Wenn Nese mampft
Wer Wasser predigt, sollte bekanntlich keinen Wein trinken. Die grüne Landtagsabgeordnete Nese Erikli aus Konstanz hat da, um es in ihren eigenen Worten zu sagen, wieder „den Vogel abgeschossen“. Naja, diesmal war es eher der Fisch. Es ist Sommerpause im baden-württembergischen Landtag und um das politische Sommerloch irgendwie zu stopfen, bemüht sich die Grüne redlich, in den sozialen Medien nicht an Aufmerksamkeit zu verlieren.
Schon während der aktiven Phase im Landtag strotzten ihre Facebook- und Twitterauftritte nicht sonderlich von politischen Inhalten. Anstatt über ihre eigene Tätigkeit und Aktivitäten in Ausschüssen zu berichten, ergeht sich die Abgeordnete vornehmlich im Rumgehacke auf die AfD, mit der sie bis vor einem halben Jahr selbst nicht öffentlich konfrontiert werden wollte, oder gibt ihren Senf zu bundespolitischen Themen wie dem deutsch-türkischen Verhältnis oder der politischen Situation Österreichs ab. Im Landtag muss es echt langweilig zugehen.
Urlaubsgrüße aus Malta
Durch die Sommerpause scheinen Inhalte zur Landespolitik fast völlig von der PR-Agenda der Nese Erikli gestrichen worden zu sein. Nun stehen die zunehmenden Beschwerlichkeiten der Schwangerschaft und ihr vermutlich letzter Urlaub in trauter Zweisamkeit im Mittelpunkt. Vor allem von Letzterem wußte die Abgeordnete auf ihrem offiziellen Twitter-Account so einiges zu berichten. Allein mehr als zehn Posts binnen der letzten zwei Wochen über das Urlaubsziel Malta, das Wetter, das Meer und vor allem das Essen. Unter dem Hashtag „Nesemampft“ lässt die Abgeordnete die Öffentlichkeit an ihren Essensgewohnheiten teilhaben. Gibt es etwa einen neuen Trend, den Politiker zu wählen, der das gleiche Leibgericht hat wie man selbst?
Und dann dieser Fisch
Aber noch weniger Sympathiepunkte erntet Nese Erikli mit dem Foto eines zubereiteten Fisches mit dem Hashtag „RedSnapper“ und unter der Überschrift „Und jetzt noch einen Fisch zum Abschluss“. Mehr als 200 Arten des Fischs aus der Familie der Lutjanidae gibt es auf der Welt. Im Mittelmeer, in dem Malta liegt, ist der Fisch allerdings nicht heimisch. Er zählt zu den eher raren, exotischen Fischarten, die hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gewässern vorkommen. Verschiedene Organisationen wie WWF, Greenpeace oder Stiftung Warentest weisen auf die Problematik des Konsums dieses Fisches hin. Der malaysische WWF lehnt den Verzehr zwar nicht vollständig ab, hält ihn aber für äußerst fragwürdig. Die Zentrale des WWF betont die hohe Gefahr für den Roten Schnapper, durch Überfischung auszusterben.
Diese Fische würden erst spät geschlechtsreif, oft aber bereits noch sehr jung aus dem Ozean gefischt, was zu einer schrumpfenden Population führe. Viele Bestände seien bereits überfischt. Darüber hinaus führe das schlechte Fischerei-Management bei diesen exotischen Fischen unter anderem zur Zerstörung von Korallenriffen. Greenpeace geht sogar noch etwas weiter und bittet die Menschen, ihre Finger von diesen Tieren zu lassen, da der Konsum alles andere als nachhaltig sei.
Ein schlechter Fang
Alles in allem also kein guter Fang, den Frau Erikli da gemacht hat. Besonders von einer Grünen sollte der nachhaltige Umgang mit Lebensmitteln doch mindestens zu erwarten seinvor allem, wenn damit auch noch die Intaktheit der Weltmeere abhängt.
