Gegen die Geschäftemacherei am Wohnungsmarkt
Die Hilfe des Mieterbunds Bodensee bleibt gefragt: Knapp 5000 Mieter erhielten im vergangenen Jahr mietrechtlichen Rat in einer der vier Geschäftsstellen des Verbands. Dies berichtete der Mieterbund-Vorsitzende Herbert Weber auf der jüngsten Delegierten-Versammlung seiner Organisation. Dort wurde Weber einmütig als Vorsitzender wiedergewählt.
Immer mehr Mieter am Bodensee machen sich Sorgen, wie lange sie ihre Miete noch bezahlen können, so Weber. In allen Städten des Einzugsbereichs des Verbands steigen die Mieten seit Jahren an. Dies gehe aus den Mietspiegeln der Städte Konstanz und Überlingen hervor. Auch die Stadt Radolfzell erarbeite derzeit ihren ersten Mietspiegel. „Nur der Singener Oberbürgermeister enthält seinen Bürgern objektive Informationen über die ortsübliche Miete vor,“ kritisiert Weber die letzte mietspiegelfreie Stadt am Bodensee.
Regierung lässt die Mieter im Stich
Zunehmend Probleme gebe es mit Modernisierungen von Mietwohnungen, so Weber. Weil die Kosten dieser Baumaßnahmen nicht etwa vom Eigentümer, sondern von den Mietern bezahlt werden müssen, seien Mieterhöhungen um 80 bis 100 Prozent keine Seltenheit. Das Mietrecht helfe Mietern hier kaum. Während das SPD-geführte Bundesjustizministerium das Problem erkannt habe, verhindere die CDU in Berlin die Beratungen eines fertigen Gesetzentwurfs, kritisiert Weber die Entscheidungsunfähigkeit der großen Koalition. „Die mieterfeindliche Haltung der CDU in der Hauptstadt gibt dubiosen Spekulanten eine Waffe gegen langjährige Mieter in die Hand“, klagte er und verwies auf besonders drastische Fälle aus der Beratungspraxis des Mieterbunds.
Das neue Recht der Wohnungsvermittlung dagegen helfe, Geschäftemacherei zu Lasten von Mietern zu verhindern, so Weber. Seit zwei Jahren müssten Wohnungsmakler vom Auftraggeber und nicht mehr automatisch vom Mieter bezahlt werden. Nicht alle Wohnungsvermittler hielten sich daran. Doch mit Hilfe des Mieterbunds habe jüngst eine Familie aus dem Hegau 1500 Euro rechtswidrig verlangter Provision zurück erhalten. „Dies ist kein Einzelfall: Weitere Prozesse laufen noch,“ sagt Weber, der mit Urteilen zugunsten der Mieter rechnet.
Ohne stärkere Wohnungsbautätigkeit werde sich die Lage am Wohnungsmarkt nicht entspannen, sind sich die Vertreter des Mieterbunds einig. Während Herbert Weber der Stadt Konstanz ein durchaus positives Zeugnis ausstellte, kritisierte Landesgeschäftsführer Udo Casper die Landesregierung: Sie habe ihre Eigenmittel für den sozialen Wohnungsbau gegenüber dem Vorjahr sogar gekürzt und gebe nur höhere Bundesmittel an Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften weiter.
Mieterbund arbeitet ohne Zuschüsse
Die erfolgreiche Verbandsarbeit am Bodensee spiegele sich in steigenden Mitgliederzahlen des Mieterbunds Bodensee wider, sagte die ebenfalls wiedergewählte stellvertretende Vorsitzende Cornelia Metzger. Im achten Jahr hintereinander wachsen auch 2016 die Mitgliederzahlen des Verbands weiter. Dadurch sei der Mieterbund Bodensee in der Lage, seine Angebote für Mieter komplett aus eigenen Mitteln und ohne staatliche Zuschüsse zu finanzieren.
Sozialen Medien wie Facebook und Twitter nutze der Mieterbund Bodensee gezielt für seine Öffentlichkeitsarbeit, berichtete Pressesprecher Winfried Kropp, der in seinem Vorstands-Amt als Schriftführer bestätigt wurde. Suchmaschinen-Optimierung und Suchmaschinen-Werbung gewinne auch für den Mieterbund an Bedeutung, denn immer mehr Rechtsdienstleistungen werden Online angeboten, so Kropp.
Neben Weber, Metzger und Kropp wählte die Versammlung fünf Beisitzerinnen und Beisitzer in den Vorstand. Die Konstanzer Altstadträtin Sonja Hotz wurde ebenso wie Dr. Gerald Mende (Konstanz) und Johannes Spinner (Volkertshausen) wieder gewählt. Neu gehören dem Gremium die Architektin Claudia Büchelmaier (Konstanz) und Günther Weiss aus Radolfzell an. Letzterer ist im Mieterbund kein Unbekannter. Denn bevor er wieder in seine Heimat am Bodensee zurückkehrte, war Weiss lange Jahre Vorsitzender des Mieterbunds in Kehl.
Nach 42 Jahren im Vorstand verzichtete Hans-Günter Heider aus Allensbach auf eine erneute Kandidatur. Aus den Händen von Udo Casper nahm er als Anerkennung für seine Tätigkeit die Goldene Ehrennadel des Deutschen Mieterbunds entgegen.
MM