In geheimer Mission in Konstanz

machiavelliEr war einer der Großen der Weltgeschichte. Und er war im Jahr 1508 auch zu Gast in Konstanz: Der Florentiner Niccolò Machiavelli (1469–1527), der in geheimer Mission im Auftrag seiner Republik Florenz hier verhandelte – und spionierte: „Hier in Konstanz strömte viel Kriegsvolk zusammen“, meldete der Diplomat, der uns nur noch als Politik-Theoretiker bekannt ist, an seine Regierung in Florenz.

Der exzellente Diplomat, politische Theoretiker und Verfasser von Novellen, Gedichten und Komödien gab in seinem Bericht aus Konstanz, den er an seine Regierung in Florenz schickte, wertvolle Einblicke in die politisch pulsierende Welt von Konstanz und der damaligen Zeit. Er war hierher geschickt worden, um über den Italienzug zur Kaiserkrönung und die Absichten des Kaisers Maximilian insgesamt etwas zu erfahren. Über Genf und Schaffhausen war Machiavelli wenige Monate nach dem Konstanzer Reichstag in die Stadt gekommen, sammelte politische Informationen und reiste sodann weiter nach Innsbruck und Bozen, wo sich der Kaiser befand.

Internationale Gäste in Konstanz

Niccolò Machiavellis Bericht nach Florenz wirft auch heute noch ein Licht auf die Bedeutung, welche die Stadt Konstanz damals hatte. So schreibt Machiavelli unter anderem: „Ich sprach mit zwei Mailändern im Münster, ferner mit dem Schreiber Heinrich, der eine Florentinerin zur Frau hat; dann mit einem Botschafter des Herzogs von Savoyen namens Monseigneur Disviri. Von dem Ersteren erfuhr ich allgemeine, sehr große Dinge.“

Machiavelli schildert im Weiteren seine Eindrücke über die politische Situation und das Bild, das er sich davon machte. Und er schreibt an seine Auftraggeber in Florenz: „Ich glaube mich jedoch nicht zu irren, wenn ich sage, dass der Kaiser drei Heeresabteilungen bilden wird, um mit der einen von Trient nach Verona vorzurücken, mit der anderen über Besancon durch Burgund zu ziehen, mit der dritten über Carabassa nach Friaul zu marschieren.“

Und weiter heißt es in dem Geheimbericht; „Hier in Konstanz strömte viel Kriegsvolk zusammen, das gemäß den Bestimmungen des Reichstags und unter Befehl des Kaisers sofort in Marsch gesetzt wurde. Ich versichere dir, die Bewegung ist groß und muss große Folgen haben; sei es nun Frieden oder Krieg, der zwischen den beiden Monarchen entstehen kann. Dies ist, was ich in Konstanz erfuhr“.

Ein wahrlich nicht unbedeutender Mann also, der hier am See seine Aufwartung machte. Ein hochgebildeter Politiker und Schriftsteller, der als Staatssekretär von Florenz von einigem Einfluss war.

„Der Machtmensch“ als Schriftsteller

Das Florenz der Renaissance wurde von seinen Gegnern europaweit als ärgster Feind der ständischen Ordnung geschildert. Niccolò Machiavelli tat sein Übriges dazu: Um militärischer Bedrohung vorzubeugen, entwickelte er den Plan eines aus Bürgersoldaten bestehenden Volksheeres, das jederzeit zu den Waffen gerufen werden konnte. Der auf einigen Widerstand stoßende Plan konnte nur mit der Versicherung durchgesetzt werden, dass die Aushebung des Heeres allein der Verteidigung der Republik diene.

Nach dem Sturz der Republik und der Rückkehr der Medici verlor Machiavelli sein Amt, das er – „Sekretär der Kanzlei des Rats der Zehn“, dem Führungsgremium der Republik – 14 Jahre innehatte. Fortan, ab dem Jahr 1513, widmete er sich nur noch seinen schriftstellerischen Arbeiten. In seinen „Discorsi“ und dem „Principe“ formte er den Begriff der Staatsräson und sah in der Macht ein konstituierendes Element der Politik. Bis in das 18. Jahrhundert hinein war der „Principe“ das grundlegende Traktat zur Fürstenerziehung.

Aber auch Machiavellis Novellen und Gedichte sind noch heute lesenswert. Und seine Komödie „La Mandragora“ galt als originellstes Lustspiel der Renaissance. Für Historiker zum Verständnis dieser Zeit empfehlenswert: Machiavellis „Geschichte von Florenz“, die Einblicke gibt in das Selbstverständnis einer Zeitepoche, in der das klassische Altertum in Denken und Architektur wieder entdeckt, die weltbewusste Persönlichkeit erweckt und das Naturgefühl geweckt wurde.

Dieter Seewald

Quelle: „Sendungen und Gesandtschaften des Niccolò Machiavelli“, Johann Ziegler, Band 2