Zeigt uns das, dass der frisch gebackenen Abgeordneten, wie die Schlammschlacht mit Siegfried Lehmann und ihre Verehrung von Winfried Kretschmann schon erahnen ließ, der Rummel um ihre eigene Person doch wichtiger ist als die Umsetzung grüner Ziele? Eines steht fest: Einen Gefallen hat sich Erikli mit diesem Urlaubsgezwitscher nicht getan. Wenn man schon so stark PR betreibt, sollte man sich zumindest damit kein Eigentor schießen.
Carla Farré
@Ralph J. Schiel
Sie scheinen vergessen zu haben, daß Nese Erikli es war, die ihr Fischgericht der Öffentlichkeit servierte – und daß außer ihren persönlichen sensationellen Befindlichkeiten und Umständen bisher kaum was von ihrer politischen Arbeit publik wurde. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, daß sie sich beispielsweise von Geheimabsprachen mit der CDU distanziert, ein Alleinstellungskennzeichen in Finanz-, Umwelt- oder Sozialpolitik erobert oder eine richtungsweisende Haltung zu Stuttgart 21 eingenommen hätte.
Der von Ihnen angeführte Peter Friedrich hat dafür Prügel bezogen, als Mai-Referent des DGB zu fungieren. Kritisiert wurde vor allem seine Stellung zur „Agenda 2010“, über deren Folgen ausgerechnet die SPD lauthals lamentiert, seit ihr die Wähler davonlaufen. Auch der DGB hat für diese parteipolitische Maßnahme zu Recht Kritik einstecken müssen.
Es ist unschwer zu erkennen, daß hinter der Kritik an diesen Personen sich Kritik an den Inhalten manifestiert, für die sie stehen. Wenn sich Parteien das Etikett „sozial“ oder „ökologisch“ anmaßen, müssen sie sich auch danach beurteilen lassen. Um mehr gehts nicht. Erikli kann fast sich ernähren, wie sie will, solange sie nicht an selbst gezogene Grenzen stößt und vor allen Dingen ihre Arbeit erledigt.
Sie schreiben: „Ich bin mir sicher, dass alle schweigenden und schreibenden Reintreter sich rein vegan, regional und biodynamisch ernähren und an guten Tagen über dies noch lange Haare und Löcher in den Händen haben.“
Was wollen Sie damit ausdrücken? Daß die Kritiker der Ernährungs-Elche früher selber welche waren? Daß Sie nichts gegen lange Haare haben, aber gepflegt und somit gestutzt müssen sie sein? Zudem, was zum Henker, meinen Sie mit „Löcher in den Händen“?
Sie appellieren „Ein bisschen mehr Empathie, Wertschätzung, Gemeinwohlorientierung und Achtsamkeit täte uns allen (auch mir) insbesondere in politisch untermalten Diskussionen oft gut.“
Lassen Sie mich zurück-appellieren: Zuerst die Bedürfnisse der Menschen in Betracht zu ziehen. Menschen, die durch unvernünftige Umwelt-, Wohnungs- und Sozialpolitik zu den Verlierern dieses marktorientierten Systems mit hohler „demokratischer“ Fassade gemacht werden. Das wäre die richtige Adresse für Empathie, Wertschätzung, Gemeinwohlorientierung und Achtsamkeit.
Schade, dass auch in diesem Medium immer wieder zu sehen ist, wie sich Leute ermuntert fühlen, gerade in dem Augenblick noch mal kräftig (in diesem Falle verbal) in jemand rein zu treten, wenn dieser vermeindlich schon mit einem (in diesem Falle unsauberen) Schwinger in die Seile geschickt wurde. Davon können u.a. Peter Friedrich, Zahide Sarikas u.v.a. auch ein Medienlied singen.
Ich bin mir sicher, dass alle schweigenden und schreibenden Reintreter sich rein vegan, regional und biodynamisch ernähren und an guten Tagen über dies noch lange Haare und Löcher in den Händen haben.
