Amtsblatt im 2. Anlauf
Das war keine parlamentarische Sternstunde am 20.12.2016 im Konstanzer Ratssaal, als OB Burchardt den eigenen Antrag, ein Amtsblatt in Konstanz einzuführen, mit der Begründung zurückzog, „56 Prozent Zustimmung sind nicht genug“, Das mochten sich die verdatterten GemeinderätInnen auch nicht gefallen lassen – folgerichtig steht der Antrag jetzt wortgleich auf der Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag.
Alle Fraktionen mit Ausnahme von FGL und SPD haben diesen Antrag gemeinschaftlich eingebracht. Am plötzlichen Widerstand der beiden Nein-Sager-Fraktionen waren allerdings schon die damaligen Beratungen gescheitert. Anne Mühlhäußer (FGL) hatte im Dezember gegen das Amtsblatt argumentiert – sie fand das Vorhaben angesichts der angeblich vorauszusehenden Finanznot der Stadt Konstanz überflüssig und mit rund 104 000 Euro zusätzlicher Kosten für nicht verantwortbar. Mittlerweile dürfte sogar sie verstanden haben, dass ihre Einschätzung der Stadtfinanzen aus dem vorigen Jahrhundert stammen muss.
Was treibt die SPD?
Auch die SPD – sie versagte damals vermeintlicher Finanzrisiken wegen dem Haushalt sogar ihre Zustimmung – konnte mit ihrer Gegenstimme im Dezember nicht recht überzeugen. SPD-Stadtrat Jan Welsch verbuddelte die Absage mit einer Formal-Kritik an Prüfaufträgen, was er später in einem seemoz-Kommentar zwar zurücknahm, aber verstanden, warum die SPD gegen ein Amtsblatt ist, hat bislang niemand so richtig. Was die Vermutung nährt, dass die Quelle solcher Frontstellung womöglich doch in der Max-Stromeyer-Straße zu suchen ist.
Sei’s drum – neuer Antrag, neue Abstimmung. In der Stadtverwaltung hat sich offensichtlich gegen den hinhaltenden Widerstand aus dem OB-Büro die Ansicht durchgesetzt, ein Amtsblatt müsse her. Danach soll unter der Regie von Stadt-Pressesprecher Rügert, dem zukünftigen Chefredakteur der städtischen Postille, 14tägig das Amtsblatt erscheinen: Die Finanzierung ist klar umrissen („voraussichtliche jährliche Aufwendungen für ein Amtsblatt mit acht Seiten Inhalt: 104.000 €“), eine zusätzliche 0,75-Stelle im Pressebüro ist beantragt, sogar ein Redaktionsstatut ist ausformuliert. Danach soll z.B den Gemeinderats-Fraktionen eine eigene Seite vorbehalten sein für deren Positionsbestimmungen.
Die Südkurier-Connection
Es sei denn, dem Duodez-Oberbürgermeister Burchardt fiele eine neue Finte zur Verhinderung ein. Wobei auch da die Verbindung zwischen Rathaus und Südkurier-Zentrale nicht unterschätzt werden darf – siehe nur die peinliche SK-PR für das Bodenseeforum, siehe aber auch die Schäbigkeit in der Lünstroth-Affäre, weitere Beispiele jederzeit gefällig. Da sollten dann die GemeinderätInnen am kommenden Donnerstag genau auf die Zwischentöne achten und im Zweifel penibel nachfragen, wer warum was ins Feld führt. Denn Lobbycontrol ist angesagt.
hpk
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Lieber hpk, Herr Wiesner hat ganz sicher mit „verschiedenen Fraktionsvorsitzenden“ gesprochen, jedoch nicht mit mir und eben auch nicht in unserer Fraktion; genau das aber sollte doch in dem Absatz unter „Was treibt die SPD“ suggeriert werden oder wie sonst ist das zu verstehen mit der „Quelle in der Max-Stromeyer-Str.“? Wir brauchen nun wirklich keine „Nachhilfe“ welcher Art auch immer, um zu unseren Schlüssen zu kommunalpolitischen Themen zu kommen; Denken, Entscheiden und Handeln tun wir immer noch selbst und selbstständig! Cheers!
Lieber Jürgen Ruff; lesen Sie bitte morgen, 23.3., seemoz ganz besonders aufmerksam. Ich weiß, das machen Sie regelmäßig, aber da berichtet Herr Wiesner höchstpersönlich von seinen „Gesprächen mit verschiedenen Fraktionsvorsitzenden“. Wem soll ich denn da noch was glauben?
Lieber hpk, auch durch Wiederholung werden Unterstellungen nicht wahrer. Deshalb hier nochmals mein Kommentar vom 3. Februar:
Der unterschwellig im Artikel erzeugte Eindruck, bei der SPD-Fraktion sei in Einzelgesprächen zwischen SK-Geschäftsführer Wiesner und Fraktionsmitgliedern Einfluss ausgeübt worden, bedarf hier doch der Klarstellung: es gab kein derartiges Gespräch zwischen Herrn Wiesner und einem oder mehreren SPD-Fraktionsmitgliedern. Zwar hat er anfragen lassen, ob man sich zu einem 4-Augengespräch treffen könne, doch solche Ansinnen werden von uns prinzipiell mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Anfragenden jederzeit in unsere Fraktionssitzung kommen und dort offen und transparent mit allen über ihr Anliegen diskutieren können. Dieses Angebot wiederum wurde von der SK-Geschäftsführung nicht angenommen, weshalb es weder vor noch nach der Gemeinderatsentscheidung auch nur den geringsten Austausch zwischen SK und der SPD-Fraktion zum Thema Amtsblatt gegeben hat.
Inhaltlich ist zu unserer Ablehnung dieses Projekts nur zu sagen, dass wir ursprünglich die Entwicklung eines Konzeptes befürwortet haben unter der Maßgabe, dass die von Christoph Bauer hier (Ende Januar als Kommentar zum damaligen Amtsblatt-Artikel) schön formulierten Ansprüche an eine differenzierte, anspruchsvolle und diskursive Information der Bürger dabei umgesetzt werde. Mehrfach habe ich selbst darauf gepocht und jedes Mal wurde es von der Verwaltung mit dem Hinweis, das würde zuviel Aufwand machen, abgelehnt. Folglich waren genau diese uns wichtigen inhaltlichen Kriterien ausdrücklich nicht Bestandteil des Konzeptes und folglich war damit einer Zustimmung unsererseits inhaltlich die Grundlage entzogen. Im Gegensatz zu anderen war bei uns die anfänglich zugegebenermaßen teilweise auch vorhandene Naivität eben bald verflogen und wir sehen keinen Grund, warum wir unsere Haltung hier ändern sollten, denn ein Beitrag zur Bürgerbeteiligung sieht anders aus.