Finger weg von der Bildungszeit
Kaum ist das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) in Kraft getreten, wird schon wieder „daran rum gedoktert“. Das Stuttgarter Wirtschaftsministerium prüft eine Überarbeitung. Die Metaller im Landkreis Konstanz argwöhnen, die Landesregierung wolle auf Druck der Arbeitgeber die Bildungszeit beschneiden und protestieren lautstark.
Auf ihrer Delegiertenversammlung verabschiedete die IG Metall Singen jüngst eine Resolution zum Erhalt des Bildungszeitgesetzes in Baden-Württemberg. „Bildung ist nicht auf einen Kostenfaktor in der Bilanz zu reduzieren. Bildung macht unsere Demokratie stark, unsere Arbeit produktiv und unsere Gesellschaft zukunftsfähig. Bildung schafft Chancen.”, polterte Enzo Savarino, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Singen, auf der Versammlung in Singen.
Bildungsurlaub
Am 1. Juli 2015 ist das Bildungszeitgesetz Baden-Württemberg (BzG BW) in Kraft getreten. Damit haben auch Beschäftigte in Baden-Württemberg einen Anspruch darauf, sich zur Weiterbildung von ihrem Arbeitgeber an bis zu fünf Tagen pro Jahr freistellen zu lassen. Die Freistellung erfolgt unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes. Bildungszeit ist in anderen Bundesländern als „Bildungsurlaub“, „Bildungsfreistellung“ oder „Arbeitnehmerweiterbildung“ bekannt.
Es gehe nicht allein um berufliche Bildung, so die Delegierten in ihrer einstimmig verabschiedeten Resolution – auch politische Bildung sei gefragt. Wörtlich heißt es: „Auf der einen Seite den Verfall demokratischer Sitten beklagen, auf der anderen Seite politische Bildung abschaffen?“ Gerade im Kampf gegen rechts sei politische Bildung, sei politisches Grundwissen gefragt. Das jedoch sei den Arbeitgebern, die sich lange Zeit gegen das Gesetz gewehrt hatten, wohl ein Dorn im Auge, so die Gewerkschafter.
Das Bildungszeitgesetz hat für die IG Metall Singen trotz mancher Widrigkeiten (wie bei einer ungerechtfertigter Ablehnung des Anspruchs durch den Arbeitgeber) schon nach kurzer Zeit Erfolge gezeigt. „Auch die Gewerkschaft konnten viele Beschäftigte schulen und ihren Teil zur „…Verteidigung der Demokratie…“ durch politische Bildung beitragen“, heißt es in der Resolution.
Doch politische Bildung und allgemeine Bildung für das Ehrenamt soll nach Meinung einiger Regierungsmitglieder vornehmlich aus Reihen der CDU wieder zum „Privatvergnügen“ des Einzelnen werden. „Das darf nicht sein: Finger weg von der Bildungszeit“, fordern die Metaller.
MM/hpk