Gewitterwolken über dem Stadttheater?
Die Nachricht wurde en passant gestreut: Die Stadtverwaltung plant eine Organisations-Untersuchung des Konstanzer Theaters, ließ man am Rande der letzten Sitzung des Gemeinderates verlauten. Nur die Betroffenen wissen nichts davon. Das holt seemoz nach.
Thomas Traber, Leiter des Personal- und Organisationsamtes, bestätigte gegenüber seemoz, dass für das erste Halbjahr 2017 „eine strukturelle Untersuchung“ des Theaters geplant sei; man erhoffe sich damit „Informationen über die Aufstellung des Theaters in den folgenden Jahren“; noch aber sei der Auftrag nicht erteilt und natürlich werde der Kulturausschuss des Gemeinderates beizeiten informiert; und natürlich würden „die Theaterleute einbezogen“ – „das geht ja gar nicht anders.“
Nur: „Die Theaterleute“ wissen bislang nichts von einer solchen Organisations-Untersuchung – Nachfragen aus dem Theater beim zuständigen Bürgermeister blieben bis jetzt ohne Antwort, und Intendant Christoph Nix ist derzeit im Krankenstand. Aber Kulturbürgermeister Andreas Osner war gestern doch noch für seemoz zu sprechen. Er sieht sich mit Christoph Nix einig: „Wir wollen ein gut bestelltes Haus. Und dazu gehört die Frage: Wie wird das Theater 2025 aufgestellt? Das aber kann ich, dem das Theater total am Herzen liegt, nicht wirklich beantworten – dazu braucht es externen Sachverstand.“
Nun sind solche Untersuchungen der Organisationsstruktur nichts Ungewöhnliches. In Großbetrieben ist es gang und gäbe, regelmäßig Arbeitsabläufe und Hierarchien auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Allerdings sollte das – das weiß jeder Orga-Experte – unter Einbeziehung der betroffenen MitarbeiterInnen passieren. Und dazu gehört auch und zuerst eine frühzeitige Information. Denn selbstredend bauen sich Ängste auf, wenn die Betroffenen nicht mit ins Boot geholt werden.
Bleibt zu hoffen, dass dieser Fehltritt nicht zu neuerlichen Verstimmungen zwischen Theater und Verwaltung in Konstanz führt – es wäre nicht die erste.
hpk
Ein erster und zudem kostenneutraler Schritt zu einer Untersuchung der Organisationsstruktur des Stadttheaters wäre ein Blick auf die Zahlen: So erwirtschaftete das Stadttheater Konstanz im Jahr 2008 mit einem 95-köpfigen Personal einen Eigenanteil von immerhin 17 Prozent, bei 1078 Vorstellungen betrug der durchschnittliche Zuschuss pro Eintrittskarte schon beachtliche 49 Euro. Seither ist das Personal auf 111 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Jahr 2015 angewachsen, die Zahl der Vorstellungen ist leicht rückläufig (1057), dafür aber der Eigenerlös auf beschämende 13,6 % gesunken, während nunmehr der Zuschuss pro Theaterbesuch auf beachtliche 71,49 Euro angewachsen ist. Da braucht man sich nicht mehr zu wundern, wenn in der Hochkultur-Metropole am Bodensee kaum mehr Geld für das Stopfen von Schlaglöchern auf starke frequentierten Straßen (man teste einmal die Radolfzeller- und die Fürstenbergstraße) vorhanden ist. Vielleicht wäre ein Ansatz, dass sich das Stadttheater nicht nur künstlerisch, sondern auch wirtschaftlich profiliert, den Eigenerlös anhebt, statt stets auf Steuergelder zu spekulieren. Aber wo das Geld fast von allein fließt, da macht man sich eben keine Gedanken mehr zur Wirtschaftlichkeit. Und für andere Anbieter in einer Unistadt bleiben dann nur noch Krümel. Wie würde sich ein 18-jähriger Schüler über einen 50 Euro-Zuschuss für „Rock am See“ freuen, was könnte auf die Beine gestellt werden, wenn der Kula mit einem Zuschuss von über 7000 Euro pro Vorstellung rechnen könnte (bei der Philharmonie sind es übrigens fast 35000 Euro pro Konzert Zuschuss)?
