Amtsblatt wieder auf der Agenda

Mit dieser Niederlage mögen sie sich nicht abfinden: Außer FGL und SPD wollen wohl alle Fraktionen im Konstanzer Gemeinderat das Thema Amtsblatt wieder flott auf die Tagesordnung setzen. Zumal die Abkanzelung durch OB Burchardt noch heute für Empörung sorgt. „Wenn wir die Bürger in kommunale Entscheidungsprozesse einbinden wollen, müssen wir sie auch ausreichend informieren“, sagt Ewald Weisschedel (Foto) von den Freien Wählern Konstanz zur Begründung.

Noch klingt die fadenscheinige, undemokratische, ja heuchlerische Erklärung des Uli Burchardt in den Ohren, als er die Entscheidung für oder gegen ein Amtsblatt im Konstanzer Gemeinderat aussetzte: Ihm sei die im Gemeinderat zu erwartende Mehrheit von 55 Prozent nicht groß genug, erklärte er und zog den Antrag der Verwaltung zurück. Dieser einseitige Rückzug allerdings setzt die sonst übliche Frist von sechs Monaten für die Wiedereinbringung eines Antrages außer Kraft – jede GR-Fraktion kann das Thema jederzeit wieder auf die Tagesordnung setzen.

Erneut kam das Thema Amtsblatt bei der Januar-GR-Sitzung auf, als der Vorhabenplan der Stadtverwaltung vorgestellt und allgemein begrüßt wurde (seemoz berichtete). Man wies genüsslich darauf hin, dass das genau die Information gewesen sei, die man allen BürgerInnen per Amtsblatt hätte mitteilen können: Wann wird im laufenden Jahr was gebaut, welche Projekte werden ansonsten in Angriff genommen, womit kann Bürgerin und Bürger rechnen? Holger Reile (LLK) erinnerte dann auch süffisant daran, dass eine „kleine radikale Minderheit von blass-rötlich bis grün“ sich gegen ein Amtsblatt ausgesprochen habe, aber damit zu rechnen sei, dass der Punkt umgehend wieder auf die Tagesordnung gesetzt werde. Und genau das passiert jetzt wohl auch.

Für die Freien Wähler ist laut Weisschedel klar: „Wenn wir die Bürger einbinden wollen, müssen wir sie auch ausreichend informieren. Das geht nur über ein Amtsblatt, da die örtliche Presse nur noch einen Teil der Bürgerschaft erreicht und das Internet nicht von allen, vor allem älteren MitbürgerInnen, aktiv genutzt werden kann. Wir begrüßen es dabei sehr, dass die einzelnen politischen Entscheidungsträger im GR ihre möglicherweise konträren Positionen im Amtsblatt darlegen können. Das macht uns zwar Arbeit, ist aber sicher sinnvoller, als auf dem Wochenmarkt zu stehen und Werbeprospekte zu verteilen“.

Ewald Weisschedel erinnert gegenüber seemoz daran, dass in der letzten Klausurtagung des Gemeinderates „alle Fraktionen ein Amtsblatt für sinnvoll gehalten“ haben. Jetzt jedoch: „Es gibt bei den Grünen ein paar AblehnerInnen – und warum die SPD komplett dagegen ist, ist mir rätselhaft“.

Womöglich spielt dabei jedoch die Einflussnahme von SK-Geschäftsführer Rainer Wiesner auch eine Rolle, der nachweislich bei etlichen GemeinderätInnen telefonisch vor einem Amtsblatt warnte. Schließlich würde durch ein Amtsblatt dem Südkurier ein jährliches Anzeigenvolumen von 75 000 Euro verloren gehen. Kein Wunder also, dass der Südkurier das Thema in seiner Berichterstattung weitgehend unter den Tisch fallen ließ. Und natürlich möchte keine Stadträtin und auch kein Stadtrat riskieren, zukünftig in der redaktionellen Beachtung des Monopolblattes zurück gestuft zu werden.

So funktioniert derzeit Medienmache. Es bleibt jedem Gemeinderatsmitglied unbelassen, ob er/sie sich solchen Einflüsterungen beugt. Bei SPD und FGL ist, scheint’s, jedoch besondere Vorsicht angesagt.

hpk