Chaos am Seerhein: „Musste an Studenten vermieten“
Hoch her ging es einmal mehr in der gestrigen Gemeinderatssitzung, als erneut über ein privates „Präventionsteam“ für den Herosépark und anderswo gestritten wurde. Nachdem in der Bürgerfragestunde zwei betroffene Frauen ihr Leid geklagt hatten, dass es einen Stein erweichen konnte, ließ es der Gemeinderat an einem erneuten Austausch sattsam bekannter Argumente nicht fehlen. Das Ergebnis der Abstimmung: Lesen Sie weiter unten.
Die Klagen einer Bürgerin aus der Schottenstraße waren von ihr gut dokumentiert: Sie hatte auf dem ehemaligen Herosé-Gelände jüngst über 30 Grillstellen ausgemacht und wusste von der dortigen Uferzone am Seerhein nur Schreckliches zu berichten: Die AnwohnerInnen halten nach ihren Angaben den dauernden Vergnügungsrummel nicht mehr aus. Sie plädierte für ein Grillverbot am Seerhein, denn dort müsse man die gesamte bessere Jahreszeit über ab 15 oder 16 Uhr die Fenster schließen. Die Musik sei unerträglich laut – und Polizei und Ordnungsamt hätten keine Kapazitäten, dort einzuschreiten. Dazu komme, ergänzte eine Frau aus dem Publikum, auch noch der unerträgliche Krach, der von der Studentenbar an der HTWG auf der anderen Rheinseite herüberwehe.
Heidnische Rituale am Seerhein?
Doch halt, da stimmt etwas nicht, und Oberbürgermeister Uli Burchardt fragte flugs nach: Die Klageführerin wohne in der Schottenstraße, wieso sie dann über die Zustände am Seerhein klage? Sie besitze eine Wohnung am Seerhein, antwortete die Bürgerin. Diese habe ihre Tochter bewohnt, aber die habe dort wegen der unerträglichen Geruchs- und Lärmbelästigung ausziehen müssen. Ihre Tochter bestätigte ihre Angaben, nach der Geburt von Kindern habe sie nicht länger bleiben können.
Aber damit nicht genug! Die Mutter barmte, nach dem Auszug der Tochter habe sie wegen der schrecklichen Verhältnisse vor Ort nicht an eine normale Familie vermieten können. „Da musste ich dann an Studenten vermieten!“, rief sie empört in den Saal – in dem der Rest ihrer Klage in allgemeiner Heiterkeit unterging. Man sollte nicht vergessen, dass etliche InsassInnen des Gemeinderates in Universitäten sozialisiert wurden.
Dass er durchaus Handlungsbedarf sieht, betonte der immer noch schmunzelnde Oberbürgermeister ausdrücklich, allerdings sei die Rechtslage sehr schwierig. Es sei vorweggeschickt: Als später der Tagesordnungspunkt zu privaten Einsatzkräften am Seerhein debattiert wurde, hatten die Beschwerdeführerinnen samt Nachbarschaft zum ausdrücklichen Befremden des Oberbürgermeisters den Ratssaal schon längst wieder verlassen. Ein wenig mehr Sitzfleisch ihrerseits hätte sicherlich einen besseren Eindruck hinterlassen.
Sozialarbeiter mit Gummiknüppel?
Viel später am Abend kam es dann zum großen Duell. Der Antrag lautete: Der Gemeinderat „genehmigt gemäß § 84 der Gemeindeordnung für die temporäre Beschäftigung eines privaten Präventionsteams im Herosé-Areal sowie auch in anderen ufernahen öffentlichen Flächen für die diesjährige Sommerzeit im Haushalt 2017 außerplanmäßige Auszahlungen in Höhe von 30 000 Euro.“ Also wieder einmal: Private mobile Einsatzkräfte an den Seerhein, weil die Landespolizei nicht genug Leute hat, dort für Ruhe zu sorgen?
Die Messlatte für das zu bildende „Präventionsteam“ lag vermeintlich hoch: Neben einigen Formalitäten wie einem polizeilichen Führungszeugnis und einer Schulung durch die IHK wurde unter anderem Folgendes verlangt: Das von einer privaten Security-Firma gestellte Präventionsteam sollte weder eine Security-Uniform tragen noch nach Polizei aussehen, es „darf keine Aufgaben im Rahmen des staatlichen Sicherheitsmonopols wahrnehmen“ und „soll unter klaren Vorgaben von Seiten der Stadt“ seine nächtlichen Runden drehen.
