Konstanzer Verkehrschaos: Ende der Fahnenstange
Die Stadt erstickt Woche für Woche im Verkehr und es wird immer schlimmer. Die Stadtverwaltung wiegelt ab und redet das Problem seit Monaten schön. Das geplante und millionenteure C-Konzept ist in weiter Ferne und zudem fragwürdig. Lauwarme Appelle verglühen und Besserung ist nicht in Sicht. Die Schmerzgrenze ist längst überschritten.
Nicht nur an den Wochenenden umklammert ein kilometerlanger Autowurm die größte Stadt am Bodensee. Ging man früher von rund 60 „Spitzentagen“ pro Jahr aus, sind es nun fast doppelt so viele. Auch wenn längst alle Parkhäuser voll sind, bewegt sich stinkendes Blech aus allen Richtungen zum Stadtzentrum, über dem giftiger Abgasnebel wabert. Zugeparkte Einfahrten sind die Regel, vollgestellte Gehsteige ebenso und auch für Busse und Hilfsdienste aller Art ist kein Durchkommen mehr. Im Ernstfall eine Katastrophe, ließ dieser Tage die Feuerwehr verlauten.
Die Stimmen mehren sich, die nicht daran glauben wollen, dass das C-Konzept, abgesegnet von einer gemeinderätlichen Mehrheit, tatsächlich die beste Lösung für den Altstadtring sein soll. Es müsse nochmal ernsthaft auf den Prüfstand, wird vielfach gefordert. Und: Wer A gesagt habe, müsse nicht B sagen, wenn er einsieht, dass A falsch war.
Ein großer Teil der Stadtbevölkerung ist nicht mehr gewillt, die Zustände wider alle Vernunft weiter duldsam hinzunehmen. Wer die dementsprechenden Kommentare zum Thema Verkehr im Südkurier oder auf seemoz liest, merkt: Die Leute haben es endgültig satt und fordern von den Verantwortlichen im Rathaus schnelle Sofortmaßnahmen. Beispielsweise an den Wochenenden die konsequente Absperrung aller Zufahrten in die Innenstadt, spätestens dann, wenn die Parkhäuser restlos überfüllt sind. Und wer auch auf den P&R-Plätzen am Stadtrand kein freies Plätzchen mehr findet, hat eben Pech gehabt. Ansonsten gilt, vor allem für die Besucher aus der Schweiz: Eure Bahnverbindungen Richtung Konstanz sind in der Regel einwandfrei, also nutzt sie und lasst Eure Autos gefälligst zu Hause.
Viele KonstanzerInnen fragen sich mittlerweile, da ihnen der Glaube an eine durchsetzungsfähige Verwaltung längst abhanden gekommen ist: Warum nehmen wir das vorübergehend nicht selbst in die Hand und setzen zumindest symbolische Zeichen? Getreu dem Motto: Wenn gegen den Wahnsinn konkret nichts unternommen wird, wird bürgerschaftlicher Widerstand zur Pflicht. Kaum ein Jahr ist es her, da pilgerten Hundertschaften aus Konstanz ins nahegelegene Tägermoos, um vor Ort eindrucksvoll gegen die Baumfällungen zu protestieren. Es müsste doch möglich sein, an einem der kommenden Samstage zumindest ebenso viele dazu zu bringen, sich an Blockaden, Flash-Mobs und fantasievollen Aktionen zu beteiligen, denn verkehrspolitisch gesehen ist Konstanz zum Notstandsgebiet verkommen. seemoz wäre dabei. Wer noch?
H.Reile (Foto: Archivbild hpk)
Hallo Herr Anderegg,
es gab schon mehrere Versuche, den mehrwertsteuerfreien Einkauf im schweizerisch-deutschen Handel abzuschaffen bzw. einzuschränken, allen voran die „Kreuzlinger Initiative zur Abschaffung der Mehrwertsteuersubvention“ (KAMS). Aktuelle Informationen und wie eine Lösung aussehen könnte, finden Sie hier:
http://www.kams.ch/
Im Juni 2015 lehnte Schäuble übrigens eine Bagatellgrenze ab, da eine Einführung nur im deutsch-schweizerischen Grenzverkehr problematisch sei. Sie müsse dann auch für Seehäfen sowie Tax-Free-Geschäfte in ganz Deutschland gelten und könne auf erhebliche Widerstände des Einzelhandels stoßen (Umsatzeinbußen und der so gerne und immer wieder beschworene Verlust von Arbeitsplätzen).
