Dumm gelaufen
Völlig zu Recht gab es auch von linker Seite harsche Kritik daran, dass beim AfD-Parteitag die Presse ausgeschlossen wurde. Die Linke im Kreis Konstanz aber nominierte vergangene Woche ebenfalls hinter verschlossenen Türen Simon Pschorr zum Bundestagskandidaten und muss sich nun hämische Kommentare gefallen lassen. Ebenfalls zu Recht.
Für eher schlichte Gemüter ist das natürlich ein gefundenes Fressen und Steilvorlage für grobe Vereinfachung: Ähnlich wie die AfD habe die Linke offensichtlich ein gespaltenes Verhältnis gegenüber Meinungs- und Pressefreiheit. Dass dem nicht so ist, hat sie in der Vergangenheit hinlänglich bewiesen. Dennoch war die Entscheidung des Kreisverbands, bei der Nominierung des Kandidaten für die kommenden Bundestagswahlen die Presse nicht einzuladen, zumindest fahrlässig.
Damit hat man auch den jungen und mit großer Mehrheit gewählten Kandidaten Simon Pschorr mit einem unnötigen Rucksack vom Startblock gelassen. Gerade er, der sich schon als Landtagskandidat aufgrund seiner Sachkenntnis, Schlagfertigkeit und Debattenstärke erstaunliche Meriten bis tief ins bürgerliche Lager hinein erworben hat, wird darüber nicht glücklich sein. Ebensowenig wie die Linke Liste Konstanz (LLK), die kommunalpolitisch mit der Linken kooperiert. Gerade die LLK ist dafür bekannt, dass sie – ebenso völlig zu Recht – ständig moniert, wenn wichtige Themen im Konstanzer Gemeinderat nicht öffentlich debattiert werden.
Dabei hätte gerade dieser Nominierungstermin die Gelegenheit geboten, gegenüber Pressevertretern öffentlich zu demonstrieren, dass es mit der Linken auch im Landkreis Konstanz aufwärts geht und dafür nicht nur der gewählte Kandidat steht. Viele neue und überwiegend junge Leute sehen in der Linken ihre politische Heimat und wollen sich in Zukunft tatkräftig einmischen. Dieses positive Signal nach außen zu transportieren, wurde mit der Presseverweigerung leider verpasst. Die örtliche Tageszeitung titelte daraufhin in ihrer Online-Ausgabe: „Die Linke nominiert unter Ausschluss der Presse Simon Pschorr als Bundestagskandidaten“. Darauf hätte man wetten können.
Aber um ehrlich zu sein: Hätten andere Parteien ihre Nominierungsversammlungen ebenfalls hinter verschlossenen Türen abgehalten, wäre die umgehende Reaktion der seemoz-Redaktion ähnlich kritisch ausgefallen. Somit bleibt die banale Erkenntnis: Die Medien nicht einzuladen, war eine falsche Entscheidung und wer gegen den Wind pinkelt, bekommt eben nasse Beine. Man bricht sich aber keinen Zacken aus der Krone, wenn man einen Fehler im Nachhinein selbstkritisch auch eingesteht.
H. Reile
Sprecher des Kreisvorstands der Linken entschuldigt sich
Am Mittwoch, den 16. 11. 2016, nominierte die Linke, Kreisverband Konstanz, in parteiöffentlicher Abstimmung Simon Pschorr als Kandidaten zur Wahl des 19. Deutschen Bundestags im Wahlkreis Konstanz. Der Kreisvorstand hatte in Vorbereitung der Versammlung auf Vorschlag des Vorstandssprechers Jürgen Geiger u. a. beschlossen, MedienvertreterInnen nicht einzuladen. Geiger entschuldigt sich hiermit im Namen des Kreisvorstands ausdrücklich bei allen MedienvertreterInnen und Mitgliedern des Kreisverbands. „Dieser Beschluss war falsch. Selbstverständlich sind bei uns VertreterInnen der Medien bei allen öffentlichen Veranstaltungen jederzeit willkommen,“ erklärt Jürgen Geiger.
Ich bin erstaunt, dass die Linke Liste hier zu Kritik an der Partei die Linke fähig ist. Chapeau! Da sich der Kreisvorstand der Partei für den Presseausschluss bereits entschuldigt hat, ist die Sache damit erledigt.