Mit anderen Worten: Nach Angaben der Verwaltung darf ein solches Team rein gar nichts – außer mahnende Worte an die feiernden Menschen zu richten und sich in allerhöchster Lebensgefahr und Notwehr selbst zu verteidigen. Wie es das erreichen soll, was die Anwohner fordern, nämlich grillierenden Horden oft stark Betrunkener Paroli zu bieten, erschloss sich nicht ganz. Hier sollten Nacht für Nacht anscheinend vier Lämmer ein blutrünstiges Wolfsrudel mit rein psychologischen Mitteln zum Grasfressen bewegen.
Wie das?
Das dürfte kaum funktionieren. Es sei denn, aber das ist natürlich rein spekulativ, dass dieses Team das Recht zur Notwehr im Schutze der Dunkelheit gerade Angeschickerten gegenüber eher rustikal auslegt. Prävention mit Fäusten und Pfefferspray im permanenten Notwehrmodus also.
Überschrieben war der Antrag der Verwaltung übrigens mit „Temporäre Beschäftigung eines Präventionsteams im ufernahen öffentlichen Raum“. Gerade diese Überschrift erschien etlichen RätInnen als blanker Hohn.
Till Seiler (FGL) lieferte die Begründung dafür, warum große Teile der Grünen diesem Antrag nicht zustimmen würden: Hier gehe es um Repression, nicht um Prävention, und damit handele es sich um einen Etikettenschwindel. Repression aber sei ausschließlich Sache der Polizei und nicht irgendwelcher privater Sicherheitsdienste. Er bezeichnete sich und die anderen Grünen als „liberale Wählervereinigung“, womit er ja leider auch recht hat, und erklärte den öffentlichen Raum für unkontrollierbar. Er beklagte die Ironie, dass hier direkt neben all den Bier- und Restaurantgärten ein Alkoholverbot gelten solle: Wer Geld habe, dürfe im Brigantinus saufen, wer keins habe, solle auf der Ufermauer davor dürsten. Schließlich warf er der Verwaltung vor, sie wolle hier nur – zum wiederholten Mal – stur einen privaten Sicherheitsdienst unter einem anderen Namen installieren. Heinrich Everke (FDP) vermerkte übrigens geschichtskundig, was Seiler da über die Unkontrollierbarkeit des öffentlichen Raumes erzählt habe, sei nicht Liberalismus, sondern Anarchismus.
Natürlich kam Seiler auch bei Roger Tscheulin (CDU) schlecht an. Der warf ihm gar einen „Höhepunkt an Vernebelung“ vor. Vielmehr gebe es hier ein Problem, gegen das der Gemeinderat seit Jahren nichts tue, und jetzt müsse endlich Schluss mit dem Wegschauen sein. Er beantragte – so kam es letztlich auch – eine namentliche Abstimmung. [Zwischenruf Holger Reile (LLK): „Zuchtmeister“]
Ein Wiedergänger
Letztlich wogte die Debatte recht absehbar hin und her. Die einen betonten das Recht der Menschen, sich im öffentlichen Raum ungehindert zu bewegen, die anderen schworen auf das Recht der ImmobilienbesitzerInnen und MieterInnen des Heroségeländes, sich unbehelligt von den Partylaunen ihrer Mitmenschen des gehobenen Wohnens zu erfreuen. Anke Schwede (LLK) nannte diese Debatte einen „Wiedergänger“. Sie verwies darauf, dass es sich hier nur um einen Einstieg in die Privatisierung öffentlicher Aufgaben handele. „Wir bleiben dabei: Die Sicherheit in unserer Stadt zu gewährleisten ist und bleibt eine kommunale Verantwortung,“ rief sie in den Saal. Sie forderte, stattdessen mehr Frei- und Bewegungsräume zu schaffen, zum Beispiel auf dem Rasen neben dem Bodenseeforum, um für ein soziales Gleichgewicht und Miteinander zu sorgen.
Das Schlusswort hatte Hans-Rudi Fischer, Leiter des Konstanzer Bürgeramtes. Er erinnerte daran, dass ein kommunaler Dienst 360 000 Euro koste und deshalb vor geraumer Zeit auf Antrag der Verwaltung abgelehnt worden sei. Als Laie reibt man sich verwundert die Augen: Kriegen private Kräfte, die ja mit 30 000 Euro veranschlagt sind, wirklich nur ein Zwölftel dessen, was Ordnungshüter im öffentlichen Dienst erhalten?
