Warum nicht ein Kunsthaus am Hauptzoll?
Wer geglaubt hatte, die Bürgerinitiative „Rettet das Scala!“ gäbe nach dem verloren Kampf um das Konstanzer Kino nun Ruhe, muss umdenken: Rechtzeitig zum ‚Workshop Altstadt‘ am 26. 10. präsentiert die Gruppe ihre Ideen für eine lebenswerte Innenstadt. Oberstes Ziel: Ein Begegnungs- und Veranstaltungszentrum an der Grenze.
Aber damit nicht genug: Die personell erheblich abgespeckte Bürgerinitiative um Eugen Kurz veröffentlichte gestern ihre Vorschläge für die Diskussion in einem von der Stadtverwaltung ins Leben gerufenen Workshop, in dem es um die Zukunft der Konstanzer Altstadt geht. Und schlägt eine ganze Reihe pfiffiger Ideen vor. Doch lesen Sie selbst – die Diskussion ist eröffnet:
Vorschläge der BI „Rettet das Scala!“ für den Workshop Altstadt am 26. 10.
1.
Die größten Hoffnungen setzt die Bürgerinitiative darauf, dass die Nachbarstädte Konstanz und Kreuzlingen an der Stelle des stillgelegten Hauptzolls ein gemeinsames Begegnungs- und Veranstaltungszentrum ins Leben rufen. Die derzeit ödeste Stelle der beiden Innenstädte könnte zur lebendigsten werden; am Beginn der geplanten Kreuzlinger Flaniermeile entstünde ein Vorzeigeprojekt der vielbeschworenen regionalen Zusammenarbeit. (Genaue Ortsangabe: Auf der östlichen, seewärtigen Seite der Kreuzlinger Str./der Hauptstrasse; auf deutscher Seite: Zollamt Konstanz – Kreuzlinger Tor, Kreuzlinger Str. 53; auf Schweizer Seite: Hauptstrasse 1, Kreuzlingen.) Ob die bestehenden Gebäude nur umgebaut oder nach Osten erweitert oder einem geräumigeren Neubau weichen sollten, wäre nach Vorplanung zu entscheiden.
Die BI wünscht sich dafür:
► Einen großen und mindestens einen kleineren Veranstaltungssaal mit gestuften Sitzreihen, Bühne samt Bühnenvorhang, Leinwand und der nötigen Technik für ein möglichst umfassendes Spektrum an Veranstaltungen: Kino, Diashows, Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen, Poetry Slams, Vorträge, Tagungen, Diskussionen …
► Die Gründung eines täglich bespielten Kinos, um in dem Programmsegment, das bisher vom Scala-Kino abgedeckt wird, den Verlust wettzumachen, der durch den Umzug des Scala von der Marktstätte ins CineStar entsteht (durch den Wegfall zweier von drei Kinosälen).
► Die Einrichtung eines großen Gastronomiebetriebes mit Öffnungszeiten bis ein Uhr nachts, der vor und nach Veranstaltungen als Treffpunkt dienen könnte. Hier sollte es zusätzliche Veranstaltungsmöglichkeiten geben, z. B. für kleine Konzerte, Ausstellungen. Ideal wäre es, wenn der westliche Teil der seewärts anschließenden Gärten hinzugewonnen werden könnte, um im Sommer als Biergarten zu dienen.
► Eine, vielleicht auch zwei kommerzielle Kunstgalerien.
Uns ist klar, dass dieses Projekt erst mittelfristig umgesetzt werden könnte; noch ist nicht bekannt, wann die Zollstelle aufgelöst wird. Den Wunsch nach einer künftigen Nutzung als Begegnungs- und Veranstaltungszentrum (unter dem vorläufigen Projektnamen „Zollfrei“) hat Gemeinderätin Gisela Kusche im Namen der FGL-Fraktion bereits an Kulturbürgermeister Dr. Osner herangetragen; die Bürgerinitiative schließt sich an.
2.
Am gegenüberliegenden Pol der Altstadt, in der ehemaligen Stiftskirche St. Johann, sollte ein weiterer Veranstaltungssaal eingerichtet werden. (Als Kino taugt der schöne Raum freilich nicht.) Die Niederburg könnte durch ein „kulturelles Dreieck“ belebt werden: St. Johann – Domschule (mit ihrer für Kammerkonzerte idealen Akustik) – Zimmerbühne – Kulturzentrum am Münster samt Wessenberg-Galerie und Kunstverein.