Quelle der Zahlen: Konstanz in Zahlen – jährlich erscheinender Flyer
Sie werden verstehen, lieber Herr Osner, dass ich einen Artikel wie diesen mit Informationen nicht nur aus einer Quelle füttere. Wenn nun die Angaben der einen Quelle mit Ihren Angaben nicht übereinstimmen, brauchen Sie nicht gleich die Wahrheitskeule zu schwingen – zweierlei, sogar divergierende Meinungen oder auch Informationen sind Teil „unseren Geschäfts“. So weit zu Ihrem FAKTENCHECK. Ansonsten bleiben Sie bitte diesem widerborstigen Magazin weiterhin so gewogen, wie Sie es offensichtlich in der Vergangenheit schon waren, selbst wenn wir auch zukünftig nicht nur Ihre Sicht der Dinge präsentieren werden.
Ein schönes Wochenende noch. hpk
Lieber Herr Koch,
Es ist immer schön und erfrischend, Seemoz zu lesen, da er doch oft alternative Fakten im Vergleich zu anderen, von Seemoz regelmäßig kritisierten Medien und Akteuren unterhaltsam präsentiert. Diesmal aber auch „alternativ“ zu meinen gestern Nachmittag Ihnen gegenüber gemachten Aussagen.
Machen wir mal den FAKTENCHECK.
Beispielhaft nur eine von mehreren Aussagen des Artikels.
SIE schreiben:
„Nachfragen aus dem Theater beim zuständigen Bürgermeister blieben bis jetzt ohne Antwort.“
TATSACHE ist:
Es gibt keine Nachfragen des Theaters an mich.
Im Gegenteil.
Herr Traber hat ÖFFENTLICH im Gemeinderat (26.01.17) informiert. Am darauffolgenden Tag (27.01.17) habe ich in meiner Amtsleiterrunde über unsere Vorgehensweise zum Theater-Entwicklungsplan informiert. Dass der Intendant kurz vor dem betreffenden TOP die Sitzung verlassen musste, ist schade, aber wir haben alle dichte Terminkalender. Weiterhin gibt es die bilateralen Rücksprachen mit der Theaterleitung. Leider konnte Herr Nix auch die geplante Rücksprache mit mir am 01.02.17 nicht wahrnehmen – aus von Ihnen selbst genannten Gründen.
Aber ich bin sicher, dass wir noch genügend Gelegenheit haben, den Entwicklungsplan gemeinsam mit der Theaterleitung gut aufzugleisen.
Wäre doch schön,
wenn Sie weiterhin alternativ, kritisch und provokant in Ihren Kommentierungen schreiben. Aber – was die Wahrheit betrifft – „alternativlos“ bei ihr blieben. Damit wird es ja nicht unbedingt langweiliger. Auch mit korrekten Aussagen über die Tatsachen macht es genauso viel Spaß, einen widerborstigen Blog wie Seemoz zu lesen. Er würde dann sogar auch ernster genommen.
Herzliche Grüße
Hoffen wir, dass diese Umstrukturierung nicht etwa zur Verschleierung von Entlassungen in allen Ebenen des Theaters dient. Nachdem in letzter Zeit die Stimmung zwischen Stadt und Theater nicht gerade als harmonisch bezeichnet werden kann, weil unter anderem Christoph Nix mutig und kreativ der Stadtverwaltung den Spiegel vorhält, könnte die Stadt jetzt zum Gegenschlag ausholen. Ich jedenfalls setze mich dafür ein, dass die Arbeitsbedingungen im Theater besser und nicht etwa verschlankt werden.
Simon Pschorr