Letzter Ausweg: Einigungsstelle

Neuer Streit beim ‚Südkurier‘: Die Verhandlungen zu einer Vergütungsordnung wurden vom Betriebsrat abgebrochen. Jetzt soll eine Einigungsstelle die Lösung bringen. Doch die Fronten sind verhärtet – der Betriebsrat ist sauer, Geschäftsführer Wiesner spielt auf Zeit und die Beschäftigten werden unter Druck gesetzt. Fest steht nur: Die kommenden 14 Tage werden schwer für alle beim ‚Südkurier‘.

Am 31. Mai und 1. Juni soll die Einigungsstelle den Durchbruch bringen. Das ist – so schreibt es das Betriebsverfassungsgesetz vor – eine mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern paritätisch besetzte Kommission unter Vorsitz eines neutralen Schlichters, zumeist ist das ein einvernehmlich benannter Arbeitsrichter; zusätzlich nehmen die Anwälte beider Seiten an den Verhandlungen teil. Der Spruch der Einigungsstelle ist bindend, denn es handelt sich in diesem Fall einer Vergütungsordnung um eine mitbestimmungspflichtige Frage.

Gutsherrenart der Geschäftsleitung

Nötig wurde die Einigungsstelle, so der Betriebsrat (BR) in einem Schreiben an die Belegschaft vom 16. Mai, weil der Betriebsrat in den betriebsinternen Verhandlungen „nicht zu den Bedingungen des von den Vertretern der Geschäftsführung eröffneten Angebots“ weiter verhandeln mochte. Im Klartext: Die Geschäftsleitung (GL) will die Grundsätze für Gehälter und Löhne nach Gutsherrenart bestimmen – der Betriebsrat spielt da nicht mit.

Der Streit dauert schon Monate. Nachdem die GL aus dem Arbeitgeberverband und damit aus der Tarifbindung ausgestiegen war (seemoz berichtete mehrfach), musste eine Regelung über die Bezahlungsgrundsätze her. Die Angebote der Gewerkschaft ver.di, über einen Haustarif zu verhandeln, beantwortet Rainer Wiesner, verantwortlicher Geschäftsführer beim Südkurier, seitdem nur hinhaltend. Stattdessen forderte er den BR auf, über eine „Vergütungsordnung“ zu verhandeln. Diese, eigentlich nur im Öffentlichen Dienst gebrauchte Regelung soll die Struktur von Lohngruppen festlegen, wenn kein Tarifvertrag vorliegt. Diese Verhandlungen zwischen BR und GL sind jetzt gescheitert – die Einigungsstelle ist der letzte Ausweg.

Gleichzeitig kritisiert der Betriebsrat in seinem Schreiben an die Belegschaft, dass „trotz einer vereinbarten Friedenspflicht bis zum 17. Mai“ einzelne Vorgesetzte ihre Mitarbeiter zu Änderungsverträgen drängen, in denen offensichtlich eine schlechtere Bezahlung vorgeschrieben werden soll. „Wir finden es sehr bedenklich, dass sich Vorgesetzte nicht an Abmachungen halten, die wir in langen Gesprächen und Verhandlungen getroffen haben. Wozu dienen dann solche Gespräche und Vereinbarungen?“ fragt der Betriebsrat in seinem Schreiben. Nach Ablauf der „Friedenspflicht“ zum 17.5. muss wohl befürchtet werden, dass solche Einzelgespräche mit Mitarbeitern verstärkt erzwungen werden.

Kein Keil zwischen Betriebsrat und Gewerkschaften

Auch die GL-Politik gegenüber den Gewerkschaften (neben der Journalisten-Union in ver.di ist auch der Deutsche Journalisten-Verband beteiligt) rügt der Betriebsrat: Mit Hinweis auf die laufenden Verhandlungen mit dem BR versuche Geschäftsführer Wiesner den Eindruck zu erwecken, „dass der Betriebsrat keine Tarifverhandlungen wünscht. Dabei unterstützt der BR die Bestrebungen der Gewerkschaften nach einem Anerkennungs- beziehungsweise Haustarifvertrag die ganze Zeit“. Deutlich also wehrt sich der BR gegen Versuche, einen Keil zwischen Arbeitnehmer-Vertretung und Gewerkschaften zu treiben.

Sicher ist: Bis zum Spruch der Einigungsstelle frühestens am 1. Juni brechen harte Zeiten an für die Beschäftigten beim Südkurier. Vorgesetzte werden in vorauseilendem Gehorsam ihre Untergebenen zu neuen Arbeitsverträgen mit dann schlechterer Bezahlung überreden wollen, die Geschäftsleitung wird ihre Spalterpolitik fortsetzen und der Betriebsrat muss solche Angriffe auf die Rechte der Belegschaft abwehren. Für Zoff also ist gesorgt.

Autor: Hans-Peter Koch

(Arbeitsaufwand für diesen Beitrag: 4 Stunden)

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