieht und ein offenes Geheinmis ist, kein Wort, keine Erklärung, keine Debatte, Richtigstellung oder sonst ein Pieps im SK. Stattdessen seit Wochen ein Lokalteil, das wichtigste für viele LeserInnen, welches an Banalitäten nicht zu toppen ist. Wie sieht´s eigentlich aus mit den sicherlich vielen Leserbriefen zu diesem Thema, werden die alle zurückgehalten?
im Zusammenhang mit der HBH-Affäre ab 2009 schrieb Herr Wellisch damals einen äußerst kritischen Kommentar zum Sachverhalt im Südkurier, indem er, nach meiner Erinnerung, den damaligen Landrat desLandkreises Waldshut, Herrn Tilmann Bollacher, quasi aufforderte, dessen Andeutung, die Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen wegen Veruntreuung von mindestens 5 Millionen Euro seitens der damaligen Verantwortlichen bei der HBH, insbesondereAufsichtsrat (AR-Vorsitzender war damals der frühere OB von Singen, OliverEhret) und Gesellschafterversammlung, in die Tat umzusetzen. Zum Sachverhalt siehe z.B. die beiden Artikel: „Landrat Bollacher öffnet Akten“, Südkurier vom 10.6.2011 http://www.suedkurier.de/region/hochrhein/bad-saeckingen/Landrat-Bollacher-oeffnet-Akten;art372588,4937283 und „HBH: Gelder anderweitig verwendet“. Badische Zeitung vom 12.10.2012 http://www.badische-zeitung.de/bad-saeckingen/hbh-gelder-anderweitig-verwendet–64524700.html.
Nach seinem kritischen Kommentar von damals konnte man von Herrn Wellisch nichts mehr lesen und ich glaube, dass der damalige Landrat von Waldshut-Tiengen hier seine Hand im Spiel hatte; übrigens genauso wie Herr Braun vom Südkurier in Singen, der die Sache dort sehr ausführlich aufarbeitete, auf einmal in der Senke verschwand, nicht mehr über den HBH-Fall berichtete, und erst lange Zeit danach wiederauftauchte.
Auch die Staatsanwaltschaft in Konstanz, die den Fall „Veruntreuung von Zuschüssen aus dem Landkreis-Vermögen“ bearbeitete, stellte das Verfahren mit geradezuabwegigen Erklärungen schließlich ein und liess sich auch nicht darauf ein, zu untersuchen, wie in der HBH-Geschichte insgesamt Gelder veruntreut wurden, die in der Höhe durchaus an die 30 – 40 Mio. Euro herankommen, was jetzt bei derGVV-Geschichte in Singen anfällt.