Wie türkische Frauen sich wehren

Diese Woche setzt sich das Zebra-Kino- Programm zusammen aus einem aktuellen Drama, in dem sich Lee Chandlers Leben durch einen Anruf verändert und einem weiteren Film des Schwerpunktes WHAT IT TAKES TO BE A GIRL, in dem fünf türkische Schwestern bei ihrem Onkel aufwachsen. Zudem gibt es eine Uni-Kooperation: Studierende versahen das australische Aborigine-Musical „Bran Nue Dae“ erstmals mit deutschen Untertiteln.


Manchester by the Sea

USA 2016, 137 min, Regie: Kenneth Lonergan, FSK 12, mit deutschen Untertiteln

Lee Chandler (Casey Affleck) ist ein schweigsamer Einzelgänger, der als Handwerker eines Wohnblocks in Boston arbeitet. An einem Wintertag erhält er einen Anruf, der sein Leben verändert. Das Herz seines Bruders Joe (Kyle Chandler) steht still. Nun soll Lee die Verantwortung für seinen 16-jährigen Neffen Patrick übernehmen. Äußerst widerwillig kehrt er in seine Heimat, die Hafenstadt Manchester by the Sea, zurück. Kenneth Lonergan erzählt in ruhigen und starken Bildern mit einem herausragenden Casey, wie es ist, wenn normalen Menschen schier Unfassbares passiert.

Ebenfalls erstklassig ist das Ensemble, das Affleck umgibt. Lucas Hedges (Grand Budapest Hotel) verkörpert einen rundum glaubhaften Teenager, auch Kyle Chandler (Carol) und Gretchen Mol (Broadwalk Empire) erfüllen ihre Rollen mit Leben; Michelle Williams (Blue Valentine) brilliert als Lees (Ex)-Frau mit einer beispiellosen schauspielerischen Wucht.

Der Film wurde Anfang 2016 auf dem Sundance Film Festival uraufgeführt. Bei den Golden Globe Awards im Januar 2017 war Manchester by the Sea in fünf Kategorien nominiert und gewann den Preis für den besten Hauptdarsteller (Casey Affleck).

Spieltermine: Do., 2.2. 20 Uhr | Fr., 3.2., 21:15 | Sa., 4.2., 19 Uhr | So., 5.2., 19:30 | Mo., 6.2., 21:15 | Di., 7.2.17, 19:00 Uhr


Mustang

TR/FRA/DEU 2015, 97 min, Regie: Deniz Gamze Ergüven, FSK 12, mit Untertiteln

Sommer in einem türkischen Dorf. Lale und ihre vier Schwestern (Foto) wachsen nach dem Tod der Eltern bei ihrem Onkel auf. Als sie nach der Schule beim unschuldigen Herumtollen mit ein paar Jungs im Meer beobachtet werden, lösen sie einen Skandal aus. Ihr als schamlos wahrgenommenes Verhalten hat dramatische Folgen: Das Haus der Familie wird zum Gefängnis, Benimm-Unterricht ersetzt die Schule und Ehen werden arrangiert. Doch die fünf Schwestern beginnen, sich gegen die ihnen auferlegten Grenzen aufzulehnen. Einfühlsam und kraftvoll zugleich setzt die junge Regisseurin Deniz Gamze Ergüven die unzähmbare Lebenslust der fünf Schwestern in Szene, die sich in einer von Männern geprägten Gesellschaft ihr Recht auf Selbstbestimmung erkämpfen. Mustang wurde u.a. für einen Oscar als bester fremdsprachiger Film 2016 nominiert.

Spieltermine: Fr., 3.2., 19:00 | Sa., 4.2., 21:45 | Mo., 6.2., 19:00 | Di., 7.2., 21:45 Uhr


Bran Nue Dae: Das Untertitelungsprojekt

Bran Nue Dae ist einer der vielen großartigen Filme aus Australien, der leider nie einen Kinostart in Deutschland bekam. So bot sich wieder eine Kooperation zwischen Universität und dem Zebra Kino an. In einem Workshop haben BA-Studierende der Medien- und Literaturwissenschaften zum ersten Mal überhaupt deutsche Untertitel erarbeitet. Das ist anspruchsvoller, als auf den ersten Blick vermutet. Man spricht viel schneller, als man liest. Also mussten die Originaldialoge nach dem Übersetzen auf etwa die Hälfte gekürzt werden. Besonders intensive Arbeit verlangten die vielen Songtexte des Films. Die sollten nämlich den Rhythmus und die Metrik des Originals erhalten, sich auch noch reimen und schließlich den poetisch bis kitschigen Stil der Lieder aufgreifen. Als Abschluss und Praxistest des Workshops erlebt Bran Nue Dae, acht Jahre nach seiner Erstaufführung, seine Premiere der deutsch untertitelten Fassung am 9. Februar um 19:30 Uhr im Zebra Kino.


Bran Nue Dae: Der Film

AUS 2009, 85 min, Regie: Rachel Perkins, FSK o.A., Original mit deutschen Untertiteln

Der junge Aborigine Willie liebt Broome, sein idyllisches Fischerdorf im Norden Australiens. Willie liebt auch Rosie, sein Mädchen. Leider muss Willie in die ferne Stadt Perth, um in einem Priesterseminar umerzogen zu werden. Und Rosie wird von dem fiesen Rockmusiker Lester bedrängt. Aber Willie rebelliert gegen die Patres, reißt aus und macht sich auf die lange, lange Reise. Heim, nach Broome, und heim zu Rosie …

Der Plot bietet sich an für eine verkitschte Musical-Komödie. Das ist Bran Nue Dae auch – aber nur an der Oberfläche. Denn die Regisseurin Rachel Perkins, selbst eine indigene Australierin und vielfach für die Rechte der Aborigines engagiert, lässt das komische Geschehen zu, aber zieht einen subversiven Subplot ein. Der Film wirkt oft durchgeknallt und überdreht. Bis wir langsam merken, dass hier „weiße“ Klischees gegen Aborigines auf die Spitze getrieben und so entlarvt werden. „Die Anderen“ sind auch in Wirklichkeit entweder diffamiert als primitive Trunkenbolde oder gefürchtet als Beherrscher dunkler Zauberkräfte. Bran Nue Dae ist krass und komisch, grandios gespielt, mit faszinierenden Landschaftsaufnahmen. Das Lachen darf einem gelegentlich auch mal im Hals stecken bleiben.

Spieltermine: Do., 9.2., 19:30 | Fr., 10.2., 21:30 | Sa., 11.2., 17:30 | Mo., 13.2., 19:30 Uhr


MM