Stadtgeflüster: Hochkarätige Prominenz im verwaisten Bodenseeforum
Zwar ist der Begegnungsstätte am Seerhein schon der Geschäftsführer davon gelaufen, aber im „Haus für alle Konstanzerinnen und Konstanzer“ sind dennoch weitere Veranstaltungen geplant. Großartige Events mit internationalen Gästen, die Konstanz endlich wieder auf die Landkarte setzen und den Ruf der Stadt gewaltig mehren werden. Was ansonsten noch geflüstert wird auf Konstanzer Scholle: Bei den hiesigen Christdemokraten bricht sich allmählich Konvertitentum Bahn. Dazu: Die Haltnau-Sitzung dieselt nach und wir dieseln gerne mit.
Neues von Eric Thiel. Der wuselige Vordenker des Konstanzer Stadtmarketings ist ja bekannt für die von ihm organisierten Frühstücksorgien, zu denen er in der Regel Redner einlädt, die den Anwesenden ihre traurige Welt erklären. Eine echte Erfolgsgeschichte, glaubt zumindest Thiel, und denkt an eine Fortführung der beliebten Volksspeisung mit clownesker Unterhaltung. Seine Gästeliste für 2017 hat einige Promis im Angebot. Die Riesenüberraschung: Wahrscheinlich schon im Februar wird der Dalai Lama das nächste Unternehmerfrühstück im Bodenseeforum beehren. Thiel freut sich jetzt schon wie Bolle: „Der schmutzt nicht, brabbelt irgendwas vor sich hin und ist gerade günstig zu haben. Den setzen wir in eine Ecke mit Blick auf den Seerhein und lassen ihn mit einer tibetischen Gebetsmühle spielen. Die Besucher werden begeistert sein“.
Weitere Gäste für das kommende Jahr: Franz Beckenbauer (Steuerexperte), Christian Wulff (Islamkenner) und Frauke Petry (Ahnenforscherin). Till Seiler, frei-grüner Stadtrat und Mitglied im Aufsichtsrat des Stadtmarketings, findet Thiels Ideen gar nicht gut. Angeblich soll er bei der letzten Aufsichtsratssitzung beantragt haben, Thiel bis weit ins kommende Jahr mit einer Art Stallpflicht zu belegen, erhielt dafür aber keine Mehrheit.
Sabine Feist, CDU-Rätin mit katholischen Wurzeln bis zum Erdkern, entdeckt immer mehr Gemeinsamkeiten mit der anthroposophischen Gedankenwelt und findet damit in ihrer Fraktion fast durchweg Unterstützung. Gemeinsam sucht man seit geraumer Zeit nach neuen Räumlichkeiten für die Konstanzer Waldorfschule, die, so die Christdemokraten, „ein beeindruckendes Wachstum“ aufweise. Auch Bürgermeister Andreas Osner (angeblich SPD) will die Raumsuche begleiten, stelle die Waldorfschule doch „eine wichtige Ergänzung des Bildungsangebots dar“.
Wir erinnern uns tränenden Auges: Noch nicht lange ist es her, da verbrieten die Waldorfianer einen Haufen Steuergeld. Sie waren nicht in der Lage, den teuren Ausbau für ihre Krippenplätze vernünftig zu Ende zu tanzen – und der Rat genehmigte zusätzlich rund 122 000 Euro. Anselm Venedey, Rat der Freien Wähler, erklärte damals erbost: „Wer nicht bauen kann, soll auch nicht erziehen“.
Äußerst sorgenvoll beäugt auch CDU-Grande Wolfgang Müller-Fehrenbach das esoterische Treiben seiner Fraktion. Denn er fürchtet, sollte das so weitergehen, um seine bevorstehende Seligsprechung, die ihm der katholische Dekan Matthias Trennert-Helwig in Aussicht gestellt hat. Das könnte jetzt ganz eng werden.
Der Konstanzer Gemeinderat rückte am 5.11. fast vollständig zur traditionellen Haltnau-Sitzung aus. Dort werden die MandatsträgerInnen, wie jedes Jahr, bestens mit Speis und Trank versorgt. Ehemalige RätInnen sind meist dabei, man tauscht sich aus, mehr oder weniger nette Geschichten machen die Runde und auch musikalische und kabarettistische Einlagen werden geboten. Soweit alles in Ordnung. Dann aber, der übermäßige Genuss alkoholischer Getränke geht an manchen nicht spurlos vorüber, scheint sich gar Schröckliches zugetragen zu haben. Allerlei Gerüchte, gemischt mit belegbaren Aussagen, wabern seitdem durch unser Dorf. Am Schluß der feuchtfröhlichen Zusammenkunft begab sich der verbliebene harte Kern in Meersburg zur Fähre Richtung Konstanz. Kurz vor dem Anlegemanöver soll nach diversen Aussagen das Schiff auf Wunsch mehrerer KommunalpolitikerInnen eine Pirouette gedreht haben. Vor vier Jahren gab es diese gewöhnungsbedürftige Einlage nach der Haltnau-Sitzung schon mal und sorgte damals für Diskussion und Ärger. seemoz hat nachweislich nichts gegen Jux und Tollerei, aber derlei Unfug muss dann doch nicht sein. Unsere Nachfrage bei den Stadtwerken blieb bislang unbeantwortet.
Anzufügen wäre noch, dass die Feierbiester kurz nach ihrer Ankunft auf heimischen Boden eine Kneipe in Allmannsdorf aufsuchten, um dort in einen Geburtstag hinein zu feiern. Über den weiteren Verlauf dieser Absacker-Tour sind unterschiedliche Sichtweisen im Umlauf. Der Wirt der betreffenden Schenke gibt dazu keine Auskunft und verbittet sich weitere Berichterstattung. Auch recht. Dass anderntags vor allem rund um das Rathaus kein Aspirin mehr zu bekommen war, können wir nicht bestätigen. Wer uns weitere Informationen zukommen lassen möchte: Aber gerne doch, wir garantieren Informantenschutz. Versprochen.
Zum Schluss noch eine kleine Begebenheit, die uns Dieter Seewald berichtete. In seinem Bekanntenkreis hat es Nachwuchs gegeben und es kam große Freude auf. Kaum aber war die erste Windel gewechselt, bekam der neue Erdenbürger auch schon Post. Seine Eltern dachten an Glückwünsche oder dergleichen. Aber weit gefehlt: Mitgeteilt wurde dem Winzling seine Steuernummer, mit der er zukünftig sein Leben zu gestalten habe. Kurz darauf meldeten sich auch per Brief die Entsorgungsbetriebe – der Müllgebühren wegen. Etwas lieblos das Ganze, aber durchaus korrekt, denn schließlich war quasi über Nacht aus dem Zwei- ein Dreipersonen-Haushalt geworden. Jawoll, so geht Bürokratie.
H. Reile
Hallo Herr Reile,
bezüglich Müllgebühren habe ich für alle kommenden Eltern noch einen Tipp: Stichtag für den ganzen Monat ist der 14. Mit einem am 14. des Monats geborenen Sohn habe ich selber die Erfahrung gemacht, dass dann auch rückwirkend der ganze Monat berechnet wird, obwohl der Kleine seine brennwerte Windelpracht noch gar nicht in die Mülltonne entleeren konnte. Deshalb: wer es noch steuern kann, der wähle den 15. oder später als Geburtstermin und erfreue sich zumindest über ein paar Tage Gebühren-freie Müllentsorgung.
Viele Grüße!