Ex-NAK-Mitglied kritisiert Konstanzer Oberbürgermeister

Konstanzer NAK-Kirche, Wollmatinger Str. 40

Vor kurzem machte der Konstanzer Oberbürgermeister Horst Frank der „Neuapostolischen Kirche“ (NAK) seine Aufwartung und überbrachte die Glückwünsche der Stadt. Das hat viele irritiert, denn die NAK gilt als fundamentalistische Glaubensgemeinschaft. Vor allem bei NAK-Aussteigern stößt Franks Äußerung, er habe bei der NAK „honorige Bürger“ kennengelernt, die ein „harmonisches Gemeinwesen“ pflegten, auf Widerspruch. Hier die Entgegnung eines langjährigen NAK-Mitglieds.

Harmonisch? Wer die Borgs aus der Serie Raumschiff Enterprise noch kennt, kann eine Ahnung entwickeln, woher diese „Harmonie“ kommt. Besucht man die Gottesdienste der NAK, wird man zuerst sehr freundlich umgarnt und nach dem Eintritt schlichtweg assimiliert! Widerstand ist zwecklos, denn sobald man drin ist, gilt folgendes: „… da beharren solche Menschen auf ihren eigenen Theorien und Ideen und sind nicht zur Nachfolge bereit. Wir können aber nicht auf unsere eigene Meinung pochen (…)“. So NAK-Stammapostel Leber im November 2010.

Denn eine eigene Meinung wird nicht gerne gesehen bei der NAK, hindert sie doch die angestrebte Assimilierung. Deshalb immer wieder Denkverbote wie: „Wenn Gott ruft, dann ist kein Platz für Einwände und Bedenken, dann gilt es, einfach zu tun, was er möchte.“ Weil beim Ungehorsam die Hölle droht, wird hier mit der Angst der Menschen gespielt, ein grausiges Spiel mit auf ewig bösem Ende. „Gehen wir nicht mit menschlicher Überlegung an die Sache heran, sonst müssen wir bald einsehen, dass wir nicht weiterkommen.“ Also wer dieses „harmonische Gemeinwesen“ lobt, toleriert und unterstützt permanente Denkverbote.

Außenstehende fragen sich sicher, ja warum machen die denn das mit? Einfach austreten und diesem Unsinn ein Ende setzen. Diesen Außenstehenden ist zu antworten: Das geht nicht so einfach, weil man vom Babyalter auf die Kirche bezogen mit diesem „Nichtdenken“ groß wird. Anstelle des eigenen Denkens tritt das „unbegrenzte Vertrauen“, denn auch „Abraham zögerte nicht, als er aufgefordert wurde, seinen eigenen Sohn zu opfern“. Es war zwar „ gegen alle Vernunft, … Welcher Sinn sollte darin liegen?“ Dennoch wird „ganz deutlich, dass Abraham … ohne Bedenken das tat, was der Herr von ihm erwartete.“ Unbegrenztes Vertrauen zu wem? Zu Gott etwa? Oh nein, das würde ja Unabhängigkeit von der NAK-Kirchenleitung bedeuten. „Das Wichtigste ist auch heute: denen zu glauben, die Gott sendet … Das ist ein Glaube, bei dem man unbegrenztes Vertrauen zu den Boten Jesu hat.“, verkündete der Stammapostel in einer Botschaft an die NAK-Gemeinden. Und diese Boten sind natürlich und ausschließlich die Apostel der NAK.

Ein Mensch der NAK ist ohne die NAK ein Mensch mit einem ganz großen Loch innendrin. Der Mittelpunkt seiner Person, seines Selbst ist die NAK. Ohne sie ist er allein auf der Welt, wobei die Welt sowieso nicht sein Ziel ist, sondern das Jenseits (im Sprachgebrauch der NAK „Ewigkeit“ oder „ewige Herrlichkeit“). So isoliert wie ein Borg, der abgestöpselt ist von seiner Gruppe. Nicht lebensfähig, nicht lebenswillig, weil das Leben an sich und für sich keinen Sinn macht.

Die NAK weist all jene Eigenschaften auf, die Bestandteile einer totalitären und sektenähnlichen Gemeinschaft sind: Führerkult, Denkverbote, religiöser Wahn, Totalitarismus, unbewusste suggestive Beeinflussung über Trancetechniken, Abschottung, magische Totenbeschwörungen, Bespitzelung, Unterdrückung, materielle Ausbeutung (in jedem Monat 10% des Einkommens), devote Abhängigkeit von den geistigen Führern der NAK, Tanz- und Sportverbote (ist ja sonntags, und da geht man besser IMMER zur Kirche) sind die Grundlage dieses vom Konstaner OB so geschätzten „harmonischen Gemeinwesens“.

Ich bin mehr als froh, dass ich mich aus diesem heillosen Gruppenzwang befreien konnte. Letztlich hat es aber 10 Jahre gebraucht, die wesentlich lebensbeeinträchtigenden Trigger zu erkennen, zu überwinden und endlich durch neue innere Bilder und Denkstrukturen zu ersetzen. Deshalb muss aus meiner Sicht dem OB Frank deutlich widersprochen werden, was ich in einem an ihn gerichteten Brief auch gemacht habe.

Die Gefährlichkeit der NAK ist gleichbedeutend zu sehen mit allen anderen fundamentalistischen Gruppierungen und sollte endlich öffentlich bekannt werden. Ihre Mitglieder sind verführte Opfer, die von Geburt an nichts anderes kennengelernt haben als solche Lehren. Ihnen ist menschlich mit Verständnis zu begegnen. Politische Verantwortungsträger wie der OB Frank sollten allerdings diesem System NAK mit zumindest deutlicher Distanz entgegentreten und es nicht auch noch durch ihre Anwesenheit bei Veranstaltungen aufwerten.

Autor: Detlef Streich (45 Jahre Mitglied der NAK)

Weiterer Link:

OB Frank hofiert totalitäre Glaubensgemeinschaft