Wie wäre es denn, wenn die „grünen“ Zettel für die Mehrwertsteuer-Rückerstattung erst ab 50 oder 100 Euro ausgestellt würden ? Der Einkaufstourismus würde ziemlich rasch reduziert. Will man das ? Wenn nicht, was soll denn das Gejammer ?!
Man sollte am C-Konzept festhalten, den es geht langfristig in die richtige Richtung. Es ist ggf. mit Sofortmaßnahmen zu ergänzen, um den Verkehr aus der Stadt zu halten. Allen Konstanzer_innen müssen die bestehenden Alternativen schmackhaft gemacht werden: Fuß, Rad, Bus.
„Gegen Masseneinwanderung“ hieß vor zwei Jahren das Volksbegehren in der Schweiz.
Ich würde das gerne umdrehen: „Gegen Kauflemminge“ oder „Die Schweiz den Schweizern“ – aber Letzteres wäre wohl zu subtil.
Ich bin stinksauer, dass diese schöne Stadt regelmäßig an Wochenenden in ihrem Leben lahmgelegt wird.
Und ich bin stinksauer auf die politisch Verantwortlichen, die die (eigenen) Einnahmen über das Lebensgefühl der (Steuern zahlenden) Bewohner dieser Stadt stellen.
Mein Vorschlag: Freitags und samstags dürfen nur noch Fußgänger über die Grenze. Anzahl der Plastiktüten: beliebig.
Und auf den vielen freien Parkplätzen werden Kunstobjekte ausgestellt. Gruß an Peter Lenk.
Werter Herr Dietrich, es geht doch in einer Stadt nicht nur ums Einkaufen! Ihre Sicht scheint mir in beiden Beiträgen nur den eigenen Horizont zu beachten. Es gibt Menschen, die wohnen hier und finden keine Möglichkeit mehr, nach Hause, in die Innenstadt oder aus der Stadt hinaus zu kommen. Ebenso wenig die Rettungsfahrzeuge. Auch kann sich nicht jeder Mensch mit dem Fahrrad überall vorbei schlängeln oder noch besser, munter ausschreitend zu Fuß die Stadt erobern. Gehbehinderte und alte Menschen, Kinder usw…warten schier endlos auf unpünktliche Busse, die dann gnadenlos überfüllt sind. Oder gar nicht mehr fahren, weil ihre Fahrer die Fahrgäste aus dem Bus werfen und ratlos zurück lassen, weil sie ihren Dienst zeitlich beendet haben und mit leerem Bus ins Depot fliehen. Die Auswirkungen des überforderten Einkaufstourismus bei zu vielen geschlossenen Zollübergängen wirken so einschneidend negativ auf die Wohn- und Lebenskultur, dass die Überlegungen, wie lange jemand für welchen Preis bereit sein mag, mit seinem Auto vor dem Parkhaus oder am Zoll im Stau zu stehen, marginale Bedeutung gewonnen haben. Über dieses Entwicklungsstadium sind wir schon lange hinaus. Man sollte nicht alles dem freien Markt überlassen und auch nichts mehr schönreden.
Man könnte das Alphabet samt den Umlauten für die Kennzeichnungen von Verkehrsvarianten bemühen und keine davon würde richtig funktionieren, denn es geht um ein Gleichgewicht zwischen dem was der gewöhnliche Schweizer Einkaufstourist bereit ist an Stauwartezeiten und anderen Hindernissen zu erdulden und dem Vorteil den er sich beim billigen Einkauf erhofft.
Mit andern Worten : ein flüssiges und effektives crowd- handling beim Verkehr und Einkauf würde den Zustrom nur erhöhen, bis der alte Zustand wieder Eintritt.
