Hätten Sie mal ein Sommerloch für mich?
Keine Frage: Mit seiner flapsigen Bermerkung in einer Abizeitung hat sich der neue Bundestagsabgeordnete Till Seiler keinen Gefallen getan. Das weiß der eloquente Grüne nun und er hat sich angemessen und in aller Form entschuldigt. Er hätte aber zumindest ahnen können, dass ihm ein heftiger Gegenwind ins Gesicht blasen würde, denn einige Messer waren schon länger gewetzt. Dass sich unter den Verwertern der Seiler´schen Steilvorlage jede Menge Heuchler tummeln, steht außer Frage.
Was das beste Mittel gegen nervige Schüler sei, wurde Seiler gefragt, als er noch Lehrer am Ellenrieder-Gymnasium war. Seine ironische Antwort: „Wenn ich kein Pazifist wäre, würde ich sagen: erschießen (eignet sich auch für nervige Kollegen, Eltern, Schulleiter etc.)“. Wochen später, die Abizeitung war längst gedruckt und verteilt, bekam auch der Südkurier anonymen Wind von der Sache. Gerade noch rechtzeitig vor dem sogenannten Sommerloch passte das doch wunderbar.
Ein richtiger Knaller eben, bevor man in der Heimatzeitung dazu übergeht, mit Beginn der Sommerferien die Wassertemperaturen zu messen, am Seerhein Glasscherben zu suchen, sich über die Qualität der angebotenen Eissorten auszulassen und mit sinnfreien Umfragen Touristen zu belästigen. Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau, der sich unlängst auch als Streikbrecher zusätzliche Sympathien bei seinem Arbeitgeber erworben haben dürfte, setzte seine Edelfeder Kerstin Schlüter auf die Story an. Die hatte schon länger nichts mehr Lesbares im Blatt und beendete spontan ihren vorgezogenen Winterschlaf.
Der Rest ihrer investigativen Bemühungen ist bekannt und muss hier nicht nochmal im Detail vorgekaut werden. Seilers Fauxpas prangte fett auf Lokalseite eins und durfte da auch tagelang nicht mehr runter. Online gab es Kommentare wie noch nie und die im Grunde genommen laue Geschichte im Bildzeitungsstil wurde fast stündlich hochgekocht. Hauptsache, die Zugriffsraten stimmen. Und wenn man schon keinen wirklichen Aufreger hat, dann schnitzt man sich halt selber einen. Wie es um den journalistischen Gehalt des mageren Skandälchens bestellt ist, kümmert da nicht.
Die erhoffte Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Ein Aufschrei der Betroffenheit schwappte fast schon tsunamiartig über die Ufer. Darunter durchaus ernstzunehmende Kritiken, mehrheitlich aber Verlautbarungen von heuchlerischen Zeitgenossen, die schon lange darauf gewartet hatten, den forschen Seiler in die Schranken zu weisen. Allen voran Peter Beckmann, CDU-Mitglied und Schulleiter des Gymnasiums, an dem Till Seiler als Lehrer tätig war. „Das ist nicht Ellenrieder-Stil, das ist nicht unsere Denke“, säuselte Beckmann Richtung Südkurier rund um die Uhr. Das ganze Lehrerkollegium sei empört und die Elternschaft auch, erklärte Beckmann mehrmals und mit wachsender Begeisterung. Gerade er, der eine Kooperation mit der Waffenschmiede EADS und seiner Schule vereinbart hatte, ohne Lehrer, Schüler oder Eltern voher zu befragen. Das hatte Seiler öffentlich kritisiert und das hat sich Beckmann gemerkt.
Bei soviel PR-trächtiger Empörung mochte auch Siegfried Lehmann nicht zurück stehen. Der karrierebewusste Landtagsabgeordnete der Grünen aus Radolfzell gilt nicht als Freund von Seiler, gibt gern den freundlichen Saubermann und nutzte umgehend die Chance, seinen „Parteifreund“ öffentlich in den Senkel zu stellen. Fast schon honorig dagegen die Reaktion von Andreas Jung, der als Bundestagsabgeordneter für die CDU den Landkreis Konstanz in Berlin vertritt. Er enthielt sich eines Kommentars.
Der Südkurier kocht sein dünnes Süppchen weiter und fordert online seine LeserInnen auf, über die Causa Seiler abzustimmen. Eine Mehrheit war bis Samstag der Meinung, dass es sich bei seiner Äußerung wohl eher um Ironie gehandelt habe. Doch Abstimmungen dieser Art sind so unnütz wie ein Kropf, denn wer will, kann mehrmals abstimmen.
Merke: Das politische Geläuf ist ein glattes und zuviel Blauäugigkeit wird meist umgehend bestraft. Der Neu-Abgeordnete Seiler wird seine Lehren daraus ziehen. Immerhin sollte ihm nun klar geworden sein, wem er in Zukunft besser nicht den Rücken zudreht und dass es manchmal wirklich klüger ist, nicht zu allen Nichtigkeiten unnötig Senf abzusondern. Apropos Sommerloch: Weiß jemand jetzt schon, wo der Südkurier sein nächstes gräbt, wie tief es sein wird und womit oder wem es zugeschüttet werden soll?
