Spion, Rebell oder Schriftsteller?

Ab Donnerstag, 29. September, bis zum 2. Oktober treffen sich Charles Sealsfield-Forscher am Bodensee. Sealsfield? Sie wollen über den Mann sprechen, der vor rund 100 Jahren deutschsprachigen Lesern sein Amerika erklärte, der aus Österreich stammte, aus unbekannten Gründen in den USA eine neue Identität annahm und 1864 in Solothurn starb. Wer also war Charles Sealsfield und wen zeigt das Foto?

Die Nase ist wirklich verräterisch. Das Bild, das der Tägerwiler Otto Egloff in einem alten Fotoalbum entdeckte, gleicht einem autorisierten Portrait des geheimnisvollen Autors Charles Sealsfield tatsächlich auf verblüffende Weise. „Ja und?“, könnte der unbedachte Betrachter denken. „Was spielt das für eine Rolle?“

Einfluss auf Wahrnehmung Amerikas

Die Experten, die sich von Donnerstag bis Sonntag im Literaturhaus Gottlieben, im Napoleonschloss, im Vinorama und im Konstanzer Rosgartenmuseum treffen, dürften das anders sehen. Die Literaturwissenschaftler haben sich alle an Charles Sealsfield festgebissen, weil er einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung Amerikas in der deutschsprachigen Welt hatte und gleichzeitig kaum etwas von sich selbst preisgab. Nur ein einziges Bild ist von ihm überliefert – und das zeigt Sealsfield als älteren Herrn.

Öffentlicher Vortrag von Markus Landert

Das Bild des jungen Sealsfield wäre eine Sensation, sollte es sich als echt herausstellen. Während des Kongresses wird Markus Landert, der Direktor des Kunstmuseums Thurgau, deshalb genauer auf das Fotoalbum eingehen und erklären, warum so viele Prominente des 19. Jahrhunderts darin verewigt wurden. Sein Vortrag im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung am 29. September ab 18 Uhr ist öffentlich (Anmeldung über info@snse.info). Viele der anderen Events sind der Forschergemeinschaft vorbehalten, die sich regelmässig über den Wanderer zwischen den Welten austauscht.

Wurzeln in Österreich

Sealsfield hatte seine Wurzeln in Österreich, wanderte aber in die USA aus, portraitierte seine Wahlheimat für deutschsprachige Leser und kehrte als Amerikaner nach Europa zurück. In Tägerwilen soll er im Umfeld von Napoleon III. als Agent gearbeitet haben. Das wird am Sonntag Vormittag Thema eines Vortrags im Rosgartenmuseum Konstanz sein.

Inka Grabowsky

Das Detailprogramm (am Donnerstag, 29. 9., im Bodmanhaus Gottlieben mit Markus Landert, am Freitag im Napoleonmuseum Arenenberg und im Vinorama Ermatingen mit Heinz Bothien, am Sonntag im Rosgartenmuseum Konstanz mit Historiker David Bruder).

Der Text ist zuerst auf thurgaukultur.ch erschienen. Dort gibt es auch mehr zum Thema zu lesen: Ein Foto sorgt für Wirbel

Zusätzliche Infos: charles-sealsfield.at