Alles klar für den Klotz am Schottenplatz?
Eher Verkaufsveranstaltung als Informationsveranstaltung, weniger Bebauungsplan und mehr Belegungsplan – die Bürgerinformation zum Neubau auf dem Konstanzer Schottenplatz geriet zur Werbetour des Investors LBBW-Development und eines selbstzufriedenen Baubürgermeisters. Viele der gut 50 interessierten BürgerInnen zogen dann auch weit vor Ende des zweistündigen Treffens enttäuscht ab – Aufklärung hatten sie sich anders vorgestellt.
Denn die meisten BesucherInnen waren Anrainer, zumeist aus der Schotten- oder Gartenstraße, die zum einen Bauschäden an ihren Häusern durch den umfangreichen Neubau befürchten, zum anderen Angst vor dem übermäßigen Verkehr der Baufahrzeuge haben. Beide Befürchtungen konnten nicht ausgeräumt werden: Immer wieder verwies Heike Klotz, Geschäftsführerin des ausführenden Architekturbüros Jo. Franzke, darauf, dass die Planungen soweit noch nicht fortgeschritten seien, als dass sie solche Fragen jetzt schon beantworten könne.
Andererseits: Nein, an den jetzt vorliegenden Bauplänen könne nichts mehr geändert werden (selbst eine Fassaden-Begrünung der übermächtigen Bauten wurde ausgeschlossen), erklärten Architektin Klotz und LBBW-Bereichsleiter Sailer wie aus einem Mund.
Baubeginn 2020
Ab 2020 sollen dort, wo jetzt noch das Vincentius-Krankenhaus steht (der Auszug des Krankenhauses ist im ersten Halbjahr 2018 vorgesehen, die Planungen für den Neubau dürften 2019 abgeschlossen sein, der Baubeginn ist auf 2020 terminiert) 10 vierstöckige Häuser mit rund 100 Wohnungen entstehen, davon 30 bis 40 Prozent Mietwohnungen, 60 bis 70 Prozent Eigentumswohnungen – 20 Prozent davon im „geförderten Wohnungsbau“, 10 Prozent als „preisgedämpfter Wohnungsbau“. Was zudem bedeutet: Auch Eigentumswohnungen können, so Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn, gefördert werden. Die Wohnungen sollen zwei (65 qm) bis fünf Zimmer (140 qm) groß werden. Angedacht sind zudem verschiedene, begrünte Innenhöfe (Foto) und eine Tiefgarage mit 160 Stellplätzen, wobei einige Parkplätze auch an Anrainer vermietet werden können.
Dieses Projekt („Das Tor zum Paradies“, so Heike Klotz, „mit einem Schottenplatz, der endlich als Platz wahrgenommen wird“) wurde sodann von LBBW-Bereichsleiter Sailer wortreich beworben. Zwar könne er noch keine Miet- oder Kaufpreise nennen – der Vertrieb soll erst 2018 beginnen, doch schon jetzt könne man sich in die ausliegenden Listen als Interessent eintragen. Was dann auch etliche Gäste machten, selbst wenn es ihnen nur darum ging, weiter informiert zu werden.
Diskussion unerwünscht
Viele waren von dieser Veranstaltung enttäuscht. „Was können wir denn noch entscheiden, was noch ändern?“ Und: „Wo bleibt der soziale Wohnungsbau?“ Solche Fragen wurden vom Baubürgermeister abgewürgt, der erkennbar eine politisch gefärbte Diskussion vermeiden wollte. Ihm ging es wohl vor allem darum, sich für „einen schmucken Neubau“ loben zu lassen, während der Investor, die LBBW-Development GmbH als Tochtergesellschaft der Landesbank, möglichst viele Kaufinteressenten abfischen wollte. Beide können mit der Veranstaltung zufrieden sein, die wissbegierigen BürgerInnen wohl weniger.
hpk
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Man kann sich ja auch durchaus fragen, warum dieses städtische Filetstück ohne Aufmucken verkauft wurde, wenn die Stadt doch vorgibt auf dem Weg zur Zukunftsstadt zu sein. Auf der großen Veranstaltung zur Zukunftsstadt hatte man selbst noch einen Referenten geladen der die Vorzüge des Erbpachtmodells vorstellte.
Das ist nun schon wieder Schnee von gestern und stattdessen gibt es jetzt den nächsten Bonzenbunker für den Höchstbietenden.
Und was wäre eigentlich so verkehrt daran, wenn es – radikale Idee- in einer Stadt nur noch dauerhaft „bezahlbaren“ Wohnraum gäbe. Würden dann die Reichen wegbleiben? Lieber teuer im Hinterland kaufen als bezahlbar wohnen am See? Das ist doch alles Schwachsinn und dient allein dazu einer kleinen Elite schöne Spekulationsgewinne und relativ sichere Geldanlagemöglichkeiten zu schaffen.
