Arm sind die anderen
„Armut ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft – unsere Bilder wollen die offene Auseinandersetzung mit dem Thema Armut fördern“, sagt Anna Blank. Gemeinsam mit dem Fotografen Andreas Sauer hat sie nicht nur die Initiative „Arm sind die anderen“gegründet, sondern nun auch diese originelle Ausstellung zusammen gestellt: An 37 Orten im Landkreis Konstanz werden die großformatigen Fotos gleichzeitig gezeigt.
Die beiden Konstanzer Künstler organisierten bereits im vorigen Jahr eine solche Fotoausstellung über Obdachlose unserer Stadt. Diese Schau wurde aber nur im AGJ-Haus am Konstanzer Lutherplatz gezeigt, jetzt sind die Fotos in 37 Rathäusern im Landkreis zeitgleich zu sehen. Den Anfang macht am 11. Juli das Rathaus Singen – da wird um 11 Uhr die Fotoschau eröffnet. Das darf nicht wundern, denn die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Singener Tafel; acht Exponate werden im Singener Rathaus noch bis zum 31. Juli, wie auch an allen anderen Ausstellungsorten, zu sehen sein.
Die übrigen sollen in 36 Rathäusern ganz unaufdringlich auf das Armutsproblem auch in unserer Region hinweisen – mal sind es vier, fünf großformatige Fotografien, mal, wie im Konstanzer Rathaus, nur eines. Aber allesamt sind das famose Bildwerke, vornehmlich Porträts, aber auch Aufnahmen aus dem Leben der Tafelläden, über die Tafelkunden und die Tafelhelfer, die – anders als wir Normalbürger – wissen, was es heiß, arm zu sein.
„ Armut – das sind nicht nur Hungerbäuche in Afrika, Flüchtlingsströme in Asien oder rumänische Straßenkinder“, sagen Anna Blank und Andreas Sauer. „Bilder der nahen Armut mitten unter uns sind: Suppenküchen, Warteschlangen vor Jobcentern, Obdachlose“. Und die zeigen die beiden Konstanzer Künstler – schonungslos, aber sympathisch, offen und unaufgeregt, ehrlich und in jedem Fall famos fotografiert, wie unsere Aufmacherbild belegt.
Noch einmal Anna Blank und Andreas Sauer: „Armut hat viele Ursachen und Gesichter. Sie ist kein individuelles Problem, fordert aber oft individuelle Lösungsstrategien. Arme Menschen sind nicht nur „Leistungsempfänger“ und „sozial schwach“, sondern sind täglichen Herausforderungen ausgesetzt, um mit reduzierten Mitteln ihr Leben in einer reichen Gesellschaft zu bestreiten. Das kostet Kraft und Kreativität, die weder Anerkennung noch Akzeptanz erfahren“.
Ihre Fotografien wollen helfen, diese unsere Sichtweise zu ändern. Und das sollte jedem von uns ein paar Minuten kritischer Betrachtung wert sein. Sie wollten doch sowieso mal wieder in das Rathaus Ihrer Gemeinde schauen…
Autor: hpk