Eine intelligente Lösung wäre m. E eine, die den Autoverkehr schon im Entstehen verringert und zwar nicht mit Restriktionen wie das Sperren von Hauptverkehrstrassen sondern mit Angeboten zur alternativen Anreise. Der Vorteil, wie H. Reile richtig bemerkt, dass Hafen und Bahnhof in unmittelbarer Nähe zu den Einkaufsmöglichkeiten sind, wird viel zu wenig genutzt. Dazu passt die C- Variante mit einer verkehrsfreien Bahnhofstrasse bestens.
Der Einzelhandel als Nutzniesser steht hier in der Pflicht. Er sollte gefälligst nicht nur auf den Gewinn sehen sondern auch seinen Teil an der Verantwortung übernehmen.
@Herr Gögele Natürlich rieche ich den Dieselgestank, aber ohne den ÖPNV s ins lächerliche ziehen zu wollen, aber an die Schwaden die ein Gelenkbus mit 400 PS beim Anfahren an den Ampeln und den Haltestellen Schnetztor und Bodanplatz erzeugt kommt so schnell nichts ran.
Helmut Dietrich reagiert auf den Konstanzer Stau, der sich nicht nur „Freitagnachmittag bis Samstag“ zeigt, sondern sich oft, besonders an Brückentagen, über mehrere Tage hinzieht, fatalistisch. In klassischem Ruhrgebietsdeutsch empfiehlt er, doch nicht so ein grosses „Bohei“ zu veranstalten. Individualanalytisch kommt er – als Radler – zum Schluss, dass alles nicht so schlimm sein. So kann man selbstverständlich auch argumentieren. Es bringt zudem wenig, DLF und SRF zu zitieren: Das ist Überland. Was Konstanz – als kleine Stadt! – erlebt, erleben muss, ist nun mal in allen Teilen auf engstem Raum unvernünftig und auf Dauer kaum sinnvoll für das Stadtimage, im Kern umweltschädlich, gefährlich einengend für Rettungsdienste und Feuerwehren, zieht den öffentlichen Busverkehr ins Lächerliche, usw. Das alles ist bekannt. Und wenn es tatsächlich durch intelligiente Maßnahmen gelingen könnte, diesen ungemütlichen Zustand zu verändern, so sollte man es doch so rasch wie wöglich anpacken. Dazu braucht es vorgelagert keinen Stadt-Ghandi, aber Einwohner (wie auch immer organisiert), die sich bemühen, vernünftige Gedanken einzubringen, in welcher Richtung lösungsorientiert zu handeln wäre, um einen ziemlich stadtmehrheitlich als „ungut“ beurteilten Zustand zu verändern, auch wenn man sich vielleicht nicht direkt betroffen fühlt, oder andere Wege kennt, dem Fatalen auszuweichen. Letzteres beschriebe geradezu vortrefflich das zweifelhafte Zustandsbild besonders der inneren Stadt.
Lieber Herr Neidhart, so gerne würde ich Ihnen recht geben, aber Konstanz hat die prekäre Wochnendsituation seit über zwei Jahren, Tendenz steigend und, was die zwei neuen DM-Märkte mit sich bringen werden, dürfte kaum dazu beitragen, dass die Stadt eine bessere Verkehrssituation hinbekommt.
Und Sie, lieber Herr Dietrich, sind beneidenswert, dass Sie die anderen Dieselfahrzeuge nicht riechen. Vielleicht bin da nur ich so ein pathologischer Fall, dass mir hinter einem Dieselfahrzeug zum Erbrechen schlecht wird. Ein Umweltindikator bin ich damit allemal und weiß, wie giftig Dieseldämpfe für uns Menschen sind.
Und letztendlich geht es mir nochmals um das Durchkommen von Rettungsfahrzeugen, Feuerwehr und Polizei in diesen Staus. Und das sollte allen Konstanzern wichtig sein. Dafür muss die Stadt Lösungen finden.
Ich wohne schon ganz in der Nähe des Geschehens, aber das Bohei darum kann ich nicht wirklich nachvollziehen (ehrlich nicht).
Früher war die Warteschlange beim Migros, heute eben im Lago.
Ist es ein Problem weil man : a) nur zu den Stosszeiten und nur mit dem Auto in der Innenstadt einkaufen kann oder b) eine atavistische gefühlte Bedrohung aus dem befreundeten Ausland ?
Bleibt als 3. Argument Lärm und Gestank. Nach meiner Erfahung als Radler in der Kolonne trifft das wirklich nur auf die roten Arnolde beim Anfahren an der Ampel und von den Haltestellen zu .