Autor: H.Reile
Frau Frieda, sie haben wohl einige Gedankengänge nicht ganz nachvollziehen können. Es schließt sich nicht aus, dem Südkurier und seinen Edelfedern kritisch gegenüber zu sein, die Zeitung aber dennoch für eine der besseren zu befinden. Aber vielleicht gibt es für Sie nur Schwarz oder Weiß. Grautöne sind in.
Der Konstanzer muss aber an allem rumnörgeln. Ohne dabei aber über den Tellerrand zu blicken. Das wollte ich damit ausdrücken. Besorgen Sie sich Zeitungen aus anderen Regionen, auch Städten. Sie werden den Unterschied merken. Sei’s drum.
Seien Sie beruhigt, ich arbeite nicht beim Südkurier. Ich singe ein anderes Lied. Ich finde es jedoch langsam unerträglich, mit welcher Vehemenz Herr Reile gegen die Lokalzeitung schießt. Er sollte sich lieber journalistisch mit Themen auseinandersetzen. Haben Sie ein Statement von Seiler auf Seemoz gelesen? Ich nicht. Dessen Aussage übrigens mit Humor in Verbindung zu bringen, dafür scheint mir noch ein gutes Stück Altersweisheit zu fehlen.
Übrigens: Als Ur-Badner bin ich ein Freund von Selbstironie. Das erklärt meine Nickname-Wahl. Ich habe bewusst nicht „Badenser“ gewählt. Worin der Unterschied liegt, brauche ich Ihnen wahrscheinlich nicht zu erläutern.
Jesses Gelbfüssler, Ihnen ist der Reile aber heftig auf die Zehen getreten, nicht? Anders kann man diese persönlichen Anweürfe ja kaum deuten. Arbeiten Sie womöglich beim „Südkurier“, für den Sie sich hier so vehement ins Zeug legen? Sie sind gegenüber dem „Südkurier und seinen Edelfedern sehr kritisch“, aber sie empfehlen gleichzeitig – nach einem Vergleich mit anderen Lokal- und Regionalzeitungen (welchen?), das ewige Genörgel zu überdenken. Sehr kritisch, wirklich.
Übrigens: Sie wissen mit Sicherheit, dass „Gelbfüssler“ der Spitzname der Badner ist. Die haben nun wirklich nicht verdient, ihren Spottnamen mit Ihnen teilen zu müssen. Um aus flapsigen Kommentar eines Ex-Lehrers ein „gewaltverherrlichendes Statement“ zu machen, muss man nämlich schon sehr humorfrei sein.
Lieber Herr Reile!
Sie widersprechen sich. Einerseits wettern Sie gegen Kooperationen von Schulen mit Rüstungsfirmen, die Ihrer Ansicht nach Maschinen für Kriege, also Gewalt verkaufen. Andererseits stehen Sie mit Ihrer Mediumschelte indirekt Herrn Seiler bei, der ein gewaltverherrlichendes Statement abgegeben hat.
Vermutlich ärgern Sie sich, dass nicht Sie diese Aussage vor Frau Schlüter entdeckt haben; diese scheint sich über ihren wahren Vornamen wohl noch nicht bewusst zu sein, oder warum überschreibt Sie ihre Texte sonst immer mit Kirsten? Wenn nicht ein Medium, wer sonst sollte das Interesse der Öffentlichkeit wahrnehmen und auf solche Fehlleistungen eines Bundestagskandidaten, ein letztendlich vom Volk gewählter Repräsentant, aufmerksam machen? Das müssten doch Sie als Journalist, als den Sie sich ansehen, doch am besten wissen. Doch leider verfallen sie wieder in einen polemischen Haudraufstil und werfen mit Steinen, wenn Sie das Lokalblättle kritisieren. Über dieses darf man getrost geteilter Meinung sein, auch ich bin dem Südkurier mit seinen Edelfedern, die Ihnen, Herr Reile, übrigens manches voraus haben, sehr kritisch gegenüber. Wer bereits Gelegenheit zu Vergleichen mit anderen Lokal-/Regionalzeitungen hatte, wird vielleicht sein ewiges Genörgel und seine ewige Besserwisserei überdenken.
Bundestagsabgeordneter und Ex-Lehrer Seiler hat einen Fehler gemacht, er hat ihn eingesehen. Sich selbst kann er nicht entschuldigen, sondern nur um Entschuldigung bitten. Und diese wird ihm mit Sicherheit gewährt.
Aber bitte, Herr Reile: Wenn Sie uns Konstanzern schon ein widerborstiges Gegenstück zum Südkurier bieten wollen, dann müssen Sie es qualitativ mindestens genauso gut wie die von Ihnen gescholtenen Edelfedern machen. Ihre größte Motivation zum Betreiben von Seemoz scheint in einer Beschädigung der Lokalzeitung zu liegen, so scheint mir. Liefern Sie uns doch mal interessante Geschichten, ohne aus Ihren Ratsunterlagen zitieren zu müssen.
So: Und nun bin ich gespannt, ob Sie als kritischer Mensch Reflexion tolerieren, vielleicht sogar akzeptieren. Oder ob dieser Kommentar in der Ablage P landet.
Ihr
Gelbfüßler