Ich schätze die Arbeit Landtagsabgeordneter zahlreicher politischer Couleur sehr – so auch die von Nese Erikli. Ich bin an vielen Stellen dankbar, dass dies gut und verantwortungsvoll gemacht wird, ebenso aber auch konstruktiv kritisch, wenn ich nach meinem subjektiven Empfinden meine, dass da Mist gebaut wird.
Ein bisschen mehr Empathie, Wertschätzung, Gemeinwohlorientierung und Achtsamkeit täte uns allen (auch mir) insbesondere in politisch untermalten Diskussionen oft gut. Drauf hauen scheint immer salonfähiger zu werden als zur Seite stehen. Das zeigt sich in U-Bahnhöfen, bei Demonstrationen, an Unfallorten und Internetforen leider als Abbild unserer Gesellschaft leider immer deutlicher.
Fische Essen empfinde ich – insbesondere wenn es ohne aktiv gewollt niederträchtigen Vorsatz getätigt wurde – als einen eher kleineren und dem Post-Sommerlochschen Pressekater zuzuordnenden Sachverhalt.
Der geneigte Social Media Hobby Surfer kann hierbei überdies nach eigenem intellektuellem Vermögen darin unterscheiden, ob es sich um ein eher privates oder ein eher politisch geprägtes Facbook-Profil handelt, das man sich da oft mit großem Zeitaufwand verbunden anschaut. Und dann kann man immer noch entscheiden, ob einem der Fisch oder vieles andere von eigener Wichtigkeit und Mitteilungsbedürfnis erscheinen mag.
Mit ungern im trüben fischenden Grüßen
Ralph J. Schiel
Mich erinnert dieses Haltung ein Stück weit an den Vorgänger von Nese Erikli: Auch der „Grüne“ Siegfried Lehmann war nicht bekannt dafür, allzu oft etwas von sich hören zu lassen. Viele fragten sich zum Abschluss der Legislatur, wer Lehmann eigentlich sei. Kaum jemand hatte ihn vor Ort gesehen, nicht am Puls der Zeit, bei den Bürgern direkt oder in den Medien, seine Erfolge verkaufte er so gut wie gar nicht.
Man muss es ja nicht gleich übertreiben wie einst ein Andreas Hoffmann, der doch mehr zu sagen hatte, als man manchmal wissen wollte. Aber etwas mehr Präsenz täte den Volksvertretern schon gut. Und damit ist eine politische Anwesenheit gemeint, keine privaten Kochrezepte, Selfies oder sonstige private Nichtigkeiten, die niemanden interessieren, sondern lediglich den Drang nach Mitteilung ohne jeglichen Sinn befriedigen.
Was soll einmal von derartigen Politikern bleiben? Erinnerungen an Fische, Urlaub, Spaß? Auch in einer sitzungsfreien Zeit gibt es genügend Themen, die ein Abgeordneter ansprechen könnte. Und Erikli glänzt leider nicht nur im Sommerloch mit leeren Beiträgen. Mir scheint, als falle ihr der Start ins Mandat besonders schwer. Von anderen Parlamentariern vernahm man bereits nach einigen Wochen lautstarke Standpunkte. Nicht immer hilfreich, oftmals populistisch, aber zumindest ein Hauch von Interesse an der Politik war zu erkennen.
Solche Wortmeldungen wie aktuell mögen vielleicht Nähe symbolisieren, Niederschwelligkeit zum Wähler. Doch worüber soll man sich im Zweifel mit Nese Erikli unterhalten? Über die beste Panierung beim nächsten „Red Snapper“? Über die maltesischen Essgewohnheiten? Oder vielleicht eher, wie man eine vernünftige und zielorientierte PR-Arbeit leistet?
