„Weil man gegens Sterben nix machen kann, gibts den Humor halt als Notwehr.“

Die sagenhaften Well-Brüder touren frech und fidel durch die Gegend. Jetzt traten die drei – Karl, Michael und Stofferl – im Kulturzentrum GEMS in Singen auf und bereiteten dem zum Teil extra angereisten Publikum einen sinnlich vergnüglichen Abend, quasi wie ein Widerhall aus vergangenen Zeiten, als sie noch „Biermösl Blosn“ hießen. 

Die „Biermösl Blosn“ waren auch die legendäre Begleitcombo des einzigartigen oberbayrischen Kabarettisten Gerhard Polt. „Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“ sprach Friedrich Nietzsche. Ja, das ist zu spüren auch in der Spielfreude der drei klassisch ausgebildeten Musikanten, denn eine unglaubliche Auswahl von Instrumenten – Gitarre, Geige, Akkordeon, Trompete, Bass, Tuba, drei Alphörner, Harfe, Dudelsack, Drehleier – sind auf der Bühne versammelt und werden im Lauf des Abends munter und variantenreich bespielt.

Dazu singen und tanzen die Männer – Stofferl in ledernen Trachtenhosen, die anderen beiden in Jeans – ihre kritischen Lieder über den Tempowahn, den Bauwahn, über Glyphosat, das Moutainbiking, die Präpotenz der Politiker eben auch in der bayrischen Provinz, und der schräge Humor des Gerhard Polt geistert durch den Abend, wenn die Musi der Well-Brüder seelenverwandt aufspielt.

Besonders beeindruckend fand ich, wie einerseits mit pointierter Kritik an den absurden „Errungenschaften“ des uns alle überfordernden Turbokapitalismus sehr kreativ spielerisch umgegangen wird, und diese Polemik gleichzeitig auf dem fruchtbaren Boden einer dezidiert analogen Kunst – nämlich einer gekonnt bodenständigen Volks-Musik – kämpferisch ausgetragen wird. Insofern hatte die Atmosphäre dieses Abends auch einen einmaligen „live“-Charakter, gerade, weil die kleinen Rückbesinnungs-Inselchen zwar auch von Persiflage auf die beschränkten TV-Formate in riesen Bierzelten immer wieder unterbrochen wurden. Dennoch: Es hatte etwas leiblich Tröstliches, wenn wir ZuschauerInnen dem unhektischen körperlichen Rhythmus der drei Männer da auf der Bühne beiwohnen durften, die sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, „trotz alledem und alledem.“

Marianne Bäumler

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