Welcher Klebstoff hält uns zusammen?
Was verbindet orthodoxe, liberale, säkulare Jüdinnen und Juden, solche, die einen nichtjüdischen Partner heiraten, diejenigen, die sich zwar zugehörig fühlen, aber keiner Gemeinde angehören, oder nach orthodoxer Definition gar nicht jüdisch sind? Ein Vortrag von Prof. Birgit Klein in Konstanz beschäftigt sich gerade auch mit solchen Fragen.
Nach der Studie „A Portrait of Jewish Americans“ des Pew Research Center erklärten drei Viertel der jüdischen Befragten, sie fühlten sich stark dem jüdischen Volk („Jewish people“) zugehörig, wohingegen nur 28 Prozent die Mitgliedschaft in einer jüdischen Gemeinde für wichtig hielten. Für eine große Mehrheit der amerikanischen Jüdinnen und Juden steht somit die kollektive Definition ihrer jüdischen Identität an oberster Stelle, allerdings nicht unbedingt in einem ethnischen Sinne.
Denn anders als das deutsche „Volk“ fokussiert „people“ in seinem amerikanischen Kontext weniger auf einer gemeinsamen Abstammung als vielmehr auf einer kollektiven Bestimmung, die auf gemeinsam getragenen Prinzipien wie Freiheit von Unterdrückung, Selbstbestimmung und demokratischen Werten basiert.
Auf diese Weise können zeitgenössische Definitionen einer kollektiven jüdischen Identität auch dazu anregen, „das deutsche Volk“ nicht als ausgrenzendes, auf einer gemeinsamen Abstammung basierendes „Staatsvolk“, sondern als Bundesgemeinschaft mit gemeinsam getragenen Werten zu verstehen.
Prof. Dr. Birgit Klein ist seit 2006 Inhaberin des Lehrstuhls „Geschichte des jüdischen Volkes“ an der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg. Ihre Forschungsschwerpunkte sind jüdische Geschichte der Frühen Neuzeit unter sozial-, religions- und geschlechtergeschichtlichen Aspekten.
MM
Vortrag von Prof. Dr. Birgit Klein: Vom „jüdischen Volk“ und der Suche nach einer kollektiven Identität und ihren Werten“. Sonntag, 27. November, 11.30 -13.00, Astoria-Saal, vhs Konstanz, Katzgasse 7.
Eine gemeinsame Veranstaltung von Jüdische Gemeinde Konstanz e.V., Deutsch-Israelische Gesellschaft Bodensee-Region, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Konstanz e.V., vhs Landkreis Konstanz e.V. und Kulturbüro Konstanz.