Ein letzter Zuschuss fürs Zeltfestival?
Wieder einmal ums Zeltfestival ging es in der letzten Gemeinderatssitzung, als die SPD die Auszahlung des geplanten städtischen Zuschusses über 10 000 € an den Veranstalter KoKo wegen ungenügender Abrechnungen zu blockieren versuchte. Deutlich wurde im Gemeinderat bei dieser Gelegenheit, dass es höchste Zeit für eine Debatte über die Zukunft der Konstanzer Großveranstaltungen ist.
Hinter dem Tagesordnungspunkt „Zeltfestival 2016“ schien sich nur eine Formalie zu verbergen: „Der Gemeinderat nimmt die Abrechnung des Zeltfestivals 2016 zur Kenntnis und stimmt der Aufhebung des Sperrvermerkes über 10.000 € zu.“ Dieses Geld zahlt die Stadt nämlich nur dann aus, wenn die Festivalmacher durch eine detaillierte Abrechnung belegen, dass ihre Veranstaltung Verluste eingefahren hat.
Es kam ein wenig überraschend, als Jan Welsch für seine SPD-Fraktion forderte, diesen Sperrvermerk nicht aufzuheben und damit die 10 000 € nicht freizugeben, ehe die Festivalveranstalter auch noch die Abrechnung des Caterings vorgelegt haben, die allein noch aussteht, während sonstige Rechnungsbelege bereits bergeweise von der Verwaltung geprüft wurden. Bürgermeister Andreas Osner sprach sich für die Auszahlung des Geldes aus, weil alle sonstigen Unterlagen auf einen herben Verlust hinweisen, der auch durch ein noch so profitables Catering nie und immer ausgeglichen werden könne. Sechs SPDler stimmten gegen die Auszahlung, 29 Gemeinderätinnen und -räte aber dafür.
Wie weiter mit dem Festival?
Nach dem Eigentümerwechsel beim Veranstalters KoKo zeichnet sich deutlich ab, dass der neue Besitzer das traditionsreiche Zeltfestival nicht fortführen will, und auch der bisherige Eigentümer plant nicht, hier quasi als Privatveranstalter wieder tätig zu werden. Die Stadt bedauerte diese Entscheidung ausdrücklich. Laut Osner sind die bereits bewilligten Zahlungen für die Festivaljahre 2017 und 2018 an das Unternehmen KoKo gebunden, die Stadt spreche aber natürlich mit etwaigen InteressentInnen und werde gegebenenfalls eine Lösung suchen.
Manfred Hölzl (CDU), als Konzilwirt selbst ein Mann vom Veranstaltungsfach, nannte das bisherige Zeltfestival „zu kurz und zu teuer“. Er forderte, erst einmal über die Zukunft des Festivals nachzudenken, und führte als erfolgreiche Modelle des Kulturufer in Friedrichshafen und das Tollwood-Festival in München an. Nach Osners Worten soll der Gemeinderat im nächsten Frühjahr eine Neuausrichtung der gesamten Konstanzer Festivallandschaft besprechen, zu der zum Beispiel auch Seenachtfest und Weihnachtsmarkt gehören. Man müsse sich irgendwann auch entscheiden, ob man solche Großveranstaltungen dem freien Markt überlassen oder mit städtischen Zuschüssen unterstützen wolle.
Halali
Die wundersamen Dinge geschehen nur zu oft unbemerkt von der Öffentlichkeit. In diesem Fall war es der Tagesordnungspunkt 2.9, der ohne jegliche Aussprache in Sekundenschnelle mit 35 Ja-Stimmen durchgewunken wurde. Es geht um die „Änderung des Umsatzsteuergesetzes für Jagdgenossenschaften – Option auf die weitere Anwendung des alten Rechts“. Im Kern läuft das darauf hinaus, dass die Stadt die Einnahmen aus der Verpachtung von Jagden noch bis 2021 nach dem alten, für sie günstigeren Recht versteuern darf, ehe dann neue Umsatzsteuerregelungen erbarmungslos Zähne und Klauen in diese Filetstücke der städtischen Einnahmen schlagen. Halt. 35 Ja-Stimmen bei 36 Stimmberechtigten? Wie das, wo doch der Steuervorteil für die Stadt so offenkundig ist?
Roland Wallisch (FGL) war es, der sich der Stimme enthalten hatte. Uli Burchardt befragte ihn gleich eindringlich, ob er zu seinem Abstimmungsverhalten denn keine Erklärung abgeben wolle, aber Wallisch wollte nicht. Man muss sich fragen: Fühlte er sich befangen, weil er insgeheim auf der Konstanzer Gemarkung dem Waidwerk frönt, dem Hamster eigenhändig eine Ladung Schrot in den Pelz feuert, das zitternde Rehkitz mit dem Hirschfänger abschlachtet oder blutüberströmt einen Bodanrück-Bären aus der Decke schlägt? Ist er vielleicht einfach nur sauer, dass er keine Prozente kriegt? All das kann man getrost ausschließen, denn Wallisch ist ein zutiefst friedfertiger Zeitgenosse und inbrünstiger Chorsänger, und wer mit Leidenschaft Bach singt, kann kein ganz schlechter Mensch sein. Warum also enthielt er sich seiner Stimme? Dieses Geheimnis wird er eines hoffentlich noch sehr fernen Tages wohl mit in eine bessere, solarbetriebene Welt nehmen.
O. Pugliese