Außerdem behauptete er, es bestünden durchaus Unterschiede zwischen Security-Diensten. Die Guten seien nicht mit dem Schlagstock unterwegs, sondern mit sozialer Intelligenz, und genau diese Guten wolle die Stadt anheuern. Deren Aufgabe sei Deeskalation, und wenn es ernst werde, riefen sie die Polizei an, die dann auch gewiss kommen werde, wenn es ihr beliebt.
In namentlicher Abstimmung ging der Antrag knapp unter. Auf dem Heroségelände bleibt also erst mal alles, wie es derzeit ist.
O. Pugliese
Sehr geehrter Herr Dietrich,
ein letztes Mal möchte ich noch antworten. Dabei müssen Sie meine Ansicht zu diesem Thema auch nicht unbedingt teilen. Worum es meiner Meinung nach hierbei geht, ist die ideologische Aufladung eines Raumes mit Sicherheit. Ein ziemlich sicherer und sauberer Ort, wie der Herosé-Park und das dortige Uferareal wird in der öffentlichen Wahrnehmung zu einem Phänomen mit problematischer Ausprägung. Leider ändern jedoch weder irgendwelche Horrorbilder von einer Stelle mit Müll im Park (Südkurier) noch die einzelnen Berichte von ausgerissenen Weidenstecklingen auf einer nicht wirklich repräsentativen „Anwohner_innen“ Homepage etwas daran, dass meine eigene Erfahrung und Wahrnehmung sowie die Polizeistatistik dazu praktisch konträr gegenübersteht. Trotzdem hat die soziale Kontrolle zum Teil erhöhte Ausmaße angenommen hat und zielt nun zusätzlich auf die Regulierung von Verhaltensweisen, sei es nur Wein trinken, ab. Gegen Ruhestörung kann die Polizei übrigens nach gültigem Gesetz sowieso einschreiten.
Die Frage ist doch, ab welchem Punkt die Forderung nach mehr Sicherheit ein Ende nimmt. Es ist nicht schön, wenn ein Kind in Glasscherben tritt – wie dies wohl schon mal vorgekommen ist – ganz klar, aber absolut zu vermeiden und ein kompletter Schutz wird wohl in keiner Umgebung möglich sein. Dabei möchte ich keineswegs generell eine Diskussion darüber ausschließen, wie man den Ort evtl. noch sicherer machen kann. Zum einen führt die ideologische Aufladung des Raumes mit Sicherheit jedoch dazu, dass sie die Wahrnehmung des Raumes durch die Subjekte mitbestimmt und formt, also der Raum als durchweg gefährlich interpretiert und behandelt wird. Das hat auch zur Konsequenz, dass Probleme erkannt werden, die anderen Orts nicht als Probleme betrachtet werden und damit auch jenen Blickwinkel herausfordern, mit dem die Forderung nach mehr Polizei und Sicherheit auf Nachfrage (siehe Fragebogen) Zustimmung erfährt. Zum anderen verschwindet dahinter die neoliberale Politik, bei der die „Stadt am Wasser“ zum Standortfaktor wird. Diese mit hohen Mieten verbundene Politik wird dabei nicht zum Thema (Ich möchte hier auf den Mangel an günstigem Wohnraum für Studierende hinweisen), geschweige denn, dass auf Bestreben einiger Anwohner_innen ein Security Dienst nicht nur in deren eigenen Hausanlagen, sondern zusätzlich auch im öffentlichen Park patroulliert.
Und nun doch noch etwas spekulativ:
Natürlich kann man nicht davon ausgehen, dass alle nicht ausgefüllten Fragebögen der Forderung nach mehr Polizei kritisch gegenüber gestanden hätten. Allerdings dürften tendenziell jene, die sich in diesem Konflikt für einen Sicherheitsdienst engagiert haben, den Fragebogen am ehesten ausgefüllt haben.