Die sozialen Medien verleiten heute gern dazu, einfach zu veröffentlichen und zu präsentieren, was das Zeug hält. Auch hier scheint der Gedanke des „Mehr“ verbreitet zu sein. Je mehr Posts, desto besser. Doch auch im 21. Jahrhundert bleibt der Grundsatz von Qualität statt Quantität erhalten. Als Politiker ist man gleichzeitig Privatperson, aber jeder sollte sich dennoch gut überlegen, was man in dieser Funktion preisgibt, was man zumutet. Freunde mögen Unüberlegtheit verzeihen, bei der breiten Wählerschaft kann sie großen Schaden anrichten. Hoffentlich kann Erikli den auch wieder reparieren…
Der Fisch stinkt vom Kopf her
Der Eindruck, den diese Karrieristin anläßlich der Sache mit Siegfried Lehmann hinterließ, bestätigt sich. Mit ihrer Verbreitung der Nachricht über ihre Schwangerschaft. Jetzt mit dem Bericht über das Uninteressanteste aus dem Mittelmeerraum, noch dazu gespickt mit allem anderen als grünen Gräten. Ein flottes Leben auf Kosten der Steuerzahler – was jucken da Prinzipien?
Was darüber hinaus alarmiert, ist die Entwicklung, die die Grünen nehmen. Von den Gründungsfiguren wie Trampert oder Ditfurth keine Spur mehr, soziale Belange spielen schon lange keine Rolle. Als Ausgleich dafür will Marie Luise Beck den Verfassungsschutz auf die „Ständige Publikumskonferenz der ö/r Medien“ ansetzen und Rebecca Harms singt mit ukrainischen Faschisten deren Gallionsfigur Bandera verherrlichende Lieder. Daß Kretschmann Kuhhandel auf Kosten von Flüchtlingen betreibt, gerät beinahe schon zur Nebensache. Wen wunderts, daß dieser Verein in M-V aus dem Landtag flog?
P. S.:
„Leider haben wir zu Ihrer Suche nach ‚ichtologisch‘ keine Treffer gefunden.
Oder meinten Sie: ichthyologisch?“ (Duden online)
Lieber Herr Höpfinger,
das ist möglich, aber wie wahrscheinlich dies ist, ist eine andere Frage.
Fakt ist, dass es den Red Snapper im Mittelmeer gar nicht gibt. Wenn es also einer ist, dann wurde er auf jeden Fall importiert. Aus welchem exotischen Gewässer auch immer (Malaysia ist nur ein Beispiel).
Sollte es tatsächlich eine rote Meerbarbe sein, dann ist das eher ‚vom Regen in die Traufe‘, nachdem auch dieser Fisch vom WWF-Fischratgeber als „Zweite Wahl“/“Lieber nicht“ eingestuft wird.
Nur weil diese da überall zum Verkauf angeboten wird, macht es die Folgen des Konsums nicht besser. Vielleicht sollte also die Nachfrage sinken.
Beste Grüße,
Carla Farré
Ich bin ja nicht gerade als großer Freund der Grünen bekannt, aber in diesem Fall muss ich Frau Erikli beiseite springen.
Ich kenne den Red Snapper schon seit den 70er Jahren. Rings um das Mittelmeer war er auf unzähligen Speisekarten zu finden. Ob Türkei, Spanien, Tunesien oder Italien, der Red Snapper war auf jeder Speisekarte. Und ich glaube nicht, dass schon damals dieser Fisch aus Malaysia importiert wurde und in kleinen abgelegenen Dörfern angeboten wurde.
Vielmehr ist es so, dass die Übersetzungen der Speisekarten im Mittelmeerraum nicht immer wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Und es kann sich einfach um einen Übersetzungsfehler handeln. Wahrscheinlich ist der angebliche Red Snapper in Wirklichkeit die Rote Meerbarbe. Dieser Fisch wird schon immer im Mittelmeer gefangen, aber ich habe diesen Namen noch nie in einer Speisekarte gefunden. Darum denke ich, die Meerbarbe wird einfach als Red Snapper ausgegeben, warum auch immer (Übersetzungsfehler – einer macht ihn, alle schreiben ihn ab oder es klingt einfach besser).
Ich fürchte, Euer Red Snapper ist gar kein Fisch, sondern eine Ente.
Mit ichtologischen Grüßen
Norbert