Wie der Gemeinderat auf den Hund kam

Kaum zu glauben: Selten in den letzten 12 Monaten hat ein Thema die KonstanzerInnen so erregt wie die Erhöhung der Hundesteuer. Die GemeinderätInnen wurden mit E-Mails geradezu bombardiert – und ließen sich auf ihrer gestrigen Sitzung auch genüsslich und zeitraubend dazu aus. Weit wichtigere Themen kamen dann in der Diskussion viel zu kurz.

Die Vorwürfe der Hundefreunde reichten von „Rassismus“ und „Tierverachtung“ bis zur Aufforderung einer Gegendarstellung, die seemoz erreichte; der Tierschutzverein Konstanz forderte, „von einer Sondersteuer für „gefährliche Hunde“ abzusehen“. Die Verwaltung war sichtlich um Versachlichung bemüht, Stadtkämmerer Hartmut Rohloff zitierte aus Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zu der Sache und betonte, die Stadt wolle „kein Haltungsverbot“ für solche „Listenhunde“, wie Kampfhunde neuerdings im Konstanzer Sprachgebrauch heißen, sondern versuche durch die Steuererhöhung lediglich „eine Lenkung der Kampfhund-Haltung“.

Das rief Holger Reile (LLK) auf den Plan, dessen Vorstoß, die „Kampfhund-Steuer“ auf 900 € für den ersten Hund und 1500 € für den zweiten – mehr, als von der Verwaltung vorgeschlagen – zu erhöhen, vor Tagen im Finanzausschuss eine knappe Mehrheit erhalten hatte. Er blieb bei seinem Vorschlag und unterstrich die Notwendigkeit, die „Listenhund-Haltung“ zu zügeln. Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) warnte vor der Gefahr gerichtlicher Auseinandersetzungen. Und vergaß nicht zu betonen, dass seine Position überhaupt nichts damit zu tun hätte, dass seine Ehefrau die Vorsitzende des Tierschutzvereins ist. Eben dieser hatte vehement vor einer Erhöhung der Steuer gewarnt. Denn dann, so die Behauptung, würden Kampfhundhalter ihre Tiere beim Tierschutzverein abgeben, um die teure Steuer zu sparen. Und das wiederum würde dessen Kapazitäten sprengen. Auch Müller-Fehrenbachs Parteifreund Roger Tscheulin fiel kein überzeugendes Argument ein – er fand schlicht, dass Steuererhöhung kein geeignetes Instrument sei.

Alfred Reichle (SPD) immerhin stellte internationale Vergleiche an und fand heraus, dass in anderen Ländern die „Kampfhund-Steuer“ weit höher läge, um dann aber doch nur für eine Senkung der Reile-Quote um 100 Euro zu plädieren. Etwas rätselhaft der Vorschlag von Matthias Schäfer (JFK), der eine sukzessive Steuererhöhung von Jahr zu Jahr vorschlug, aber zu erklären vergaß, was das bringen soll.

Für eine allgemeine Erhöhung der Steuer um 12 Euro für den ersten Hund und 24 Euro für jeden weiteren stimmte bei vier Enthaltungen dann der gesamte Gemeinderat; für die erhöhte „Kampfhundsteuer“ von 900 und 1500 Euro votierten 22 Ja- gegen 15 Nein-Stimmen.

Doch damit war das Thema noch nicht durch. In der Bürgerfragestunde kündigten Hundefreunde massenhaften Protest an – es werde Demonstrationen mit Hunden geben, Und rechtliche Schritte würden ohnehin erwogen. Und die Forderung an seemoz zu einer Gegendarstellung werde durchgesetzt, bekräftigte Dr. Nina Hasiwa.

Weitere Themen demnächst auf seemoz

Andere Themen verloren bei dieser thematischen Schräglage an Gewicht. Dass bei der Konstanzer Schulentwicklungsplanung wieder alles auf Null geht und der am Mittwoch gefasste Beschluss des Schulausschusses, die Werkrealschule der Geschwister-Scholl-Schule zu erhalten, an den Ausschuss zurück verwiesen wird, weil es eine fehlerhafte Rechtsauskunft gab, wird in den nächsten Tagen auf seemoz ebenso thematisiert wie die Entscheidung zur Finanzspritze für das von der Pleite bedrohte Bodenseeforum.

hpk