Sehr geehrter Herr Klappenberger,
ich gehe nur exemplarisch auf den Kern ihrer Aussage ein, dass
„“ laut einer Studie 70% der Anwohner_innen überhaupt kein Problem im Verhalten der Nutzer_innen erkennen können““
Vermutlich meinen sie damit die von ihnen verlinkte Arbeit
Edinger, Eva / Lipphardt, Anna (2011): Melting Space Herosé? – Die „Stadt am Seerhein“ in Konstanz aus raumwissenschaftlicher Perspektive. http://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/12656
Hier findet sich folgendes:
„“Die Umfrage unter den Bewohnern der Hofgärten zeigt, dass nur rund acht Prozent der Anwohner die Nutzung der öffentlichen Flächen im Hinblick auf die Wohnqualität sehr problematisch finden, 70 Prozent finden es teilweise problematisch. In den Gesprächen mit Anwohnern der Hofgärten, die in direkter Nähe zum Uferbereich wohnen, wurde deutlich, dass dort auch der Geräuschpegel alltäglicher Kommunikation und das sommerliche Freibadambiente als Zumutung empfunden werden. Einige Anwohner betonten allerdings, dass sie sich gar nicht gestört fühlen und an der Nutzung des Herosé-Geländes, anders als ihre Nachbarn, nichts auszusetzen hätten. Eine breite Masse, etwa 70 Prozent der Anwohner, sieht das Nutzungsverhalten allerdings eher ambivalent, wobei insbesondere der anfallende Müll und die Glasscherben für Unmut sorgen.““ (Seiten 7/8)
sowie ebendort
„“Sicherheit und ordnung auf dem Herosé-Gelände
Doch grundsätzlich existiert bei den Anwohnern ein erhöhtes Unsicherheitsgefühl. Statistisch betrachtet sind es 42 Prozent, die sich an diesem Ort unsicher fühlen, hauptsächlich am Abend und aufgrund alkoholisierter Jugendlicher. Somit ist es auch nicht
verwunderlich, dass knappe 70 Prozent der Anwohner einer höheren Polizeipräsenz zustimmen würden.““ (Seite 14)
Die Befragungen der Mediatorin der Herose- Anwohner ergeben ein noch viel deutlicheres Bild :
http://www.ethnologie-mediation.de/sicherheit-pravention
Natürlich ist die Qualität der Umfrage bei einer Rücklaufquote der Fragebögen von 50 % mau, aber der Schluss dass alle non-responder keine Probleme mit den Party- Nutzern hätten, ist nicht zulässig.
Es geht genau , wie sie sebst schreiben, um : „“eine erhöhte Lautstärke in langen Sommernächten „“ das aber von Mai bis September und deren Hinterlassenschaften wie Glasscherben am Ufer.
Der Griff in die Klamottenkiste des Klassenkampfs ist in diesem Fall obsolet.
der Verweis auf die Vergangenheit von Hrn Krause passt : sicher sind schon die bei einem nächtlichen Feuer am Ufer des Bodensees palavernden sozialen Gruppen von einem erbosten Pfahlbauer zur Ruhe ermahnt worden.
Wie die zahlreichen augegrabenen Tonscherben heute bezeugen, hat auch das zurücklassen der Ritualgefässe eine lange Tradition. Zudem erlauben Steinbeile und importierte Waffen den Schluss dass es nicht immer friedlich zuging.
https://www.denkmalpflege-bw.de/denkmale/projekte/archaeologische-denkmalpflege/3d-modelle/allensbach/
Die Holunderflöten sind heute aus der Mode, hier hat die Party- Seite mächitg aufgerüstet.
Unverändert seit Jahrtausenden : die Wellen am Ufer, das Rauschen vom Wind in den Bäumen, die Stimmung am Abend und die Schnaken.
Es ist kein Zufall dass solche Plätze auch heute lieb und teuer sind
Sehr geehrter Herr Dietrich,
ein geschlossenes ideologisches Feindbild wird im Artikel keineswegs gezeichnet. Vielmehr wird dort ja betont, dass selbst unter den Anwohner_innen unterschiedliche Ansichten zu dem Thema herrschen. Die Problematik, die aufgezeigt werden soll ist ja gerade, dass es nur wenige Anwohner_innen zusammen mit ein paar weiteren konservativen Stimmen sind, die die Diskussion über das neue Areal prägen und entsprechend ihre partikularen Interessen politisch durchsetzten. Dass laut einer Studie 70 % der Anwohner_innen überhaupt kein Problem im Verhalten der Nutzer_innen erkennen können, sollte ihre Frage danach beantworten, ob es jenseits der Kategorien von Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung, noch andere Perspektiven auf den Raum gibt. Ich hoffe, dass damit auch klar wird, dass der Begriff Hofadel, mit dem eben nicht alle dort wohnenden Personen gemeint sind, als überspitzter und polemischer Hinweis auf eben diese Durchsetzung partikularer Interessen verstanden werden muss.
Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass die Erzeugung von „moralischen Paniken“ (Stanley Cohen) unabhängig davon inwiefern vermeintlich abgrenzbare Areale von Kriminalität betroffen sind immer dazu führen, eine soziale Erklärung für gesellschaftliche Ungleichheit zu negieren, die manchmal auch in problematischen Verhaltensweisen zum Ausdruck kommen mögen, auch wenn das hier gar nicht der Fall ist (außer natürlich man zählt eine erhöhte Lautstärke in langen Sommernächten und ein paar ausgerissene Weidestecklinge dazu).
