Rezepte für das kranke Krankenhaus dringend gesucht
Sind die Treueschwüre für ein kreisweites Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft nur Lippenbekenntnisse? Bröckelt die Front der Privatisierungsgegner? Wird hinter verschlossenen Türen gemauschelt? Warum wird über Verhandlungsfortschritte nur ungenügend informiert? Wen interessieren eigentlich die Patienten? Und was wird aus den Beschäftigten? So viele Fragen – und kaum Antworten auf dem Gründungstreff für eine Krankenhaus-Bürger-Initiative in Konstanz.
Lösungen waren auch nicht zu erwarten auf dieser Versammlung von fast 40 Konstanzerinnen und Konstanzern – darunter etliche Gemeinderäte und selbst der verantwortliche Bürgermeister Boldt -, die eine Bürger-Initiative für ein Klinikum in kommunaler Verantwortung gründen wollen. Darauf hatte Margrit Zepf, stellvertretende Vorsitzende des verdi-Bezirks Schwarzwald-Bodensee und Initiatorin dieser Initiative, auch gleich zu Beginn des Gründungstreffs hingewiesen, vor vorschnellen Entschlüssen gewarnt und die Zielrichtung vorgegeben: „Wir wollen eine offene Diskussion und wir wollen beteiligt sein, wenn es um die Zukunft unseres Krankenhauses geht. Wir wollen uns um Patienten, Bürger und Beschäftigte kümmern und nicht nur betriebswirtschaftliche Kennzahlen erörtern“.
Und die meisten stimmten ihr zu: „Wir erwarten ein eindeutiges Bekenntnis der verantwortlichen Politiker zum Klinikum in kommunaler Verantwortung“, forderte LLK-Stadtrat Reile; „es gibt genügend Beispiele der erfolgreichen Gegenwehr gegen die Privatisierung“, wusste ein Siemens-Betriebsrat; „wir unterstützen den Kampf für eine öffentliche Gesundheitsfürsorge“, bekräftigte ein attac-Vertreter, der – wie auch Vorstandsmitglieder der Grünen – eine tatkräftige Unterstützung der neuen Bürger-Initiative zusagte.
Doch auch kritische Stimmen waren zu hören, vor allem aus Reihen der CDU: Ex-Landtagsabgeordneter Hoffmann, der den Initiatoren immerhin seine Unterstützung zusagte, warnte „vor den Knackpunkten der laufenden Verhandlungen: Was passiert, wenn einzelne Gemeinden und Gesprächspartner vorzeitig abspringen“? Auch Professor Roth, bislang als Rebell in seiner Gemeinderatsfraktion bekannt, forderte Alternativen, „wenn die Kreislösung nicht funktioniert“. Und natürlich Bürgermeister Boldt, der „die Gründung einer Bürger-Initiative begrüßt, aber überhaupt nicht versteht, wieso die Stadtratsmehrheit gegen eine Privatisierung des Krankenhauses infrage gestellt wird“. Allerdings mochte er sich auch nicht zu der mehrfach formulierten Forderung nach mehr Transparenz äußern: „Warum“, fragten verschiedene Diskussionsteilnehmer, „finden die Fusionsverhandlungen hinter verschlossenen Türen statt“?
Denn immerhin gibt es Anzeichen, dass die Mehrheit gegen eine Privatisierung des Krankenhauses im Konstanzer Gemeinderat bröckelt. Margrit Zepf zitierte aus dem Absageschreiben von FWG-Stadtrat Stiegeler, der sich ausdrücklich zu einer Privatisierungslösung bekennt. Und sie warnte vor Entwicklungen, die sie aus Schramberg kennt: „Da kippten die Mehrheiten im Kreistag für eine Kommunal-Lösung während der Sommerpause. Und jetzt, wo ein privater Klinik-Betreiber das Sagen hat, fallen 300 Arbeitsplätze im dortigen Krankenhaus weg“.
Zur Gründung der Bürger-Initiative kam es an diesem Abend nicht, aber ein Sprecherrat hat sich gebildet – u.a. aus der Konstanzerin Anke Schwede, einer Vertreterin der Singener Krankenhaus-Initiative und dem Betriebsrats-Vorsitzenden des Krankenhauses Radolfzell -, die eine Verbreiterung des Bündnisses anstreben. Soviel steht fest: In der ersten Woche nach den Pfingstferien treffen sich die Konstanzer Krankenhaus-Verteidiger erneut, um dann endgültig eine Bürger-Initiative ins Leben zu rufen. Denn, und darin waren sich alle Teilnehmer des ersten Treffs einig: Rezepte für das kranke Krankenhaus werden dringend gesucht.
Autor: hpk
Ich bin kein ausgesprochener Gegner einer Privatisierung. Man sollte aber nicht denken, daß damit alles gut wird.
Auch bei der Privatisierung z.B. der Bahn, der Telekommunikationsbranche oder Energieversorger wurde so argumentiert – aber mal Hand auf´s Herz, ist es wirklich besser für den Nutzer/Verbraucher geworden oder aber die Firmen/Aktionäre? Ein Krankenhaus „verkauft“ nur zum Teil eine Dienstleistung/Ware. Die Grundversorgung muss jedem zugänglich angeboten werden und somit kann zumindest hier keine Konkurrenz im Kreis entstehen und wollen sie bei einem Herzinfarkt z.B.von KN nach Singen eingeliefert werden oder andersherum? Neue Geräte, neue Ärzte und mehr Personal – da dürfen Sie sicher sein – davon träumen bisher sowohl Personal als auch Personalrat – aber was gibt es da bitte zu „vermitteln“? Finanziert werden muss das alles nun einmal von uns allen über Kassenbeiträge – also auch von Ihnen. Und da beginnt die Realität, auch für Sie.
Der Personalrat konnte bisher nicht vermitteln, inwiefern die Interessen der Krankenhausangestellten mit denen der Bevölkerung übereinstimmen. Als Patient erwarte ich mir eher Vorteile von der Privatisierung: neue Geräte, neue Ärzte, neue Methoden – und eine gesunde Konkurrenz im Kreis.