Das MAC in Singen und die Stadt-Finanzen

seemoz-MAC SingenNun hat es also doch geklappt: Mit 18 Ja- und 10 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung bewilligte Singens Gemeinderat einen Kulturzuschuss für das Museum Art und Cars (MAC) ab 2017. Details und Höhe werden noch verhandelt werden. Noch im Vorjahr war der entsprechende Antrag der Museumsbetreiber Gabriela Unbehaun-Maier und Hermann Maier abgelehnt worden.

Und mehr noch: Den Bau eines zweiten MAC-Museums wird die Stadt mit der Übernahme der Kosten für den öffentlichen Raum von ca. 380.000 € unterstützen. Dafür votierten 25 RätInnen, nur vier entschieden sich dagegen.

Die Vorgeschichte

Ursprünglicher kultureller Auftrag des Gemeinderates in den Jahren 2007/2008 war es, „ein zugängliches Depot für die Kunstwerke der Südwestdeutschen Kunststiftung sowie von Oldtimern“ – mit der Möglichkeit für gelegentliche Ausstellungen – zu schaffen. 2009 wurde daher vom Ehepaar Maier und der Stadt Singen die Südwestdeutsche Kunststiftung gegründet. Zweck der Stiftung ist laut Satzung u.a. „Erstellung und Unterhaltung eines Gebäudes, in dem Kunst und Design des 20. Jahrhunderts fachgerecht aufbewahrt, gepflegt und präsentiert wird, um durch Ausstellung von automobilem Kulturgut den Zugang zur bildenden Kunst für eine breitere Gruppe der Bevölkerung zu fördern.“

Den Bau des architektonisch extravaganten (ob’s gefällt, ist Geschmacksache) Museumsgebäudes finanzierten die Kunstmäzene und Oldtimer-Sammler Gabriela und Hermann Maier, die ihr Geld vornehmlich im Immobiliengeschäft verdienen, aus eigener Tasche. Die Stadt brachte u.a. das Grundstück im Wert von rund 330 000 € in die Stiftung ein.

2013 öffnete das MAC schließlich seine Pforten, mit der zusätzlich eingerichteten Museumsgastronomie: Café/Bistro/Vinothek. Bis heute gab es vier große (Oldtimer)-Ausstellungen und verschiedene kleinere mit insgesamt rd. 60 000 BesucherInnen – eine Erfolgsgeschichte, lobt sich das Ehepaar Maier und schiebt nach, dass sie diese Ausstellungen mit eigenen Zuschüssen von mehreren 100 000 € erst ermöglicht hätten.

Und weil der Erfolg so groß sei, sei auch der Aufwand für den Museumsbetrieb gestiegen und könne nicht mehr durch die Eintrittsgelder gedeckt werden. (Welchen Anteil an den Betriebskosten die Museumsgastronomie hat, geht aus dem Beschlussvorschlag nicht hervor – alle Zahlen sind nicht öffentlich!). Also klopften die Kulturstifter schon bald bei der Stadt an, um einen jährlichen Kulturzuschuss von 60 000 € einzufordern, wie ihn auch andere freie Kulturträger erhalten würden. Und dies, obwohl vor Projektbeginn zugesichert wurde, dass für den Betrieb des (ersten) MAC keine öffentlichen Mittel beansprucht werden würden.

Die Debatte

Harsche Kritik an diesem Verlangen kam vom Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Eberhard Röhm: Er sieht das Grundvertrauen beschädigt, weil ohne Not einstige Zusagen nicht mehr gelten sollten. Dass Geld wegen zu großen Erfolgs benötigt werde, sei wohl eine einmalige Begründung. Das Projekt MAC sei das Projekt der Familie Maier. Und der fehle es nicht an Geld.

Dass der umstrittene Kulturzuschuss nun doch gewährt wird – dafür sorgten auch mehrere RätInnen der Sozialdemokraten, die wohl, wenn es um vermeintliche Prestige-Projekte geht, nur zu gerne auch mit dabei sein möchten. Grüne, Freie Wähler und auch FDP votierten dagegen. Die CDU war nicht nur geschlossen dafür, deren Fraktionsvorsitzende Veronika Netzhammer hatte die Debatte gleich mit einem belehrenden Grundsatzreferat eröffnet: Über Museen im Allgemeinen, die Bedeutung des Autos für Singen im Besonderen, für Baden-Württemberg als Land der Erfinder des Automobils, für Deutschland als führender Technologie-Standort usw. … usw. …

Selbstverständlich hat sie aber die „preiswerten“ Methoden der Automobilindustrie zur Vertuschung der durch ihre mangelhafte Technik bewusst in Kauf genommenen Gesundheitsschädigung von vielen Millionen Menschen nicht erwähnt. Dafür hat sie jedoch sehr weitsichtig die einmaligen Chancen für Singen erkannt, mit dem neuen, erweiterten Museumskonzept Weltgeltung im Bereich automobiler Kultur erlangen zu können und ein Loblied auf das „bürgerschaftliche Engagement“ der Stifterfamilie gesungen, die mit dem MAC wesentlich dazu beigetragen habe, Singen als „dynamische und aufgeschlossene Kunst- und Kulturstadt mit überregionalem Ruf“ zu präsentieren. Deshalb müsse diese museale Erfolgsgeschichte unbedingt fortgesetzt werden und deshalb stimme ihre Fraktion geschlossen auch dem gesamten neuen und erweiterten Museumskonzept der Stifterfamilie zu.