Die restlichen langsamen Fahrzeuge sind dagegen harmlos.
Man höre sich einmal die täglichen Staumeldungen im DLF oder SRF an, auch dann relativieren sich die konstanzer Probleme etwas.
Ein Aufruf zum bürgerlichen Ungehorsam hat Tradition – der Druck der Strasse hat schon manches erreicht : von Ghandi, black power, Atomkraft, Nachrüstung bis zum Christopher Street Day…
aber wegen einem vorhersehbaren Verkehrsstau von Freitagnachmittag bis Samstag scheint mir das doch etwas überzogen
Lieber Herr Gögele: Mit Bußen erreicht die Stadt das Ziel nicht. Das ist ein Nebenschauplatz. Vielmehr müsste ein entscheidender „Ruck“ (Herzog) durch Räte und Bevölkerung gehen, damit sich im Wortsinn in Konstanz „etwas bewegt“, besonders die Kernstadt nicht für Jahre „dort stehen bleibt“, wo sie sich heute verkehrs- und umweltbezogen befindet. Der Jetzt-Zustand ist auf Dauer unhaltbar, schadet dem Stadtimage. Die Bewohner der Kernstadt, sowie die hier Arbeitenden sind sich dessen bewusst. Es ist Zeit zu handeln, auch wenn ganz unterschiedliche Interessenlagen bestehen mögen, um die Situation letztlich zum Positiveren gestalten zu können. Hat viel mit Vernunft zu tun. Derzeit herrscht das Gegenteil.
Mit dem Tägermoos und der Rettung der Pappeln ging das so:
Erst mal sich treffen und Treffpunkt im SK und anderen Medien bekannt geben.
Dann, egal wie viel oder wenige kommen, die nächsten Schritte gemeinsam festlegen.
Sehr zielführend war zu Beginn und zur Orientierung die Petition. Damals war es die Rettung der Pappelallee. Diesmal ist es die Rettung der Stadt vor dem Verkehrskollaps. Positiv gefordert: Ein Konzept, das jeglichen unnötigen Autoverkehr draußen lässt. Und gleichzeitig fleißig an umwelt- und menschenfreundlichen, unterschiedlichen Formen der Beförderung denkt. Soweit die grobe Forderung für eine Petition.
Hat man die, ist man schon zur Bürgerinitiative aufgestiegen.
Wenn es sich zeigt, dass die Petition Anklang findet, weil sie vernünftig ist und Alternativen fordert, dann kann man sich an die Feinarbeit machen. Erst dann nützen öffentliche Kundgebungen mit Fachleuten und gezielten Themen (wie sieht ein guter P&R Platz aus – welche Möglichkeiten des Transportes von Menschen und Einkaufstaschen gibt es- welche Fahrzeuge sind in der Stadt noch willkommen usw…) Das letztere erfordert dann ein bisschen mehr Arbeit und regelmäßige Pflege, denn das soll ja dann die Alternative darstellen, die unsere wohlmeinenden StadträtInnen überzeugen muss.
Aber es macht Spaß und ich bin dabei.
Ja, Herr Neidhart, für mich sieht das alles sehr zerredet, aber nicht aufgedröselt aus. Es gäbe für den Anfang zu einer besseren Lösung drei zumindest kleine Schritte:
1. Busspuren sind auch Spuren für Notfallfahrzeuge aller Art und diejenigen, die diese Spuren blockieren, können entsprechend gebüßt werden. Und das ab sofort und wirksam!
2. Es müsste endlich einmal eine Stadtregierung es schaffen, die Dieselfahrzeuge aus ihrer Stadt zu verbannen. Konstanz befindet sich in der Notlage, handeln zu müssen, auch, wenn die Luftbelastung noch nicht wie manchmal im Stuttgarter Talkessel oder in Paris oder gar wie in Peking ist. Über das Thema Umweltbelastung durch Dieselfahrzeuge muss nicht mehr diskutiert werden, wenn wir in den letzten vielen Monaten Nachrichten gehört haben und nicht die Lügen der deutschen Autohersteller glauben oder uns diese Lügen gar zu unserer eigenen Haltung machen, weil der Diesel in Deutschland viel billiger ist.