Und auch das Zukunftsthema ökologisches Bauen hat hier doch keine Rolle gespielt. Wer Zukunftsfähigkeit auf kleine stadtplanerische Inseln reduziert, wie es die Stadt Konstanz leider gerade tut, hat nicht verstanden vor welchen enormen Herauforderungen wir als Gesellschaft stehen. Soziale- und ökologische Gerechtigkeit gehen nur mit vollem Einsatz und vorallem Mut den derzeit (finanziell-)Mächtigen ihre Grenzen aufzuzeigen, das wäre Aufgabe einer Stadt für alle und ihrer Bürgermeister.
Das Architekturbüro jo.frantzen ist spezialisiert auf entsprechende Häuser/Bauten in Großstädten z.B. am eigentlichen Wirkungsort der ArchitekteInnengemeinschaft in Frankfurt.
2002 gewann das Büro Jo.Frantzen die Ausschreibung des Kongesshauses auf Klein-Venedig. Dieser Plan wurde dann ja nie umgesetzt.
Das derzeitige Modell „Schottenplatz“ (Wieviel Platz gibt es für einen solchen?) kommt meiner Meinung nach klotzig, blöckisch, fast trutzig daher. Eine Reminiszens an die nicht mehr vorhandene Stadtmauer?
Obwohl erstmal abgelehnt, ist ein Nachdenken über die Formsprache doch noch möglich, dann könnte es eine „grüne Fassade“ geben!
Jo.Frantzen und Frau Klotz setzen sich vielleicht mit der Idee des Turiner Baumhauses von Luciano Pia auseinander. Sie sollen das casa verde nicht abkupfern, zumal es nicht ihren klassischen Stilmittel entspricht. Grün und Natur in ihre Architektursprache hier am See aufzunehmen, wäre eine neue Grammatik, die sich in diese Stadt und Landschaft einfügt, ohne sich anzubiedern.
Wenn schon hochwertige (und hochpreisige) Architektur, dann auch wirkliche Kreativität.
Hallo HPK….. ein durchaus linker Traum wäre eine Skate-Halle, in der auch im Winter und bei Regen gegrindet werden kann, mit ramps , pipes und gaps, workshops, Kursen, rock n´roll-bar, auch für in-liner und Senioren. . Das wäre Alltags-Kultur und Jugendpolitik zugleich . Solch ein Ding müsste man mal vermessen. Ihr wißt, wer ihr seid.
(Augenblicklich bewegen sich die Kids nach Stuttgart, da gibt es 2 sets)
Danke, HPK. Na, dann bin ich ja froh, dass ich dies nicht alleine so gesehen habe. Die Selbstgefälligkeit des Baubürgermeisters, der seinem Chef immer ähnlicher wird in Worten und Tonfall, die joviale Herablassung bringen mich zur Weißglut. Diese Farce „frühzeitige Bürgerbeteiligung“ zu nennen, für die man als Anwesende der SV noch dankbar zu sein hat, da dies bei privaten Bauherren normalerweise nicht üblich sei, war unverfroren. Aber vorhersehbar! Dass Herr L.-Sch. keine politische Grundsatzdiskussion wollte, war mir klar, dies war ja auch nicht der passende Rahmen dafür. Schließlich sollten die Wohnungen schmackhaft gemacht werden. Aber das Gschwätz von Eigentum und gar Fördergeldern für Eigentum, die in jenen 30% verpackt sind, das war dann doch zu viel. Die blumig „Tor zur Stadt“ genannte massive Bebauung für Luxuswohnungen haben wir einem Handlungsprogramm Wohnen zu verdanken, welches mehrheitlich vom Gemeinderat abgesegnet wurde. Einzig die LL hat bis zuletzt um 3/6 sozialen u. niedrigpreisigen Wohnraum gekämpft. Auszug aus der Broschüre zu den Maßnahmen HP Wohnen: “ Primäres ist , dass KN attraktiv und lebenswert für alle Bevölkerungsschichten u. Familien bleibt“. Und weiter: „Bei den Bauaktivitäten steht im Vordergrund den Wohnungsbedarf im unteren Preissegment( Miete bis 8 Euro pro qm² )u. mittleren Preissegment(8 – 10 Euro pro qm²) zu decken. Gänzlich vernachlässigt darf auber auch das Hochpreissegemnt nicht“.
Na ja, und auch sonst ist es ein ganz unterhaltsames Blättchen. Man sollte es den Herren um die Ohren schlagen.
Das war zu erwarten. Interessanterweise regt sich niemand auf, dass zunächst der Investorenwettbewerb ausgeführt wurde und dann nachträglich die Bebauungsvorschriften passend zum „Gewinner“ angepasst werden. Stadtplanung geht normalerweise andersherum…Der Gewinner war ja von der Jury nur als das zweitbeste Projekt angesehen worden und wurde erst durch monetäre Gründe auf den Thron gehievt. Dass dieser Entscheid nun von allen Seiten geschützt wird, ist nun schlüssig.