Wider das Vergessen – Aktion am Chérisy-Schandmal

seemoz-cherisy-teaserWas haben die Ludwig-Büchler-Passage (vormals und neuerdings wieder: Franz-Knapp-Passage) und das Chérisy-Soldaten-Schandmal gemein? Beide Relikte mit Nazi-Nähe sollten, so die Konstanzer Stadtverwaltung, entschärft werden – durch eine Umbenennung die Passage, mit einer Gedenktafel der Steinsoldat. Doch die Verwaltung hielt beide Male nicht Wort. Darauf machte die Friedensinitiative Konstanz mit einer Aktion am letzten Wochenende aufmerksam.

Die Plane ist inhaltsgleich, aber kleiner als 2014, als dem Chérisy-Soldaten schon einmal ein Beinkleid verpasst wurde, das den kriegsverherrlichenden Charakter dieses Kriegerdenkmals entlarvt. Doch die damals entfachte Diskussion versandete nahezu ergebnislos (seemoz berichtete), sodass die Konstanzer Friedensinitiative die Kunstgruppe „Freie Konst“ bat, die Aktion am letzten Samstag – rechtzeitig vor dem Antikriegstag am 1. September – zu wiederholen. Und so prangt erneut eine Plane an dem hässlichen Standbild, das einen Kriegsversehrten zeigt und mit dem Slogan „Propaganda-Realität“ die Geschmacklosigkeit solcher Heldenverehrung plakatiert.

Jahrzehnte der Auseinandersetzung

Bereits in den späten 40iger Jahren des vorigen Jahrhunderts, wenige Jahre nach Kriegsende, gab es erste Bestrebungen, dieses Schandmal aus dem Jahr 1934 zu beseitigen, dann, in den 60iger Jahren, war ernsthaft von Sprengung die Rede, dann, vor 20 Jahren, kam die Idee eines Gegen-Denkmals auf; in der aktuellen Diskussion, die von der Friedensinitiative mit der Verhüllung dieses gruseligen Monuments 2014 erneut losgetreten wurde, ist vonseiten des Gemeinderates nur noch von einer erläuternden Gedenktafel die Rede.

Doch selbst dieser faule Kompromiss droht in den Windungen des Konstanzer Kulturausschusses zu versanden. Ein erster, allzu argloser Formulierungsversuch wurde verworfen, ein zweiter zwar versprochen (über ein Jahr ist das nun her), aber bis heute nicht geliefert.

Wider das Vergessen

Und deshalb startete die Friedensinitiative Konstanz am letzten Samstag einen neuerlichen Anlauf, ein wenig Geschichtsbewusstsein in die bürgerlichen Betonköpfe zu bringen, gerade hier in der Bodensee-Region, einer der Hochburgen der deutschen Rüstungsindustrie. Erneut soll eine Plane am Schandmal an Tod und Leid, an Verbrechen und Verlust erinnern, die uns die Kriege bringen. In einer kurzen Aktion, die in Maik Schluroffs Aufführung „Die große Verfluchung“ (Foto) gipfelte, wollten die Friedensfreunde unsere VolksvertreterInnen ermahnen, nicht allzu gedankenlos mit der Vergangenheit und nicht allzu verantwortungslos mit der Gegenwart umzugehen. „Wenigstens eine Tafel mit einer geschichtsbewußten Erläuterung muss her. Und zwar zügig.“ Allein – von den Volksvertretern, den Konstanzer StadträtInnen, ließ sich niemand blicken.

Aber wollen wir wetten, dass schon in wenigen Tagen ein übereifriger Bediensteter diese harmlose Demonstrationsplane wieder entfernt hat?

hpk (Fotos: Ingrid Maurer)

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