Stuttgarter Zeitung entdeckt seemoz

Anfang März widmete sich die Stuttgarter Zeitung in einem großen Artikel der Stadt Konstanz. Mag sein, dass der Kollege Peter Stolterfoth bei einem seiner Besuche am See stundenlang im Stau stand, einen dicken Hals bekam und deswegen beschlossen hat, den LeserInnen in der Landeshauptstadt zu erklären, dass nicht nur sie geplagt sind von zunehmendem Verkehr und seinen Folgen.

„Der Konstanz-Boom gefällt nicht allen“, so die Überschrift in der landesweit gelesenen Tageszeitung. Das wiederum wird der hiesigen Rathausspitze, die ständig bemüht ist, die größte Stadt am Bodensee in den fröhlichsten Farben zu malen, wohl kaum gefallen haben. Ist in dem Text doch weniger die Rede von angeblicher Beschaulichkeit und entspanntem Seelengebaumel in den heimeligen Gassen der Altstadt.

Vielmehr beschreibt der Besucher aus Stuttgart eine Situation, die nichts Neues ist für die Einheimischen. Ein mittlerweile fast rund um die Uhr existierendes Verkehrschaos, das überwiegend dem Einkaufstourismus aus der benachbarten Schweiz geschuldet sei. Kilometerlange Staus nicht nur an den Wochenenden, die CDU-Oberbürgermeister Burchardt glaubt, mit seiner Idee einer Seilbahn in den Griff zu bekommen. (Anmerkung von unserer Seite: Burchardt erklärt seit Monaten, das Problem bestünde darin, dass der Verkehr nicht zügig genug abfließen könne. Wir vermuten: Es wird wohl eher der Zufluss sein, der ursächlich verantwortlich ist für das verkehrspolitische Desaster).

Angetextet wird in der Stuttgarter Zeitung auch die durchkommerzialisierte Konstanzer Innenstadt, in der Kulturnischen wie das Scala dem Mammon geopfert werden, man aber mittlerweile bundesweit die höchste dm-Dichte verzeichnen könne. Alles in allem: Keine Werbung für das so oft beschriebene „Kleinod am Bodensee“, das sich auch gerne als „kulturelles Oberzentrum“ bezeichnet und irrtümlich glaubt, mit dem Bodensee-Forum weit über die Stadtgrenzen hinaus punkten zu können.

Bei seiner Spurensuche nach Widerstand an den Verhältnissen vor Ort ist der Kollege dann auf seemoz gestoßen. Er schreibt: „Der Name ‚seemoz‘ wiederum steht ganz klar für die Kritik an den Folgen des Konstanz-Booms. Die enorm gestiegenen Miet- und Immobilienpreise, die mittlerweile auf Stuttgarter Niveau angekommen sind, werden im linken Online-Magazin ebenso thematisiert wie die Erhöhung der Buspreise in vom Stau geprägten Zeiten. ‚seemoz‘ geht immer wieder auf Konfrontationskurs mit dem Rathaus“. Da wollen wir mal nicht widersprechen.

H. Reile