Des weiteren versucht der Artikel zu zeigen, dass es sich hier durchaus um eine standortpolitisch motivierte ökonomische Aufwertung des ehemaligen Fabrikareals handelt, welche schon in der stadtpolitischen Planung ihren Anfang nimmt und die vor allem „touristisches Schlendern“ ermöglichen soll. Eine „umgekehrte Gentrifizierung“, vor der Sie warnen, wird wohl aufgrund der zu hohen Mieten ausfallen.
Das ist schon klar: Konstanz braucht viel mehr Erholungs- und Grünflächen für seine Menschen. Aber stell dir vor, es gibt sie, nur wenige hundert Meter weiter, und niemand geht hin: völlig unbeachtet schlummert da die schönste Parkanlage – der Büdingenpark. Ein großes, ungenutztes Naturparadies direkt an der Seestrasse, nur durch einen Zaun umgrenzt. Was für ein Skandal, das man es von einem Spekulanten zum nächsten wandern lässt. Es ist dringend an der Zeit für eine kommunale, Gemeinwohl orientierte Initiative, dieses Kleinod aus sinnlosem Privatbesitz zu befreien, aufzukaufen und den Menschen zur Verfügung zu stellen. Da wären die Millionen vernünftig investiert, die das Bodenseeforum gekostet hat und weiter kosten wird.
Für die Archäologie gegen Zivilisationsabfälle bekannterweise aufschlussreiche Auskünfte über Kultur, sozialen Stand und Rituale einer Gesellschaft. Da über die feiernden Menschen am Seerhein keinerlei sozio-demografische Daten vorliegen, ist ein Blick auf deren Hinterlassenschaften durchaus aufschlussreich. Allein die Masse der zurückbleibenden Pfand-Dosen lässt nicht unbedingt den Schluss zu, dass die hier Feiernden in sozialer Hinsicht massiv schlechter gestellt sein sollen.
Das Problem in unterschiedlichen Milieus zu sehen, erscheint mir daher reichlich konstruiert: Es ist wohl eher die schiere Anzahl und die Zusammenballung von Menschen, die eine kritische Grenze überschreitet. Und diese Grenze wird – völlig unabhängig von ›Stand‹ und ›Herkunft‹ – nicht nur am Seerhein, sondern in weiten Teilen des Stadtgebietes in einer Weise überschritten, dass die Lebensqualität für viele zumindest zeitweilig getrübt ist. Am attraktiven Seerhein sehen wir nur besonders deutlich die Grenzen des Bevölkerungs-Wachstums – die mit der massiven Wohnbau-Initiative von Verwaltung und Stadtrat künftig noch verschärft werden dürfte. Es wird daher sicher nicht reichen, für 5‘000 zusätzliche und eher seefern wohnende Mitbürger neue Wohnungen zu bauen. Diese werden ebenso ein völlig legitimes Bedürfnis entwickeln, das Seeufer für sich zu nutzen. Neue Wohngebiete mögen entwickelt werden können – am See- und Rheinufer zeigen sich endgültig die Grenzen des Wachstums.
– und dann hätte ich (vielleicht?) auch noch einen konstruktiven vorschlag –
Wie wärs denn mit ‚Rheinwatch‘? (statt ‚Baywatch‘) – denn für 30 000 euros wären sicher jeden sommer richtig ‚lifeguards‘ zu bekommen – die nicht nur dazu ausgebildet sind jemand zu retten wenn er ins Wasser fällt – sondern auch gelernt haben dafür zu sorgen, dass die ‚kids on the beach‘ -(oder ‚on the ufer‘) nicht allzu chaotisch ‚grillen‘.
Ich sage nur: laguna beach lifeguard department
505 Forest Ave, Laguna Beach, CA 92651, USA
001 949-494-6571
Telefon: +1 949-494-6571
– ‚ja das kommt davon‘ – hat uns ein Besucher aus ‚Züri‘ gesagt – ‚wenn man irgendwo wohnt und lebt wo es ’soo affengeil‘ ist und ‚irgendwelche architekten dann ein ufer des flusses der durch die affengeile landschaft fliesst – so verbauen, dass es beim draufschauen unheimlich weh tut und man sich deshalb nur davor setzen kann – vor diese unglaublich schmerzenden beispiele deutschen wohnungsbaus – um nicht vom anderen Ufer auf sie draufschauen zu müssen – sondern um sie im rücken zu haben – leicht vernebelt von grillkohlendampf – und dann hat der Zürcher gelacht und noch gemeint, ‚wie sehr die Bewohner der Gebäude doch eigentlich zu beneiden sind – weil sie immerhin immer aus ihren fenstern gucken dürfen und nie auf ihre Häuser draufgucken müssen.
