SPD will es mit den Kirchen nicht verderben
Anfang Mai hat der Parteivorstand der SPD den Antrag der Laizistinnen und Laizisten in der SPD auf Anerkennung als Arbeitskreis kurz und bündig abgelehnt, „da man das gute Verhältnis zu den Kirchen nicht belasten wolle“. Munter tappt die Partei also ins nächste Fettnäpfchen – die große Tradition von Humanismus und Aufklärung kommt der SPD zusehends abhanden. Das Kreuz in der Schule und das Salär für den Bischof sollen bleiben, findet die SPD-Spitze.
„Für 28 Millionen Konfessionsfreie in Deutschland (und ca. 160.000 in der SPD) wurde mit der Ablehnung auf Einrichtung eines Arbeitskreises in der Partei eine Tür zugeschlagen“ bedauert Nils Opitz-Leifheit für die Laizistinnen-Gruppe, der sich bislang über 1000 Genossinnen und Genossen angeschlossen haben.
Die Sprecher meinen, dass die negative Haltung der Parteiführung zu den durch die Gruppe vertretenen Themen nicht zukunftstauglich ist. „Während die Kirchen dramatisch an Mitgliedern und damit auch an gesellschaftlicher Bedeutung verlieren, steuert die SPD in eine immer engere und völlig unkritische, einseitige Partnerschaft mit den Kirchen. Gleichzeitig ignoriert sie die 35% Konfessionsfreien völlig“.
Ethik oder Religion in der Schule?
Säkulare Humanisten und Konfessionsfreie sollten in der SPD auf Augenhöhe mit den Christen organisiert sein, meinen die SPD-Protestler. Die Gruppe versteht sich auch, analog zu den Arbeitskreisen der Christinnen und Christen und der jüdischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, als eine Vertretung der Konfessionsfreien in der SPD. Bereits etwa 28 Millionen Menschen in Deutschland haben keine religiösen Bindungen mehr. „Angesichts der großen Tradition von Humanismus und Aufklärung in der SPD muss gerade die Sozialdemokratie fu?r diese Menschen offen und attraktiv sein“.
Die im Grundgesetz vorgesehene religio?se Neutralität wird im Alltag der Bundesrepublik allzu oft verletzt. Die Artikel 4 (Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses) und 140 (Gleichbehandlung der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften) werden in vielen Bereichen nicht beachtet. Deshalb reichen die Fragen, die thematisiert werden, vom Kreuz in Schule und Gerichtssaal bis zum Ethikunterricht. Zu letzterem fordern die SPD-Laizisten die bundesweite Einführung eines Modells wie in Berlin und Brandenburg, wo es einen fu?r alle verpflichtenden gemeinsamen Ethikunterricht gibt. Der Religionsunterricht sollte wahlweise angeboten bleiben.
Steuergelder für den Bischof
Die immer umstritteneren Staatsleistungen an die Kirchen sollen, wie im Grundgesetz gefordert und in den Niederlanden bereits geschehen, abgelöst werden. Eine Bezahlung von Klerikergeha?ltern durch alle Steuerzahler gleich welcher Konfession, wie es derzeit bei vielen Bischofssalären der Fall ist, soll beendet werden. Weiterhin fordern die „Laizistinnen und Laizisten“ volle Arbeitnehmerrechte für die Beschäftigten der Kirchen wie in jedem anderen Tendenzbetrieb. Die entsprechende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes fu?r Menschenrechte muss endlich auch in Deutschland umgesetzt werden.
Keineswegs streben die Genossinnen und Genossen ein Ende der Zusammenarbeit der SPD mit den Kirchen an. Da die Kirchen zu den wichtigen gesellschaftlichen Institutionen gehören, wird auch eine Kooperation in übereinstimmenden Positionen als wichtig und sinnvoll angesehen. Auch die Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten und Einrichtungen wie bei anderen Trägern der Wohlfahrtspflege stehe selbstverständlich nicht zur Diskussion.
Unter den bisherigen u?ber 1000 Unterstützern der neuen SPD-Gruppe sind bereits eine Reihe von aktiven und ehemaligen Landtags- und Bundestagsabgeordneten, darunter Carsten Schneider, MdB, (Thu?ringen) und Gerd Andres, Bundesstaatssekretär a.D. sowie Ingrid Matthäus-Maier, langjährige Finanzexpertin der SPD-Fraktion.
Autor: hpd/hpk