3.
Der Bürgersaal am Stephansplatz, an der zentralsten Stelle der Altstadt gelegen, führt ein Mauerblümchendasein. Wie kann der Raum ansprechender gestaltet und für diverse Veranstaltungen geeigneter gemacht werden? (Verdunkelungsmöglichkeit für die hochgelegenen Fenster/Beleuchtung/Bestuhlung/verbesserte Akustik?)
4.
Konstanz sollte das in der Stadt vorhandene kreative Potential gezielt fördern durch Einrichtung und Zurverfügungstellen von Ateliers für bildende Künstler sowie von Übungsräumen für Musiker samt einem Tonaufnahmestudio. In der Altstadt dürften sich geeignete Räume in genügender Zahl schwer finden lassen; wäre auch hierin eine Kooperation mit Kreuzlingen möglich? Oder könnte in den Rieterwerken eine Art Künstlerkolonie entstehen?
5.
Sofern juristisch machbar, sollte vor dem Wegfall eines Kulturstandortes eine einjährige Sperrfrist greifen, um Stadt und Bürgerschaft die Chance zu geben, eine Möglichkeit der Fortführung zu finden.
6.
Wir haben vor der Sommerpause bei unseren UnterstützerInnen eine Umfrage durchgeführt, wie sie sich die Entwicklung der Konstanzer Altstadt vorstellen. Neben der Sicherung der Kulturstandorte tauchten in den Antworten mit Abstand am häufigsten auf
► der Wunsch nach „mehr Grün“, nach stillen/verkehrsberuhigten Ecken oder Cafés und dergleichen;
► der Wunsch nach möglichst vielen individuellen, „schicken“ Geschäften und nach Zurückdrängung der uniformen Filialisten.
Diese Ziele zu verfolgen, ist nicht Sache einer Kultur- und im spezielleren Sinne einer Kino-Initiative. Wir möchten aber dieses Meinungsbild zu Gehör gebracht haben.
Im Auftrag der BI
Eugen Kurz
Kunsthaus am Zoll, „Kreuzlinger Tor“, im heutigen Niemandsland, ist in der Theorie ein interessantes Projekt! Dazu muss man aber wissen: 400 Meter weiter südlich, beim Helvetiaplatz, an der Kreuzlinger „Meile“ (die derzeit leider nicht „floriert“), ist im Bereich einer ehemaligen Molkerei ebenso ein Projekt vorgesehen, das mit „Kultur “ umschrieben werden kann – Stichwort: „Alti Molki“ (Veranstaltungen, Begegnung, Museum, Ausstellungen, Ateliers, usw.). Auch hier soll vieles integriert werden, was „Kultur“ fördern soll. Allerdings wird darüber schon jahrelang gesprochen, ohne dass Konkretes vorgelegt werden kann. Immerhin ist dort schon mal eine zeitgenössische Galerie angesiedelt. Dass etwas „Grenzüberschreitendes“ besser funktioniert, ist unsicher. Beim Konstanzer Zeltfestival hat der Kreuzlinger Gemeinderat durch eine Intervention der „rechten Seite“ bekanntlich das Handtuch geworfen. Und das Dilemma mit der ehemals gemeinsamen „Bodenseearena“ ist ebenso sattsam bekannt. Wenn es nun ausgerechnet am einsamen Zoll anders gehen sollte, wäre das ja vortrefflich. Was allerdings grenzüberschreitend bestens funktioniert: das gemeinsame Oktoberfest! Ist allerdings eine andere Welt. Oder doch auch ein Stück „Kultur“ – mit Lederhosen und Dirndl und alpenländischer Musik am Bodenseeufer? Oder dann doch lieber „Horstclub“ an der Kirchstrasse? Eine ganz andere Dimension, die kulturell grenzüberschreitend – im Wortsinn – ebenso erfolgreich funktioniert.
Da sind sie die guten Ideeen!
Ein wirkliches kreatives Panorama mit 360 Grad Perspektive.
Da Herr Dr. Osner das Interview mit Herrn Wolfsperger abgesagt hat, ist damit vielleicht ein „Zeitfenster“ bei ihm entstanden, in dem er die genannten BürgerInnenwünsche zur Kenntnis nehmen kann.
Der Gemeinderat kann mit Chuzpe zeigen wieviel mit Entschlossenheit, Umsicht, bürgernaher Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit in dieser Stadt neben, trotz all dem Konsumismus möglich ist.