Diesen immensen vorteil haben die studenten auf der gegenüberliegenden uferseite – in der strandbar – nicht…
vielleicht hilft ja eine realistische Betrachtung die Angelegenheit vom (Soziologen)kopf auf die Füsse zu stellen
Die Verharmlosungungen „“Die diskursive Konstruktion des Raumes als ‚Brennpunkt „“ und die „geringe(n) Kriminalitätsbelastung „““ sind rethorische Strohmänner- darum geht überhaupt es nicht. Es ist schlicht die Masse der polizeilich meist unauffälligen Feierernden die das Problem verursacht. Deren Emissionen sind leider kein Konstrukt sondern ganz real.
Wenn Hr Klappenberger im Fazit schreibt : „“Potenziell verstößt somit jede offene Weinflasche innerhalb des betrachteten Areals gegen bestimmte Normvorstellung““ verstellt ihm die ideologische Brille die reale Sicht auf die Wirklichkeit. Das Problem ist ja nicht die eine Soundbar die lärmt oder eine leere Dose die liegenbleibt.
Der Einsatz von privaten Cops ist sicher diskussionswürdig, aber weder eine „neoliberale Produktion von Sicherheit “ noch geht es um „“dominante (n) Vorstellungen in Bezug auf den öffentlichen Raum““ sondern möglicherweise nur um den legitimen aber wenig tauglichen Versuch des „Hofadels“ (sic !)sich bei 14/7 Umtrieb Nachtruhe z. B. nach 22:oo. zu erlangen. Die Annahme dass unter dem „Hofadel“ auch Kinder, Frühaufsteher oder Schichtarbeiter sein könnten, lässt ein gepflegtes Feindbild nicht zu. Wenn schon Empathie zuviel ist, wäre wenigstens eine dialektische Analyse der verschiedenen Interessen schon etwas hilfreicher gewesen.
Hier wirds nocheinmal spannnend
„““Mittels dieses semiotisch vereinfachten Wissens bleiben andere Perspektiven auf den öffentlichen Raum, wie sie sowohl von den unterschiedlichen Nutzer_innen als auch von den Anwohner_innen selbst vertreten werden, unberücksichtigt. „“
Konkret für den Seerhein : Welche Anwohner – was für Perspektiven ?
Ich fürchte eher dass mit der Zeit eine „umgekehrte Gentrifizierung“ stattfindet , denn für WGs ist die Lage ideal.
Ein Ausbau mit Grill- und Spielmöglichkeiten am Ende der Amüsiermeile würde das gegenwärtige Problem kaum lösen sondern nur verstärken, denn das Potentiai der 15 TSD Studenten in Konstanz ist gross. Und vieviel Feinstaub darfs dann sein? Während man bei Dieseln im Milligramm/km rechnet, erzeugen offene Grillplätze gern das tausendfache.
Dabei gbts sogar eine echte Alternative : Der Strand zwischen Hörnle und Wasserwerk -einst eine beliebte Grillmeile, ist heute ziemlich verwaist
Lieber Herr Klappenberger,
Ich habe selten eine so gute Analyse, zwar zugegeben in „gequaster Wissenschaftssprache“ geschrieben, gelesen. Danke für den Link. Gerade die Binnenverhältnisse zwischen betroffenen Hausbewohnern, Stadtverwaltung, politischen Parteien und in diesem Fall örtlicher Meinungspresse werden sehr gut herausgearbeitet. Respekt an den Autor aus Berlin.
Persönlich bin ich der Ansicht, dass sich unabhängig von der neu geschaffenen Attraktivität durch den neuen öffentlichen Raum am See Rhein, die Stadt sich selbst die Probleme geschaffen hat. Wer über Jahre sukzessive die gesamte Jugend aus dem Bereich der bisherigen öffentlichen Räume verdrängt ( Zäune um Schulhöfe, etc.), wer so verdichtet bebaut, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen keine Freiräume bietet, darf sich nicht wundern, wenn solche Konflikte entstehen, nein man hat – im Gegenteil – wortwörtlich an diesen mitgebaut!
Wer sich die „Betonwüste“ Petershausen anschaut, darf sich nicht wundern, dass insbesondere junge Menschen nicht dem „Charme“ der dort von urbanen „Mainstream“ gebürsteten Stadtplanern erdachten, gepflasterten Freiräumen mit voller Emotionalität erliegen.
