Endlich: Konstanz bekommt einen dm

Darauf mussten die KonstanzerInnen lange warten. Was seit Monaten als Gerücht um die städtischen Mauern pfiff, wird nun tatsächlich wahr. Der Drogeriemarkt dm eröffnet seine erste Filiale in der Kreuzlingerstraße. Eine gute Nachricht, findet unser Redaktions-Schelm.

Seit vielen Jahren wehrt sich die Stadtverwaltung dagegen, die Konstanzer Innenstadt dem Kommerz auszuliefern. Zu viele Filialen, ließ sie unentwegt verlauten, passten nicht zum mittelalterlichen und verträumten Charme der größten Stadt am Bodensee. Man müsse, so ihr eisernes Credo seit 1848, zuallererst an die Einheimischen denken, die ansonsten das Gefühl bekämen, man biete die geliebte Scholle den Meistbietenden zum Ausverkauf an. Vorrangig ginge es darum, die Lebensqualität der Ureinwohner zu schützen und daran wolle man auch festhalten.

Aber die Tage scheinen langsam gezählt, in denen den Konstanzer Einkaufstouristen nichts anderes übrig blieb, als in die nahegelegene Schweiz einzufallen, um sich dort mit Pampers, Shampoo, Zahnpasta, Präservativen, Prothesenhaftcreme, Lippenstift und anderen Dingen des täglichen Bedarfs einzudecken. Jeweils an Wochenenden quälen sich seit Jahr und Tag kilometerlange Autoschlangen hinüber ins Land der Eidgenossen, teilweise bis nach St. Gallen, und die deutschen Heuschrecken kaufen regelmäßig die Läden leer.

Der dortige Einzelhandel jubiliert über die gigantischen Umsätze, doch die Schweizer BürgerInnen murrten unlängst vernehmlich und drohten sogar damit, kurzfristig ihre Grenzen zu schließen. Sie haben ganz einfach die Schnauze voll: Ein Verkehrskollaps nach dem anderen, verstopfte Straßen, zugeparkte Einfahrten und Gehwege, dazu eine Schadstoffwolke, wie man sie bei unseren Nachbarn noch nie erleiden musste. Zudem nahmen die Atemwegserkrankungen vor allem bei Kindern und Senioren ein ungeahntes Ausmaß an. Die Gesundheitsbehörde des Kantons Thurgau schlug Ende 2016 Alarm und forderte die Stadt Konstanz auf, dem grenzüberschreitenden Treiben unverzüglich ein Ende zu setzen und die Versorgung ihrer Bevölkerung mit Drogerie-Artikeln selber in die Hand zu nehmen.

Dieser unmissverständliche Appell zeigte schnell Wirkung. Der hartnäckige und auch altbackene Widerstand der Verantwortlichen im Konstanzer Rathaus gegen den Lauf der Zeit scheint nun gebrochen, denn dieses Jahr noch wird sich in der Kreuzlingerstraße ein dm-Markt einnisten. Man wolle verhindern, so eine Pressemitteilung von Oberbürgermeister Burchardt, dass das gute Verhältnis zu den Schweizern Schaden erleide und einen dm-Markt könne Konstanz voraussichtlich doch ganz gut verkraften. Zur Einweihung wird dm-Gründer Götz Werner erwartet, der sich auch feierlich ins Goldene Buch der Stadt eintragen darf.

Wohlwissend, dass dann der umgekehrte Run auf die neue Einkaufsmöglichkeit im beschaulichen Konstanz einsetzen könnte, plant man klugerweise vor. Direkt nach ihrem Grenzübertritt will man die Kunden aus der Schweiz am Döbele-Kreisel (dort gibt es einen beheizten Wickelraum) von Mitarbeitern des Konstanzer Stadtmarketings gratis mit frischen Inkontinenzeinlagen versorgen lassen. Das, so Stadtmarketingchef Eric Thiel, soll verhindern, „dass die Besucher aus dem Nachbarland nicht überall in der Innenstadt diese hässlichen Spuren hinterlassen, wenn sie sich vor Begeisterung über die günstigen deutschen Preise spontan einnässen“. Stimmt, denn noch immer gilt: „ Sauberer isch´s konstanzerischer“.

Kuno Schelmle