Neue Runde im Konstanzer Glaubenskrieg um den Autoverkehr

Eigentlich ging es in der eilends einberufenen Sondersitzung um die geplante Verkehrsberuhigung am Bahnhofplatz und die Erweiterung des Parkhauses am Einkaufszentrum Lago. Der Technische und Umweltausschuss (TUA) des Konstanzer Gemeinderats sollte die endgültige Entscheidung des Gemeinderats am 30.6. vorberaten. Das TUA-Abstimmungsergebnis aber war absehbar: Bei Stimmengleichheit wurden beide Vorhaben der Stadtverwaltung abgelehnt. Doch die Zwischentöne und Seitenhiebe in der Debatte lassen aufhorchen.

Da ist zunächst Oberbürgermeister Horst Frank. Er hatte die TUA-Sondersitzung nicht zuletzt deshalb anberaumt, weil eine Abstimmungsniederlage der Befürworter einer Parkhaus-Erweiterung drohte. Das zu verhindern gelang: Das Patt von 7:7 wurde nur durch die OB-Stimme erreicht – hätte der nicht stimmberechtigte und ordnungsgemäße TUA-Vorsitzende Bürgermeister Werner die Sitzung geleitet, wäre die Abstimmungsschlappe für die Auto-Narren nicht zu verhindern gewesen. So sind die Verwaltungsvorschläge zwar im ersten Durchlauf gescheitert, aber die zumindest psychologisch bedeutsame Unterlegenheit der Befürworter-Stimmen wurde abgewendet. Und die endgültige Entscheidung fällt ohnehin erst der Gemeinderat in seiner Sitzung am Monatsende.

Masterplan Mobilität ist gefragt

Die Debatte brachte viel Neues nicht zutage – folgerichtig wurde sie dann auf Antrag von Roland Wallisch (FGL) auch nach schon 75 Minuten abgebrochen: Auf der einen Seite die strammen Verkehrs-Konservativen aus CDU und FDP, die um jeden Parkplatz und jedes Auto mehr im Stau streiten, auf der anderen FGL und SPD, die gegen eine Parkhauserweiterung sind und die finanzielle Verquickung mit der Begegnungszone am Bahnhof ablehnen. Und dazwischen die Freien Wähler, die zwar in der vorigen Sitzung eine Absetzung dieser Tagesordnungspunkte durchsetzten, nun aber durch Anselm Venedey erklären ließen, sie stimmten der Stadtverwaltung und ihren Plänen zu. Der Konstanzer Glaubenskrieg um den Autoverkehr in der Innenstadt geht also munter weiter.

Aufhorchen ließ immerhin der Redebeitrag von Dr. Jürgen Ruff, der für die SPD eine Umsetzung eines längst verabschiedeten ‚Masterplans Mobilität‘ einforderte und „die Gefälligkeit gegenüber einem Investor“ kritisierte. Damit meinte er das Sponsoring der Begegnungszone am Bahnhof durch den Finanzier des Lago-Kaufhauses, das auch von Anne Mühlhäußer (FGL) zum wiederholten Male angeprangert wurde.

Diese Auskunft muss Ihnen in öffentlicher Sitzung genügen“

Bemerkenswert die argumentativen Volten der Stadtverwaltung. Zunächst ließ sie Martin Wichmann vom Amt für Stadtplanung und Umwelt erklären, dass die finanzielle Unterstützung städtischer Bauvorhaben „durch Vorhabenträger keine Besonderheit“ sei, das hätte es bei Great Lakes und der Sparkasse auch schon gegeben – auf die Unterschiede solcher Förderungen wollte man allerdings lieber nicht eingehen.

Dann erklärte OB Frank, eine „Parkplatzablöse von über einer Million Euro“ – so von der Initiative „Das bessere Verkehskonzept“ angemahnt – könne die Stadt ohnehin vergessen, denn die fraglichen Geschäfte würden „genügend Parkraum in angemessener Nähe“ nachweisen können. Auf die Nachfrage von Holger Reile, LLK-Stadtrat und nur als nicht stimmberechtigter Zuhörer auf der Sitzung, was denn „angemessene Nähe“ bedeute und warum neue Parkplätze gebaut werden sollten, wenn offensichtlich doch Parkplätze genügend vorhanden seien, fiel OB Frank nur ein: „Diese Auskunft muss Ihnen in öffentlicher Sitzung genügen“. Was wohl meint: Nur in nicht öffentlicher Sitzung, ohne Presse und unbotmäßige Lauscher, ist er zu Auskünften bereit. Ein doch schon bedenkenswertes Demokratie-Verständnis für einen vermeintlich Grünen.

Fröhliches Streiten bis 2012

Der Streit um das bessere Verkehrskonzept also wird fortgesetzt, auch über die Entscheidung des Gemeinderates am 30.6. hinaus – da kann sowieso mit einer wieder knappen Mehrheit durch die OB-Stimme pro Parkhauserweiterung gerechnet werden. Doch Anrainer und Umweltverbände, das wurde schon angekündigt, werden mit wohl guten Argumenten gegen einen solchen Beschluss vor Gericht klagen.

Das Thema bleibt uns also erhalten. Bis ins Jahr 2012 mindestens. Zusammen mit der auch schon vor Gericht verhandelten Causa Müller-Esch also genügend Skandalstoff – profitabel für Journalisten, blamabel für Konstanz. Und nebenbei: Steht nicht 2012 auch die Neuwahl des Oberbürgermeisters an?

Autor: hpk

 

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