Also bitte „Butter an die Fische“. Gebt allen (jungen Menschen) einen großen Freiraum neben dem Bodenseeforum Richtung Autobahnbrücke, baut keine Elektrogrills oder anderen Käse, gestaltet einen Bereich wie auf der anderen Rheinseite beim Schänzle (vielleicht mal wieder wirklich eine Grünfläche?) und lasst die Menschen sich erleben! Baut dort die neue Halfpipe, baut dort die öffentlichen Beachvolleyball- und Basketballplätze, macht Platz für die Jugend- und stellt von mir aus Euern alkoholfreien Kiosk (nicht negativ gemeint) auf. Schafft keinen Sicherheitsdienst an, sondern macht dort attraktive Angebote. Im Sommer an Wochenenden und Feiertagen – wetterabhängig – vielleicht die Stelle von ein, zwei Sozialarbeitern, die vor Ort am Wochenende abends und nachts da sind, dann bekommt Ihr Entspannung.
Seid doch endlich mal lokalgesellschaftlich kreativ! Verbote helfen nicht. Angebote schon
Hallo,
hier ein Artikel der sich mit dem Konflikt beschäftigt:
http://www.zeitschrift-suburban.de/sys/index.php/suburban/article/view/240
Symbolisch für die Situation am Heroségelände ist die demolierte WC-Anlage.
Ein Symbol für die »Feier-Kultur« in Konstanz. Herr Krause trifft mit dem Begriff der »Wohlstands-Dekadenz« den Nagel auf den Kopf.
Sehr geehrter Herr Krause,
auch wir sehen Handlungsbedarf – aber ich darf mich insoweit Dirk Kirsten anschließen – wir haben hier eine Problematik, bei der Ursache und Wirkung bisher unzureichend getrennt wurden. Wir wollen unbedingt verhindern, dass vor lauter Aktionismus ein erheblicher Schaden für eine gleichberechtigte, auf die Bedürfnisse aller BürgerInnen, nicht nur einer bestimmten Gruppe ausgerichtete Stadtöffentlichkeit entsteht. Die AnwohnerInnen gehören für uns genauso zur Stadt wie die ParknutzerInnen. Feiern, sich im Freien aufhalten und das schöne Wetter genießen ist genauso ein schutzbedürftiges Interesse wie Ruhe zu den Ruhezeiten.
Ein privater Sicherheitsdienst ist nicht in der Lage, sensibel und zugleich effektiv den Ausgleich zwischen den Interessen herzustellen, sondern schafft nur zusätzliche Probleme. Private Sicherheitsdienste, so unter anderem eine Untersuchung der Universität Konstanz zum Herosé-Areal, bieten Anlass für Konflikte – die lärmend ausgetragen werden – statt sie zu schlichten.
Die von Ihnen gewünschten konkreten Vorschläge haben wir in der Vergangenheit mehrfach gemacht und es ist mir eine Freude, sie zu wiederholen:
– Zusätzliche Standorte, um die Nachfrage nach Grillplätzen und öffentlichem Raum entzerrt zu befriedigen. Hier sei insbesondere erneut auf OB Burchardt Schatzkästchen neben dem Bodenseeforum erinnert.
– Rückgriff auf städtisches Personal. Die Qualifikation und Ausbildung staatlicher Stellen kann der Gemeinderat als demokratisch legitimierte Volksvertretung im Gegensatz zu schwarzen Sherrifs klar und eindeutig nachvollziehen und überprüfen. Es wäre wichtig, zusätzliche Stellen u.a. für SozialarbeiterInnen zu schaffen, die auf KonfliktverursacherInnen zugehen können, statt ihnen mit dem Gummiknüppel zu begegnen. Wenn frühzeitig aktiv und offen aufgetreten wird, kann übermäßiger Alkoholkonsum als vordringlicher Eskalationsgrund vermieden werden.
– Verbesserung der Müllinfrastruktur. Zwar gibt es am Herosé-Areal mittlerweile einige Mülleimer. Die aufgestellten Unterbodenmülleimer tendieren allerdings dazu, sehr schnell verstopft und voll zu wirken, wenn sich Teile im Schachtbereich verkeilen. Letztes Jahr wurden in den Sommermonaten zusätzliche schwarze Restmülltonnen aufgestellt, die sehr gut angenommen wurden und tatsächlich relativ bald gefüllt waren. Die Stadt sollte darüber nachdenken, auf Dauer auf diese Müllentsorgung umzusteigen oder zumindest in engmaschigeren Abständen die Unterbodenmülleimer zu kontrollieren bzw. leeren.