3. Jeder Auswärtige (ich habe nichts gegen die Schweizer!), der sich vom Gottlieber Zoll aus durch die Fischenzstraße über die Europastraße hinweg ins Paradies oder erst, wenn er, nachdem die Grenzbachstraße und die Gartenstraße aus der Schweiz kommend für ihn durch die Verkehrskadetten gesperrt sind, über die große Rheinbrücke fährt, rechtsrheinisch unten im Kreisel wendet und dann auf dem Rückweg sich über die Gartenstraße ins Paradies schleicht (wir wissen alle, dass es so läuft), kann auch bestraft werden, wenn er nicht konkret einen Besuch dort im Wohngebiet begründen kann. und sicher gäbe es noch ein 4. und 5. und so weiter, wenn es nur gewollt wäre, anstatt immer um den heißen Brei zu reden und zu hoffen, dass die Konstanzer Bürger endlich wieder ihren Mund halten.
Dem vorherigen Leserbriefschreiber möchte ich an einem Punkt widersprechen: Konstanz profitiert nicht enorm!
Die ortansässigen Einzelhändler und Gewerbetreibende zahlen hier in der Stadt ihre Gewerbesteuer. Alle Filialisten zahlen hier nichts an Gewerbesteuer.
D.h. die „netten, eingesessenen und originalen“ Geschäfte tragen ihren Beitrag zur Stadtentwicklung und zum -unterhalt. Alle Anderen machen hier ihren Reibach und zahlen an ihrem Stammsitz einen eher kläglichen Steuerbeitrag, weil sie nur für diesen Ort zahlen und nicht für alle Filialen im Land.
Bei der Profitsucht allerorten steigen in Konstanz die Mieten, die Preise allgemein. Wer davon profitiert…? Die, die schon besitzen und zur Not dahin ausweichen können, wo es nicht soviel Verkehr und Dreck und Stau … gibt.
Weder mit „Nulltarif im Bus“, noch mit der Aufforderung an Besucher aus der Schweiz, sie sollen ihre Autos „gefälligst zu Hause lassen“ (H.Reile), wird sich die Verkehrssituation in Konstanz (und Kreuzlingen!) auf die Schnelle grundlegend verändern lassen. Auch das C-Konzept bleibt vorerst ein Modell, das für sich allein noch keine grösseren Bewegungen in den Stau bringen würde. Und mit einer angedrohten (Verkehrs-) „Blockade“ oder einem modischen „Flash-Mob“, macht man lediglich wiedermal auf die real existierende Verkehrssituation aufmerksam. Sie ist hinlänglich bekannt. Wenn sich durch solche – friedlichen! – Aktionen in der Stadt ein „anderes Denken“ beschleunigen lässt, um tatsächlich an der richtigen Stelle zu handeln, kann es ja gut sein. Aber wo ist die „richtige Stelle“?
Man könnte sich einbilden, dass allenfalls eine gewisse Verkehrsverlagerung/-beruhigung dann stattfinden könnte, wenn einerseits in Singen das Einkaufszentrum am Bahnhof gebaut ist, andererseits tatsächlich in Wigoltingen/CH das grosse Fashion Outlet Center „Edelreich“ der Geschwister Klopfenstein der JTM (Jürg Thomas Monika) Rütenen AG entsteht. Wigoltingen hat dem Projekt bereits zugestimmt. Am 24. Januar muss die Nachbargemeinde Müllheim noch abstimmen, da zwei Zufahrtsstrassen auf ihrem Gebiet liegen. Der Gemeinderat hat hier zwar ebenso sei Plazet geliefert, doch wurde dagegen erfolgreich ein Referendum eingebracht. Stimmt Müllheim ebenso zu, muss noch der Kanton Thurgau die Planungsunterlagen bewilligen. Gegen beide Projekte – Singen und Wigoltingen – hat die Stadt Konstanz opponiert in der vagen Hoffnung, dass sich die Einkaufsströme in der Region (kommerziell gedacht!) nicht verändern. Ginge dieser geheime Wunsch in Erfüllung, würde im Zeitverlauf sogar zunehmend noch mehr Stau auf die Stadt zukomme: Der Individualverkehr erhöht sich weiter ungebremst.
