Betriebsrat spurt nicht? Abschaffen!

Die E.W. Gohl GmbH aus Singen ist ein traditionsreiches Unternehmen, seit über 50 Jahren schon. Tradition hat bei Gohl allerdings auch der rüde Umgang mit den Mitarbeitern – bereits 2011 erhielt die Firma deshalb den Konstanzer Maultaschenpreis für „besonders beschäftigtenfeindliches Verhalten im Landkreis Konstanz“. Jetzt soll es bei Gohl dem Betriebsrat an den Kragen gehen.

Per Beschlussverfahren am Arbeitsgericht beantragt die Gohl-Geschäftsführung die Auflösung ihres Betriebsrates. Weil der zwei Kündigungen widersprochen hat – ein laut Betriebsverfassungsgesetz selbstverständliches Recht des Betriebsrates (BR). Zuvor war im März ein Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen worden, wonach fünf Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren sollten, sofern sie nicht bereits wären, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Nachdem drei Betroffene unterschrieben hatten, wurde den zwei übrigen vom Arbeitgeber gekündigt – der BR widersprach diesen Entlassungen mit der Begründung, die Betroffenen könnten auf anderen Arbeitsplätzen im Betrieb sehr wohl weiter beschäftigt werden.

Die Geschäftsleitung wirft jetzt dem Betriebsrat vor, grob fahrlässig gegen die Vereinbarung aus dem Sozialplan zu verstoßen; außerdem würde er die Beschäftigung von Leiharbeitern verhindern. Leiharbeiter wohlgemerkt, die anstelle der zu Kündigenden hätten arbeiten sollen.

„Eine solche Dreistigkeit habe ich noch nie erlebt“, wettert Raoul Ulbrich, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Singen, die den Betriebsrat bei der Wahrung seiner Interessen vertritt. Dass aber BRs nicht einfach zuschauen, wenn Stammbeschäftigte entlassen werden und durch billigere Leiharbeiter ersetzt werden sollen, ist üblich und nötig. Was die Geschäftsleitung verschweigt, ist, dass sie während der Sozialplan-Verhandlungen den BR dauernd und massiv unter Druck gesetzt hat – wie üblich drohte sie die Schließung der gesamten Produktion an. In mehreren Veranstaltungen versuchte sie zudem, den Betriebsrat gegen die Belegschaft auszuspielen.

„Dass man nun plant, den BR auflösen zu lassen“, belegt nach Ansicht der IG Metall nur, die „Ohnmacht von Geschäfts- und Personalleitung“ der E.W. Gohl GmbH, die nun beim Arbeitsgericht schnöde Unterstützung sucht. seemoz wird über den Ausgang dieses einmaligen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Radolfzell berichten.

MM/hpk

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