– Anständige Stellenausstattung der Polizei. Nach der eindeutigen gesetzlichen Aufgabenzuweisung des PolG ist es Job der Polizei Konfliktlagen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Dazu gehören auch Nutzungskonflikte, die eskalieren! Wenn die Polizei – in Baden-Würrtemberg hat die Gemeinde die Hoheit über einen Teil der Polizei, nämlich die Ortspolizeibehörde – ihre Arbeit aus Personalmangel nicht machen kann, dann müssen wir den Personalstock erhöhen und nicht Billiglösungen ohne rechtliche Befugnis einkaufen. Aber auch bei der Polizei ist klar: Polizeiliche Maßnahmen der Repression sind das absolut letzte Mittel! Je mehr wir durch Prävention und Menschlichkeit machen, desto weniger gibt es Ärger und Anlass für Streit.
Gruß
Simon Pschorr
Mitglied des Präventionsrats für die LLK
Das hat die FGL und die LLK doch schon gemacht: Diese Fraktionen waren es doch, die immer mal wieder, wenn es um Bebauung in Petershausen ging, für eine weniger dichte Variante plädiert haben. Leider fanden sie keine Mehrheiten. Aber erst alles zubauen und dann hinterher denjenigen, die davor gewarnt haben, dann einen Strick zu drehen, finde ich ein fragwürdiges Manöver. Außerdem schlägt die LLK doch hier auch sehr konkret ein Projekt vor: Die Fläche neben dem Bodenseeforum in eine Freizeitfläche zu verwandeln, dann gäbe es da ja schon mal mehr Grünfläche in Petershausen.
Und ich finde es bezeichnend, wie die Beschwerdeführerin eigentlich eine offensichtliche Lösung aufzeigt: Dann sollten in den Hofgärten halt nur Menschen wohnen, die mit mehr Lärm auch klarkommen; natürlich ist es dort laut und jeder, der bis 3 zählen kann, hätte sich das auch denken können, bevor er dort hinzog. Wir reden hier auch über keine Gentrifizierung oder Verdrängungseffekte, schließlich sind alle Wohnungen dort neu. Wer gerne Ruhe haben möchte, wohnt dort wohl schlicht falsch. So ist das eben in einer Stadt: Wer keinen Verkehrslärm will, sollte wohl nicht in die Mainaustraße ziehen. Wer Fasnacht nicht mag, sollte halt nicht in der Altstadt wohnen. Wer Wert auf gute Infrastruktur legt, lebt wohl im Industriegebiet falsch. Wer gerne viele Kneipen in Fußweite hat, sollte vielleicht nicht nach Dettingen ziehen. Oder zumindest sollte man sich dann nicht immer lauthals beschweren.
Im Übrigen hat die Anwohnerin wirklich mein tiefes Beileid, all dieser Besitz muss wirklich schwer belasten und jetzt muss sie sicherlich zu einem Schleuderpreis (ich schätze mal 15€ pro m² aufwärts…) ihre Wohnung verscherbeln. Als Lösungsvorschlag: Ich bin großherzig genug und würde ihr diese Last abnehmen und sie darf mir gerne die Wohnung schenken.
Wer glaubt denn ernsthaft, mit diesem Präventionsteam wäre es dann plötzlich dort mucksmäuschenstill geworden? Und für alle ernsthaften Störfälle braucht man eh die Polizei. Eine Totgeburt von Anfang an.
Treffend übrigens der Kommentar von Till Seiler, der die ganze Hybris aufzeigt: Im Brigantinus saufen = gut. 5 Meter daneben saufen = böse.
Auf dem Heroségelände bleibt also erst mal alles, wie es derzeit ist? Wir lesen schon den x-Artikel darüber, wie der Situation auf keinen Fall begegnet werden soll – da wäre es mal an der Zeit, dass die FGL und die LLK sich äußern, was nach ihrer Meinung denn geschehen sollte. Oder sieht sie gar kein Handlungsbedarf? Ich kann nicht erkennen, dass der tägliche Müllberg und die Beschädigung der wenigen Grünflächen, die Petershausen noch hat, ein besonders schützenswertes Gut einer Feier-Kultur sein soll: sie ist eher Ausdruck von Wohlstands-Dekadenz. Es mag sein, dass hoheitliche Ordnungsmassnahmen hier nicht die richtige Antwort sind. Also lasst Euch mal mehr einfallen, liebe Räte, als nur zu sagen, was ihr nicht wollt!