Und so soll dieses Konzept aussehen: Weil das MAC so erfolgreich sei und der Wunsch, alte Autos anzuschauen so groß, fasste das Stifterpaar den Entschluss, ein zweites MAC zu errichten. Größer, höher und architektonisch spektakulärer als das erste – laut Visualisierung ein etwa 27 Meter hoher, mehrgeschossiger Beton-Monolith, eine „Trutzburg“ unter dem Hohentwiel. Beherbergen solle das MAC II die eigene Oldtimer-Sammlung und wechselnde Automobil- und Technikausstellungen.

Das MAC I hingegen soll dafür künftig der Südwestdeutschen Kunststiftung und dem gastronomischen Betrieb vorbehalten bleiben. Ermöglicht werde dies mit einer zweiten Stiftung, der privaten „Gabriela und Hermann-Maier“ Stiftung (ohne Beteiligung der Stadt Singen). Zweck dieser „gemeinnützigen und mildtätigen“ Stiftung ist neben der „Förderung automobilen Kulturgutes“ auch die „Förderung der Südwestdeutschen Kunststiftung“. Dafür plant das Stifterehepaar Immobilien aus dem eigenen Privatbesitz einzubringen und mit deren Mieterträgen die Kosten für den „Betrieb des MAC II und die Unterstützung von MAC I langfristig und nachhaltig“ zu decken.

Dazu äußerten die Freien Wähler ihre klare Absage: Der Stiftungswille der Stifter sei nicht unwiderruflich und das Einbringen der Immobilien, deren Wert gar nicht bekannt sei, sei nichts weiter als eine Absichtserklärung, so Michael Burzinski. Doch diese bloße Absichtserklärung genügte offensichtlich einer großen Ratsmehrheit (25 Ja- und 4-Nein-Stimmen).

Und dieselbe Mehrheit stimmte auch der Aufstellung des Bebauungsplans „Parkstraße“ zu: MAC I, die private Villa der Maiers und das künftige MAC II werden als Sondergebiet „Kunst und Kultur“ ausgewiesen. Die 380 000 € städtische Unterstützung sind für den Ausbau der Parkstraße, Erschließungskosten sowie die Errichtung einer Pollerabschrankung (auch diese wurde vom Ehepaar Maier schon mehrfach gefordert) vorgesehen. Für Fußgänger und Radfahrer soll die Straße entlang der Aach frei zugänglich bleiben.

Und die Moral von der Geschicht‘ …

In der Parkstraße (beim Monopoly die teuerste Straße nach der Schloss-Allee) entlang der Aach wohnt das Glück: Hier bekommen reiche Leute Geld von einer Stadt geschenkt, die nicht viel Geld hat. Geld, das für andere Vorhaben dann ganz einfach fehlen wird. Mittels einer privaten Stiftung können die Stifter steuerbegünstigt „Trutzburgen“ bauen, darin ihre eigenen Oldtimer sowie Stil-Ikonen der Schönen und Reichen des vergangenen Jahrhunderts zeigen. GemeinderätInnen loben dies als uneigennütziges, bürgerschaftliches Engagement und schwärmen von der kulturellen Strahlkraft Singens hinaus in die weite Welt. Wer von dieser Strahlkraft nicht profitieren kann, hat eben etwas falsch gemacht. Verlierer muss es ja schließlich auch geben …

Dass Singen durchaus Kunst und Kultur zu bieten hat, sei hier nicht in Abrede gestellt. Auch gegen städtische Förderung von freien Kulturträgern ist im Grunde nichts einzuwenden. Es fragt sich aber, ob die Zurschaustellung alter Nobelkarossen als Kulturgut – auch wenn sich hier nur die Tradition früherer „Herrschaften“ fortsetzt, deren Prunkkutschen und -schlitten vergangener Jahrhunderte man auch in Museen bewundern kann – tatsächlich auch dann eine öffentliche Förderung benötigt, wenn deren Eigentümer wirklich nicht an Geldmangel leiden und ohnehin schon von vielen Steuerbegünstigungen profitieren.

Weshalb die FDP dem Kulturzuschuss nicht zustimmte, erklärte im Nachhinein Christine Waibel: Sie wolle nicht einzeln Gelder verteilt wissen, sondern eine generelle Kulturdebatte führen. Auch gegen diesen Vorschlag ist nichts einzuwenden. Was die FDP dabei konkret erreichen möchte, ließ sie aber offen …

Dieter Heise