Ich glaube jedoch nicht daran, dass sich im „schlimmsten Fall“, d.h. wenn beide beschriebenen neuen Centers tatsächlich erstellt wären, dieses „Strömen nach Konstanz“ entscheidend nachlassen würde. Dazu ist „die Stadt zum See“ viel zu attraktiv. Und auch die Tatsache, dass im ersten Halbjahr 2016 zum ersten Mal seit Jahren etwas weniger Zahlungen – wie man hört – über das „Maestro“-Zahlkartensystem erfolgten, kann ein Indiz dafür sein, dass sich das zu beobachtende „Schwarmverhalten“ ändern könnte. Allenfalls wäre womöglich mit eine Korrektur an der Schweizer Frankenwährung ein auffälliger Rückgang denkbar. Solange in einer unsicheren Zeit nach wie vor viel Geld zu den Eidgenossen wandert, wir sich im Geldwertverhältnis Euro-Franken jedoch kaum viel ändern (ist übrigens besonders für das Gewerbe der Schweizer Grenzregion betrüblich, wie da im entfernten Bern durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) verfahren wurde und wird. Umgekehrt profitiert Konstanz derzeit enorm, ein Effekt, den man grenzlagenbezogen erfahrungsgemäss kennt).
„Guter Rat ist also teuer“, wenn es um die wirklich notwendige Entflechtung der Verkehrsströme in und um Konstanz/Kreuzlingen an Spitzentagen geht. Sollte man mal vielleicht gezielt bei der Hochschule HTWG und/oder an der Universität anklopfen, ob da vielleicht „der Stein des Weisen“ gefunden werden könnte? Es müssten allerding mehrere Steine gefunden werden! Die Insellage der Stadt ist nun mal verflixt. Die müsste man tatsächlich aus einer Schwebebahn heraus gut erkennen! Was jedoch derzeit allein über der Stadt schwebt, sind eine Menge Gedanken zum Thema Verkehr. Doch Entscheidendes bewegt sich nicht. Es staut sich nach wie vor. Also muss sich die Stadt kräftig bewegen. Sagen wir mal so: 2017/18 sollte sich konkret etwas ändern, ohne dass die Stadt an Kaufkraft einbüsst. Ist das überhaupt machbar? Man könnte verzweifeln. Nur würde das am wenigsten nützen. Gerade weil sich im Umfeld (Singen, Wigoltingen) etwas zu bewegen scheint, muss Konstanz selbst aktiver werden („Angst essen Seele auf“). Der freie Zugang zur Stadt, das Bewegen in der Stadt – für alle! -, muss gewährleistet sein. Vielleicht wird das Warten im Stau vor und in der Stadt eines Tages noch zum Bumerang. Es ist derzeit erstaunlich, wie viel Unsinn Automobilisten ertragen. Und dieser Unsinn „wabert“ dann tatsächlich noch als „giftiger Abgasnebel“ (H.Reile) über das Stadtzentrum. Das ist zusätzlich die überaus betrübliche, die Umwelt, die Bevölkerung real belastende Seite. Die Stadt ist schon allein aus dieser Sicht gefordert.
Es wird Zeit, die merkantilen Interessen der Stadt im erträglichen Gleichklang mit den Bedürfnissen der einheimischen Bevölkerung durch ein erkennbares Signal zu berücksichtigen und dringend Notwendiges in die Wege zu leiten.
Offensichtlich müssen unsere politischen Verantwortlichen viel mehr Druck von „der Straße“ bekommen.
Wenn die Bundeskanzlerin und große Teile der Regierungsbank im Parlament aufschlußreiche und berechtigte Kritik der Oppositon seit langem nicht mehr hören, weil sie twitternd und daddelnd in den sozialen Netzwerken unterwegs sind oder das Parlament verlassen um sich mit den wirklich wichtigen „Einflüsterern“ zu treffen, wie soll es dann auf „tieferer“ politischer Ebene besser bestellt sein?
Im Zweifelsfall wird Alles ausgesessen, natürlich alternativlos!
Ja, es ist Zeit an vielen Stellen deutliche Zeichen zu setzen. Unser aller direkter Lebensort Konstanz gehört dazu!