Die gewollte Jugendarbeitslosigkeit am Bodensee

Jeden Sommer dasselbe: Zum Ende des Ausbildungsjahres schnellen – trotz Wirtschaftsbooms – die Zahlen arbeitsloser Jugendlicher in die Höhe. Das ist nicht konjunkturell bedingt, wie uns die Agentur für Arbeit Konstanz weiß machen will, sondern von den Arbeitgebern gewollt: Fast 200 Jugendliche wurden nach ihrer erfolgreichen Ausbildung nicht in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen: Solche Arbeitslosigkeit könnte vermieden werden. Wenn die Arbeitgeber nur wollten.

Statistiken wollen verstanden werden – das gilt für die Arbeitslosenstatistik hierzulande besonders: So wird regelmäßig rund ein Drittel der Jobangebote von Zeitarbeitsfirmen angefordert – so entstehen Billiglohn-Arbeitsplätze. Ein weiteres Drittel dürfte auf 400-Euro-Jobs und Zeitarbeitsplätze entfallen – so entstehen prekäre Arbeitsverhältnisse (s. auch den seemoz-link am Artikelende). Wer solche Zahlen nicht benennt, führt die Öffentlichkeit hinters Licht. Mit der Jugendarbeitslosigkeit ist das nicht anders.

„Das Ausbildungs- bzw. Schuljahresende hat die Arbeitslosigkeit im Bezirk des westlichen Bodensees leicht ansteigen lassen“, beschreibt die Agentur für Arbeit Konstanz beschönigend. Zwar werden einige Schulabgänger auch aus eigener Schuld den rechtzeitigen Absprung ins Berufsleben verpasst haben, doch der wahre Skandal ist: Allein 196 Jugendliche wurden nach dem Ende ihrer Ausbildung im Juli vom Ausbildungsbetrieb nicht übernommen und meldeten sich arbeitslos. Insgesamt sind sogar 713 Personen unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet, 140 oder 24,4 Prozent mehr als noch im Juni. Dadurch steigt auch die Arbeitslosenquote insgesamt – um 118 Personen auf 7 281. Dieser Anstieg um 1,6 Prozent liegt im Landesschnitt Baden-Württembergs (1,7 Prozent).

Immerhin liegt das Angebot an freien Ausbildungsstellen über dem Vorjahresniveau. 573 unbesetzte Ausbildungsstellen sind 37,7 Prozent mehr als im Juli 2010. Denen stehen 472 gemeldeten Ausbildungsbewerber gegenüber, die bislang noch unversorgt sind. Seit Beginn des Ausbildungsjahres haben die Unternehmen der Region 1 704 Ausbildungsstellen gemeldet, 158 oder 10,2 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Auch andere Zahlen des Monatsberichts lesen sich hoffnungsvoll. Weiter gesunken ist z.B. die Zahl der älteren Arbeitslosen; auch die Beschäftigungschancen bleiben weiterhin gut: Die Zahl an gemeldeten, freien Stellen liegt mit 2 496 nur geringfügig (-13) unter dem Vormonatswert.

Regionales:

Im Konstanzer Geschäftsstellenbezirk blieb die Arbeitslosigkeit in den vergangenen vier Wochen auf unverändertem Niveau. 1 828 registrierte Arbeitslose sind einer mehr als im Vormonat. Die Quote liegt konstant bei 3,9 Prozent.

Die drei Geschäftsstellen Singen, Stockach und Überlingen melden im Juli leicht steigende Arbeitslosenzahlen. Um 49 Personen nahm die Arbeitslosenzahl im Singener Raum zu. Insgesamt 3 458 Arbeitslose entsprechen einer Quote von 4,4 Prozent. 691 Arbeitslose sind im Stockacher Raum registriert, 26 mehr als im Juni. Die Quote stieg von 3,9 auf 4,1 Prozent. Im Überlinger Bezirk bleibt die Arbeitslosenquote trotz eines leichten Anstieges mit 2,9 Prozent unter der 3-Prozent-Marke. 1 304 gemeldete Arbeitslose sind 42 mehr als im Juni.

Autor: PM/hpk
Weiterer Link:

Was die Arbeitslosen-Statistik nicht sagt